Mitglieder FAQ Kalender Suche Regelwerk Das Team und deren Aufgaben Gästebuch
Klick!
Login
Benutzername:
Passwort:
Bei jedem Besuch automatisch einloggen: 
:: Ich habe mein Passwort vergessen!
Wer ist online?
Insgesamt ist 1 Benutzer online: 0 Angemeldete, kein Unsichtbarer und 1 Gast

Keine

Der Rekord liegt bei 51 Benutzern am Do Jan 04, 2018 11:41 am
Neustes
» Eleyas Training
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Mai 05, 2024 8:16 pm von Eleya

» Krones Sammelsuchium
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDo Mai 02, 2024 7:36 pm von Shahar

» ✧ Ein neuer Anfang... [Aktivitätscheck!] ✧
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDo Mai 02, 2024 9:49 am von Wolkensplitter

» Sha‘s Charaktersammlung <3
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Apr 27, 2024 6:59 pm von Shahar

» Indy verlässt das Nest
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Apr 27, 2024 10:58 am von Ju

» Whispers Wiedereingliederungstraining
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyMo Apr 22, 2024 7:53 pm von Icespark

» 01. Neue News
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDi Apr 16, 2024 8:46 pm von Cupid

» [ZELL] Böses ist im Busch o.o
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Apr 14, 2024 4:23 pm von Shahar

» Ely ist da!
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Apr 14, 2024 10:01 am von Eulenstern

Die aktivsten Beitragsschreiber der Woche
Ju
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_lcapBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Voting_barBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_rcap 
Kronenschatten
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_lcapBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Voting_barBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_rcap 
Shahar
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_lcapBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Voting_barBeiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Vote_rcap 
RPG-Quicklinks
Forgotten Experiments

All Whats Left
Noch Fragen?
Hast du noch Fragen zum Forum oder dem RPG?
Wende dich über unsere Kontaktbörse privat an unsere Teamlinge. Unser Team wird sich so früh wie möglich um dein Anliegen kümmern.

Kontaktbörse Anführer

Kontaktbörse Heiler
Schwesternforum


Partner
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Warriorcatsrpg1hoci
















Die Suche hat 24 Ergebnisse ergeben nackikatzi

AutorNachricht
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] was will denn der jetzt?
Daeny

Antworten: 11
Gesehen: 163

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] was will denn der jetzt?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Sep 11, 2022 6:23 pm


150 „Re“

021 posts | word count: 661
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: zellenräume; im gang
Ungläubiger.
Sie schloss die Augen, nur für den Bruchteil einer Sekunde, und fand sich in einer finsteren Nacht wider. Ewige Finsternis, welche sich meilenweit ins Nichts erstreckte. Lediglich der glühende, rote Umriss von 306‘ Gestalt schnitt gleißend durch die Schwärze.

Ihren Leib hatte sie in einer Trance zurückgelassen, ein undurchdringbarer Nebel war über ihre Iriden gefallen, verliehen ihren einen milchig blinden Ausdruck. Befand sich ihr sterblicher Körper noch in den Zellenräumen, so hatte 306 ihren Geist für sich beansprucht.

