[DORF] S-O-S

Der Schnee tobte, wirbelte in Spiralen durch die Luft und prasselte gegen die Gebäude wie ein Squad angriffsbereiter Soldaten. Inmitten der weißen Wut versuchte ein kleines pelziges Wesen sich durch die Decke zu bahnen. Eine Spur dunkelroten Schnee hinterließ es auf seinem Wege, doch wurde diese von den weißen Soldaten geschwind aufgewischt.

Lune zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Seine Glieder hatten bereits jegliches Gefühl verloren und doch spürte er die Kälte in den Knochen. Nur eine Seite seines Gesichts brannte heiß wie Feuer.
Das Junge konnte sich nur wage erinnern was passiert war. Alles verlief so schnell...

Seine Mama und sein Bruder waren an seiner Seite gewesen. Plötzlich tauchten zwei grelle Lichter aus dem Sturm auf.
Der Kater erwachte mit dem Gesicht auf einem rot gefärbten Boden.
Clair und Rêve waren verschwunden. Da war nur etwas gewesen was ihnen ähnlich sah. Warum hatte sie ihn zurück gelassen?! Er hatte doch keine Ahnung wo er war oder wo er hin musste!

Bei jedem Windstoß drohte der Kleine fliegen zu gehen, wenn er sich nicht in den Frost duckte. Mittlerweile hatten Flocken seinen ganzen Pelz bedeckt.
Lune hob den Kopf und mauzte laut und kläglich in die Nacht. "M-mama! K-k-kalt!"

Lunes Beine fühlten sich so ausgezehrt, er war überzeugt dass er keinen einzigen Schritt weiter konnte. Doch trotz aller Müdigkeit und Schmerzen, trugen sie ihn weiter. Es war als würden sie von kleinen Mäusen gesteuert werden.
Das Atmen viel immer schwieriger. Die kalte Luft brannte in seinem Hals. Eine rote Flüssigkeit über den Augen machte ihm das Sehen schwer. Nicht, dass er in diesem Sturm überhaupt etwas hätte ausmachen können.

Solle dies sein Ende sein? Ein so kurzes, unbedeutendes Leben hatte er gelebt, und nun würde er verzagen, alleine und kalt. Nie hatte er jemanden zum Lachen gebracht. Keine Freunde hatte er machen können. Keine einzige Maus hatte er gefangen. Nichts hatte er erreicht.
Wäre er doch nur wie sein Bruder Rêve gewesen, welcher sich keine Zeit gelassen hatte damit die Welt zu erforschen und seine Limits zu testen. Aber nein, Lune hatte entspannt bei seiner Mama gehockt und den Insekten beim Vorbeifliegen zugesehen.

Erneut hob das Junge das Kinn und mauzte laut in die Nacht hinein. Mama! Rêve! Irgendwer! Auf einmal rief eine tiefe Stimme aus dem Schnee zurück. Selbst wenn es ein Bär gewesen wäre, drehte sich das Junge mühsam im Pudertief um, um dem Retter entgegen zu rufen: "Hh-hier! Hilfe!"
Mit der letzten Kraft in seinem kleinen Körper sprang der Kater vorwärts, bis aus den Wolken ein blond getigerter Pelz auftauchte. Ein Löwe! Mama hatte Lune erzählt von den Legenden der großen Katzen. Und der Löwe war der Prächtigste von allen! Sicher würde er dem kläglichen Kätzchen eine Pfote ausstrecken. "Löwe! Mir ist so kalt!", mauzte Lune möglichst erbärmlich. Dass die kläffende Wunde in seinem Gesicht überzeugend genug war, war ihm gar nicht bewusst.