Das dritte Auge begann zu flackern, verriet ihr, dass die Verbindung zu den Fangarmen der Hölle unterbrochen wurde. Sie entglitt ihrer Kontrolle, doch war die Wärme der Unterwelt weiterhin präsent in ihrem Herzen. Sie schenkte ihr Trost in der Finsternis und ließ jegliche Furcht abklingen.
„So, 150. Das ist jetzt also die Hölle? Ganz schön dunkel hier“, spottete die Gestalt, doch die Nackte schenkte ihren Worten keine Beachtung.
Sie kannte die Hölle, sie pulsierte durch ihre eigenen Adern. Die Finsternis, in welche man sie gestoßen hatte, glich in keiner Weise der Güte und der Liebe ihrer Beschützerin.
306 konnte nichts weiter, als ein Trugbild zu erschaffen. Die Nackte atmete tief durch, versuchte, ihre Sinne auf die Illusion anzupassen. Es war seltsam still an jenem Ort; erfüllt von einem Schweigen, das der irdischen Welt fremd war. Wenn man über die Skurrilität hinwegsah, welches die das falsche Bild ausmachte, so war es auf eine seltsame Weise auch friedlich.
Kein Grauen käme an die Kälte des Labors heran.
306“, sprach die Nackte ruhig und erhob sich, schritt über das Nichts hinweg und auf die falsche Gestalt vor ihr zu. Ihre Pfoten fanden Halt, selbst wenn sie ihn nicht sah. „Ich bin nicht besonders.
Nicht auf die Weise, welche die Sterblichen es gerne wären.
Und ich versuche nicht, dich einzuschüchtern. Du selbst wolltest dir einen Einblick verschaffen, und stattdessen entführst du mein Bewusstsein.
Sie schritt an 306 vorbei, wandte den Blick von dem Rot ab, das er ausstrahlte, und sah sich in der endlosen Schwärze um. Es kam nicht an die Schönheit der Hölle heran, doch besaß auch sie einen faszinierenden Reiz. Sie fragte sich, ob 306 sich an manchen Tagen persönlich an jenen Ort verlor.
Nachdem wir nun unter uns sind“, fuhr sie gelassen fort; ihre Worte nicht länger getaucht in Spott und Verachtung, „können wir offen miteinander reden, nicht wahr? Ich habe noch nie an eure Hierarchie geglaubt, das hast du gut erkannt. Meinen Respekt und meine Loyalität gebührt nicht einem falschen König, welcher sich auf einen Thron gesetzt hat, ohne dabei auch nur einen Finger zu rühren. Ich bin nur eine von vielen, die so denken, 306. Das ist auch der Grund, warum man ihn in der Nacht ermordet hatte. Ich bin ganz ehrlich, wenn ich dir sag, dass ich keine weiteren Details kenne. Deine Forschungen finden daher zumindest bei mir ein Ende.
Dann wandte sie den Kopf, sah die Illusion des Wächters aufmerksam an,
Sag mir, was tun du und Deinesgleichen, wenn es keinen König mehr gibt, welcher euch wie Dreck behandelt? Seht ihr einfach zu, wie man einen neuen Narren auf den Thron setzt?
Ihre Augen funkelten mit einer gewissen Vorahnung und ihre Worte hallten in die weite Finsternis. Das Echo begleitete ihr Gespräch wie ein
Glaubst du, 200 wird sich vor dir verneigen, wenn du dich nur als
würdig erweist? Selbst, wenn du 001‘ Mörder persönlich enttarnen solltest, würde dich das nicht weiterbringen. Sie wird eines ihrer Bälge zum Thronerben erklären und dich nur zurück in die Dienste eines Untertanen stürzen. Außer, gewiss, das entspricht deinem Lebenswunsch; das Dasein eines ewigen Dieners.
150 lächelte.
Ich weiß, dass du von mir nichts hältst, 306. Das musst du mir nicht sagen. Ich bin, oh, so schwach, und grässlich und unnütz. Und gewiss bedeuten dir meine Worte nichts; weshalb solltest du auf das einfache Volk hören?
Nun, zumindest macht mir meinen Platz niemand streitig; zumindest muss sich das einfache Volk nicht darum sorgen, nachts mit einem Messer im Rücken zu erwachen, geschwungen von einem einstigen Kameraden.

*
Angesprochen: 306
Erwähnt: 001 & gefolgschaft; 200 & ihre jungen

@ju

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] was will denn der jetzt?
Daeny

Antworten: 11
Gesehen: 163

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] was will denn der jetzt?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Sep 11, 2022 2:02 pm


150 „Re“

020 posts | word count: 723
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: zellenräume; im gang


306 verstand nicht. Welches Experiment tat das schon?
In dem ewigen Grau des Labors -  ihrer kleinen, kalten Welt – war 150 die einzige, die von der Hölle gesegnet wurde; die als Prophetin entsandt wurde, um dort, in den ewigen Fluren, etwas zu finden, von dem sie noch nicht wusste, was es war.
Und ihr Weg war ein einsamer. Allein ihre Pfoten vermochten es, sie weiterzutragen, schien keiner der anderen Katzen zu sehen, was sie sah.
Es enttäuschte sie nicht, dass 306 Teil der gesichtslosen Masse war, einer von vielen. Er war nicht mehr als jemand, der sich hinter einen selbsterkorenen Führer gestellt hatte, blind für die Wahrheit, welche das Leben bot.
Was würde ein Soldat tun, nachdem das Herz seines Königs auf ewig verstummt war?
Eine Frage, die 150 dem Wächter gerne gestellt hätte. Vielleicht würde die Zeit es ihr erlauben.
Vielleicht würde sie aus der Ferne zusehen können, wie das Chaos über die einstigen Ritter hereinbrach.

Trotz allem begegnete die Nackte ihrem neuen Gesprächspartner nicht mit ein jenem Hass, welchen sie 001 tagtäglich geschenkt hatte. Sie amüsierte sich recht gut, während 306 ihr mit einer derartigen Verachtung entgegentrat, die man beinahe riechen konnte.
Wie konnte sie es wagen, sich einem Wächter derart unhöflich zu zeigen! Offensichtlich wollte er nur von ihr hören, ob ihr denn skurrile Dinge aufgefallen wären. Ob er sich erhoffte, den Königsmörder persönlich schnappen zu können, wenn er sich nur ausreichend Hinweise von einer nackten Ratte einholte?
„Du hast es erfasst, wir passen darauf auf, dass keine einfachen Experimente nachts umherwandern und sich an ihren Kumpanen vergreifen, verstehste?“
Oh, es ist euch doch vollkommen egal, ob man sich an meinen Kumpanen vergreift. Die zerrissenen Leichen in der Kanalisation sprechen doch für sich. Mein werter 306, dich interessiert es doch nur, wer den heiligen Adel zu Fall gebracht hat.
Worte, die ihren Gedankengang nicht verrieten. Stattdessen legte sie nur den Kopf schief und sah den Dunklen lange an.
Richtig, verzeih. Ich danke dir, dass du meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen hast“, erwiderte sie schließlich gelassen, mit einer Spur Spott in ihrer Stimme, „Dafür möchte ich dir beichten, was mir so zu Ohren gekommen ist. Wie gesagt – ich bin ein braves Experiment, nachts tue ich nichts weiter, als zu schlafen, bibbernd und frierend.
Sie lächelte.
Aber, nun, meine Kameraden haben recht große Mäuler. Es wird gerne getratscht. Vielleicht verbirgt sich hinter den Gerüchten aber ja ein Funken Wahrheit?
Die Nackte erlaubte sich eine Pause, als würde sogleich ein Geständnis, eine Tatsache folgen, die 306 auf seiner Suche tatsächlich etwas weiterbrachte.
Dann fuhr sie fort:
Ein Experiment ließ mir beispielsweise zu Ohren kommen, unser Führer sei bei seinem morgendlichen Stuhlgang ausgerutscht und hätte sich dabei das Genick gebrochen. Bist du dem Hinweis schon nachgegangen?

Mutiger, taffer 306 zeigte nicht das kleinste Anzeichen von Furcht, nicht den Hauch von Zweifel, als er auf Re’s Angebot einging. Ein Ungläubiger.
„Komm, zeig mir deine Hölle.“
Ihre Augen funkelten auf, und selbst wenn das Dritte sich von ihr nicht kontrollieren ließ, so schien ihn auch jenes unmittelbar anzustarren. Sie spürte die Wärme der Hölle in ihrer Brust aufkeimen, während sie dem Wächter erlaubte, einen Blick in das violette Auge auf ihrer Stirn zu werfen.
Oh“, flüsterte sie wissend, „Das werde ich.
Und als ihre Worte endeten, begann das dritte Auge zu leuchten, dumpf zunächst, doch schließlich immer greller, bis es ihr eigenes Gesicht und das des Katers in rosiges Licht hüllte.
Und mit dem Leuchten verschaffte sich auch die Hölle Zutritt in ihre hiesige Welt. Ein dunkler Schatten breitete sich hinter 306‘ Gestalt aus, wurde zu einer klebrigen, schwarzen Masse auf dem Boden hinter ihm, ehe sich auch schon die Ränke der Unterwelt – zunächst eine, dann zwei, und schließlich drei - aus ihr erhoben, unheilvoll, präsent.
Wie riesige, gesichtslose Schlangen kroch die finstere Materie an den Pfoten des Wächters vorbei, machten sich bemerkbar, begrüßten ihn. Ein wunderschöner Anblick, zumindest in 150‘ Augen.
Ja, von den düsteren Fängen ging keine Aggression aus, keine Gefahr.
(Vorerst.)
Es lag bei 306, ob er ihre Beschützerin herausfordern wollte, wog er sich doch so sicher, dass die Nackte nichts weiter war als ein jämmerlicher, schwacher Freak.

Die Hölle ist gütig“, fuhr sie schließlich ruhig fort, ohne dabei den Blick von dem Kater zu wenden. „Das ist sie wirklich. Ich frage mich, ob 001 dort, wo er jetzt ist, ebenfalls mit einer derartigen Gnade begrüßt wird.

*
Angesprochen: 306
Erwähnt: 001 & gefolgschaft

@ju

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes
Daeny

Antworten: 9
Gesehen: 186

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Sep 11, 2022 1:22 pm


„Re“ 150

019 posts | word count: 1394
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: auf den lüftungsrohren
In Alma’s Augen erkannte die Prophetin eine unausgesprochene Wahrheit; alles, was je war, und alles, was je sein sollte. Und sie sah Empfindungen, eine Gefühlswelt, die so ungemein eigen war, unberechenbar und doch vertraut.
In Alma’s Augen erkannte die Prophetin ein Stück ihrer Selbst; Teile einer Seele, gebrochen in zwei Körper.
Re empfand Zuneigung, Respekt, Liebe; sie verschluckten ihren Leib, so jämmerlich und klein in den Fängen der Hölle. Sie wusste, dass es gut war, jene Emotionen, die sie da überschwappten, die Intensität, mit welcher sie es taten. In all den Monden, die verstrichen waren – seit ihrer Geburt, seit ihrer Kindheit, seit dem alltäglichen Grau – hatte sie sich noch nie derart lebendig gefühlt wie in jenem Augenblick.
Sie sah in Alma’s Augen, unbeschreibliche Tiefen, und wusste, dass sie zuhause angekommen war.
Alma“, flüsterte die Dreiäugige, ein einziges Wort, ein einziger Name, so überwältigend, dass ihre Stimme brach. „Ich-
Doch kein Wort jener sterblichen Welt hätte beschreiben können, was sich da in ihrem Köpfchen ereignete; mit welcher Kraft und Überzeugung ihr Herz in jenem Moment schlug. Ja, Re fand keine Worte, und es ließ sie verzweifeln, die Simplizität des Lebens, an welches sie gebunden war, verfluchen. Oh, sie wünschte, es gäbe einen Weg, Alma sehen zu lassen; und noch während sie jenen Wunsch im Stillen äußerte, noch während sie in Alma’s Augen blickte, wusste sie, dass die Hölle ihr bereits gegeben hatte, wonach sie so krampfhaft suchte.
Zwischen den beiden Katzen, zwischen ihren Seelen, hatte die Finsternis der Unterwelt einen Faden geknüpft; so dünn, für das bloße Auge nicht erkennbar, und doch so stark, dass es keine Klinge je vermocht hätte, ihn zu durchschneiden.
Re hatte ihn schon seit Anbeginn ihrer sterblichen Zeit vor ihren Pfoten gesehen, die feine, rote Schnur, welche sie ins Ungewisse geleitet hatte
(zu Alma)
und welches sie daran erinnert hatte, dass es dort draußen jemanden gab, der verstand. Einen Auserkorenen der Hölle, welche ihrer ewigen Suche ein friedliches Ende bereiten würde. Eine Königin.
Oft war die Nackte nachts wachgelegen und hatte gezweifelt, wen sie am Ende jenen Fadens denn erblicken würde; ob jener wahrlich würdig war, um sich den Dienst der Prophetin zu verdienen. Sie hatte mit ihren Sorgen Verrat begangen, eine unbeschreibliche Gräueltat, und doch hatte die Hölle ihr ein jedes Mal verziehen.
Sie hatte gezweifelt, doch hatte sie vertraut. Und nun vor Alma stehen zu können, füllte ihren Geist mit Erleichterung, und ihre Augen mit Tränen.
Die Hölle hatte es gewusst, schon immer, seit ihr kümmerliches Herz zu schlagen begonnen hatte. In der Dunkelheit ihres bald endenden Lebens hatte sie ihrer Prophetin ein Licht geschenkt, so intensiv, dass es jegliche Sorgen begrub.  
Sie sah, dass es gut war.

Und doch schlich sich Furcht in ihre arme Seele, grub ihre langen Klauen in ihre Gedanken. Lange hatte Re nicht verstanden, doch wurde ihr nun bewusst, welchen Preis die Hölle für ihr Licht tatsächlich forderte. Die Verbindung, ein Segen, und doch – auch eine Verpflichtung. Die Herzen der beiden Katzen schlugen in Einklang und da, in jenem Moment, erkannte die Prophetin, weshalb ihres als erstes verstummen würde. Dass das Ende ihres Lebens, der unaufhaltsame Tag ihres Todes, sie im Einklang mit der Treue begrüßen würde, welche sie Alma versprochen hatte. Die Hölle forderte nicht nur einen Gesandten für ihre Königin, eine einfache Freundin, nein; als ihr Blick sich erneut in Alma’s Augen verfing, wurde ihr die Rolle einer Kriegerin, einer Leibwache, einer Vorkosterin zugeschrieben.
Und oh, wie die Angst sich in ihrem Köpfchen ausbreitete, war die Nackte doch alles andere als eine Kämpferin!
Die Hölle hatte sie mit Geschenken gesegnet, mit ihrem Schutz, und so gnädig und barmherzig sie auch war, so verlangte sie etwas in Gegenzug.
Re würde sterben, um ihre Königin beschützen zu können. Sie würde sterben, um den Pfad ihres Lichtes aufrechtzuerhalten; sodass Alma heimfinden würde, um den Thron der Finsternis besteigen zu können.
Es war eine Erkenntnis, die bereits seit vielen Monden in ihrem Herzen geschlummert hatte. Eine düstere Wahrheit, welcher sie sich nicht widmen wollte – nicht bis zum heutigen Tage. Sie hatte die Sinne verschlossen vor den Worten, welche die Hölle ihr  bereits zum Zeitpunkt ihrer Geburt zugeflüstert hatte. Sich ihnen nun stellen zu müssen, verschlug der Prophetin für einen kurzen Moment den Atem.
Doch fand sie Zuflucht in Alma’s leuchtenden Augen.

Und sie akzeptierte die Wahrheit, nahm die Rolle an, welche die Hölle ihr zugeschrieben hatte. So war es schon immer gewesen, und so würde es auch immer sein.
„Aber ich vertraue dir, Re.“
Es waren die einzigen Worte, welche sich die Gesandte der Hölle zu hören gewünscht hatte. Nicht mehr und nicht weniger; sie besaßen ein derartiges Gewicht, eine derartige Klarheit, dass sie all ihre Sorgen und all ihre Ängste ersticken ließ. Ihr Weg hatte sie zu Alma geführt und neues Licht über ihren Leib fallen lassen. Selbst der Tod würde ihr jenes Licht nicht nehmen können.
Und ich vertraue dir, Alma“, erwiderte Re ruhig, schienen ihre Worte – erneut – zu einfach für die Komplexität ihrer Gedanken. Doch Alma würde verstehen.In all den Monden, in welchen ich auf dieser Welt weile, hat mich die Einsamkeit tagtäglich begleitet. Die Hölle hat über mich gewacht, mich getröstet, doch meiner Seele hat ein Stück gefehlt. Mein Leib mochte vollständig gewesen sein, doch mein Geist war es nicht; da war ein Loch, das sich selbst von der Liebe der Hölle nicht füllen ließ. Ein Teil von mir; es fehlte.
Ihre Stimme begann zu zittern. Die Gefühle drohten, ihren zerbrechlichen Körper zu zerreißen. Gefühle, welche nur wenige in ihrem kurzen Leben zu spüren vermochten.
Am heutigen Tag habe ich jenen Teil gefunden.
Und in ihren blassen Iriden spiegelte sich noch so viel mehr. Dank und Geständnisse, welche sie nicht über die Lippen brachte.
Doch Alma würde verstehen.

Doch selbst die schönsten Momente waren dazu verdammt, in der ewigen Zeit der Welt zu verklingen.
Sie sah es in Alma’s Gesichtszügen, noch ehe sie zu sprechen begann; eine Tatsache, welche von unbeschreiblicher Trauer begleitet wurde.
„Wenn die Dunkelheit mein Licht wieder zu überschatten beginnt, dann erinnere dich daran, dass ich zurückkommen werde. Zurück zu dir und meiner Bestimmung. Vielleicht nicht heute. Vielleicht nicht morgen.“
Meine Treue; sie liegt bei dir. Das wird sie immer tun“, erwiderte die Prophetin, bemüht, den Schmerz dabei nicht durchsickern zu lassen, welchen ihren Geist da überschwappte. „Wenn dein Licht in Schatten gehüllt wird, so werde ich auf dich warten, Alma, bis du in seinem Glanz wieder vor mir stehst.
Selbst, wenn dabei hunderte von Monden vergehen. Selbst, wenn meine Pfoten mich nicht länger zu dir tragen können werden, so wird mein Geist einen Weg zu dir zurückfinden.

„Ich habe eine letzte Bitte an dich.“
Es war da, als Re’s Herz vollständig brach.
„Lass mich diesen Kampf alleine bestreiten.“
Und sie wollte auf die Knie fallen, ihr Maul zu einem letzten, bitterlichen Gebet weiten. Sie verfluchte die Götter der oberen Welt, jene, die so boshaft und hässlich waren, wie es die Hölle nie sein könnte. Jene, die ein jenen grotesken Fluch über Re’s Königin gelegt hatten, welche selbst die Finsternis der Hölle nicht zu bekämpfen vermochte.
Re konnte dem Blick, mit welchen Alma sie ansah, nicht standhalten. Die Qual hatte sich in Form eines eisigen Klumpens in ihrem Rachen verfangen, würgte die Worte, die in ihrer Kehle aufkeimten, schamlos hinab.
Alma...
Ihre Stimme brach; sie vermochte nicht, zu antworten.
Re senkte den Blick.
Ich kann nicht.
Der Preis war bereits gezahlt worden. Re kannte ihr Schicksal, ohne es dabei mit eigenen Augen sehen zu müssen. Die Hölle hatte ihr Haupt geweiht und ihr dabei ein Versprechen abgenommen, welches Re nicht brechen konnte; welches sie nicht brechen wollte.
Der Tag, an welchem die Dunkelheit ihre Schwingen über Re’s Königin legen und sie verschlingen würde, sollte auch der Tag werden, an welchem das Herz der Prophetin für immer verstummen sollte.
Wenn Alma sich verlor, so würde Re ihren letzten Atemzug tun. Sie würde die Opfergabe sein, welche die Hölle den Göttern darbieten müsste, um ihre Thronerbin vor deren Grausamkeit befreien zu dürfen.
Das war das Versprechen, das sie der Hölle gegeben hatte. Und selbst ihre Königin würde sie nicht davor bewahren können, jenes Versprechen einzuhalten.

Als sie den Blick wieder hob und Alma ansah, lag Bedauern in den Tiefen ihrer blassen Augen.
Was immer du wünschst, meine Königin“, flüsterte die Prophetin schwach.
Und dabei überkam sie Schuld, heiß und beißend, denn ihre Worte glichen nichts weiter als einer Lüge.

*
Angesprochen: alma
Erwähnt:

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] was will denn der jetzt?
Daeny

Antworten: 11
Gesehen: 163

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] was will denn der jetzt?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Sep 10, 2022 2:28 pm


150 „Re“

018 posts | word count: 334
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: zellenräume; im gang
306 begegnete ihren Sticheleien mit nichts weiter als schamlosen Grinsen. Wie schade – die Nackte hätte gerne zugesehen, wie hitzige Wut begann, sich in seine Gesichtszüge zu ziehen! Doch man konnte nun mal nicht alles haben.
150 zuckte daher nur mit einem Ohr, womöglich mit einer Spur Enttäuschung. Ob sich der Wächter auf andere Weise herausfordern ließ? Sie wollte keinen Kampf provozieren
(eine Entschuldigung finden, die Ranken der Hölle durch seine Lungen treiben zu dürfen)
war das einfache Experiment immerhin keine großartige Kriegerin. Doch prickelte es ihr in den Fingern, 001‘ Gefolgschaft erkennen zu lassen, dass die Geschehnisse vergangener Nacht das Blatt gewendet hatten.
306 mochte sich einen Wächter nennen, doch hatte jener Begriff keine Bedeutung mehr. Für 150 waren sie noch nie mehr gewesen als großmäulige Tyrannen.
Sie würden es schon sehen; den Wandel.

„Hätte nicht gedacht, dass die Wächter mitbekommen was sich so im Labor abspielt“, giftete er sie an. Oh, werter 306 – du erheitertes ihr tatsächlich das Gemüt!
Verzeih mir, welchen Grund haben eure nächtlichen Spaziergänge und Spionage-Aktionen denn sonst?“, erwiderte sie gelassen, „Ihr überwacht das Labor doch nicht schlichtweg, um uns einfachen, armen Experimenten Schutz zu gewähren, oder liege ich da falsch?
Sie sah den Abschaum in seinen unheimlich roten Augen. Einst, als sie den Kater zum aller ersten Mal erblickt hatte, hatte sein unnatürlicher Anblick Furcht in ihrem Herzen aufkeimen lassen. Doch die Monde waren verstrichen, und mit jedem Mond kamen weitere bizarre Gestalten in das Labor.
306 war einer von vielen.
„Warst du nicht die Verrückte, die an die Hölle glaubte?“
Die Nackte lächelte. Wie unwissend sie doch alle waren; welch Narren! Doch die Hölle war gütig, sie würde die Ungläubigen nicht strafen. Vorerst, zumindest.
Sie tat einen weiteren Schritt auf ihn zu, senkte den Kopf. Ob sie ihm wohl verraten sollte, dass das dritte Auge nichts weiter war als ein Symbol ihrer Verbindung zur Hölle? Nein, er sollte mit einem gewissen Unwohlsein hineinblicken; der Furcht vor dem Unbekannten.
Und im Anschluss würde sie sich über ihn lustig machen.

*
Angesprochen: 306
Erwähnt: 001 & gefolgschaft

@ju

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] Mhh daddy?
Daeny

Antworten: 7
Gesehen: 138

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] Mhh daddy?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDo Sep 08, 2022 8:37 pm


„Re“ 150

017 posts | word count: 605
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: inmitten des labors
„Kann ich diesen Freund auch haben?“
Lange sah Re das kleine Häufchen an, nachdenklich – und womöglich lang genug, um dessen Aufmerksamkeit munter zum nächsten unwillkürlichen Gedanken springen zu lassen. Schließlich lächelte die Nackte.
Gerne würde sie das, was die Hölle ihr tagtäglich zuflüsterte; die Wärme, mit welchem sie am Morgen begrüßt und Abends verabschiedet wurde, an das neue Leben weitergegeben. Doch hütete sie sich. Das kleine, rosa Ding war noch zu jung, um zu verstehen. Und ja, verstand man die Hölle nicht, so war sie ebenso nichtssagend wie einfacher Wind, welcher durch die Lüftungsschächte an ihre zerbrechlichen Körper drang.
Ich stelle euch einander vor, wenn die Zeit reif ist“, war schließlich die einzige Antwort, die sie dem Kätzchen schenkte.
Die Hölle würde das arme Ding nicht wärmen können, nicht heute. Und womöglich nie, denn wer wusste schon, wohin der Weg sie leiten; zu welchem Wesen sie sich in den Monden, die warteten, entwickeln würde?
Dennoch, Mitleid erfasste ihr Herz, als ihr Blick den zitternden Leib streifte. Re seufzte leise auf, ergebend, ehe sie die Pfote ausstreckte und die Rosane an sich zog, um ihr zumindest etwas Körperwärme zu schenken.
Nie hätte sie es für möglich gehalten, sich tatsächlich um ein dahergelaufenes Bündel Fell kümmern zu müssen! Doch vielleicht war es ja Glück gewesen, das die Pfoten der Kleinen geleitet hatte und sie beinahe mit Re kollidieren ließ, und nicht etwa mit – nun – diversen anderen Gestalten im Labor.
Die Dreiäugige wollte sich nicht ausmalen, wie deren kurze Reise wohl dann geendet hätte.

„Re?“ Verständnislosigkeit, welcher die Nackte mit einem ruhigen Lächeln begegnete, „Hast du denn keine Nummer? Wieso muss ich eine Nummer haben und du nicht. Das ist unfair!“
Wie konnte sie es erklären, simpel genug, um 900 verstehen zu lassen? Doch sie ahnte, dass sie es nicht tun würde, egal, wie die Worte ihren Mund verließen. Sie beschloss also, ehrlich zu sein, einfach, um der Kleinen irgendeine Antwort zu geben.
Ich trage auch eine Nummer, 900, doch sehe ich mich nicht länger in drei zufälligen, hintereinander gereihten Zahlen. Ich bin mehr. Dein kleines Leben bedeutet doch so viel mehr als das.
Dann zuckte sie die Schultern.
Schenk dir selbst einen Namen, der sich gut für dich anfühlt, meine Kleine. Doch sei vorsichtig, wem du jenen verrätst. Nicht jedem gefällt es, wenn man sich über das Zahlensystem erhebt.
Und damit hob Re ihren kahlen Schweif, schnippte mit dessen Spitze über 900‘ kleines Ohr.
Sie würde verstehen, irgendwann.
Ob sie so offen mit dem Kätzchen gesprochen hätte, hätte sie erahnt, welche Worte sogleich das winzige Mäulchen verlassen würden?
„Sie hat ein rotbraunes Fell und große, ledrige Schwingen.“
Kälte zog sich durch Re’s Wirbelsäule, eine Kälte fremd der eisigen Laborräume.
Na wunderbar.
Die Nackte hielt nichts von der Katze, die ihr da beschrieben wurde, doch wusste sie, dass jene eine loyale Seele war – loyal 001 gegenüber, selbst nach dessen Tod.
900 konnte also nichts weiter sein als ein weiterer Nachkömmling, ein Thronanwärter.
Nachdenklich sah sie in diese seltsamen Äuglein vor ihr. Manch einer hätte an jener Stelle nicht lang gezögert und das Unkraut vernichtet, noch ehe es Wurzeln schlagen konnte. Doch gewiss nicht Re.
Oh ja“, erwiderte sie schließlich und zwang sich zu einem anhaltenden Lächeln, „Ich kenne deine Mutter. Ein jeder kennt sie. Ich kann mir auch vorstellen, wo sie sich gerade aufhält.
Eine trauernde Mutter; ob sie wohl in dem Glauben lebte, man hätte ihr ihr Neugeborenes entrissen? Weggesperrt, sodass sie einander nie über den Weg laufen würden?
Re sah auf das kleine Geschöpf hinab und wunderte sich, wie es einem falschen König wie 001 wohl gelungen war, etwas derartig unschuldiges in die Welt zu setzen.

*
Angesprochen: 900
Erwähnt: 001, 200

@tae

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] was will denn der jetzt?
Daeny

Antworten: 11
Gesehen: 163

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] was will denn der jetzt?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDi Sep 06, 2022 7:02 pm


150 „Re“

016 posts | word count: 563
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: zellenräume; im gang
Bei ihrer Frage funkte für den Bruchteil einer Sekunde etwas in 306‘ Augen auf – ein gewisser Zorn, ein gewisser Wahnsinn, der jedoch ebenso schnell wieder verklang, wie er gekommen war.
Die Nackte hatte schon das ein oder andere Mal gehört, dass der Wächter recht schnell zu reizen war. Manch einer würde behaupten, für den Job, den er da schmiss, benötigte man stählerne Nerven. Doch suchten diese Trottel nicht nach jedem noch so kleinsten Grund, um ihren Kameraden (Geißeln) das Fell über die Ohren zu ziehen?
Wie gut, dass 150 ein solches nicht besaß!
Ihre Erkenntnis erfüllte die Nackte mit einer gewissen Zufriedenheit. 306 riss sich wahrlich zusammen, doch konnten ihre Worte – ihre Worte allein! – ihn womöglich zur Weißglut bringen.
Sie wog sich in Sicherheit, wusste sie doch die Hölle auf ihrer Seite.

„Ich hab ehrlich gesagt nur ein paar Kleinigkeiten aufgeschnappt“, erwiderte der Kater schließlich ganz unschuldig. Er wich ihrem Blick aus; ob aus Abneigung angesichts ihrer mickrigen Gestalt oder weil er ihr versuchte, eine Lüge aufzutischen, sollte sich zeigen. 150‘ Schnurrhaare zuckten unbeeindruckt, konnte sie sich doch nicht so recht vorstellen, dass einem Wächter derartige Informationen entgingen.
Schweigend musterte sie ihn, nachdenklich, während er weitersprach.
Ja, weshalb zeigte er sich denn so unwissend? Und – hah! - weshalb zeigte er sich so unberührt angesichts der Tatsache dass sein lieber, allmächtiger Führer gefallen war?
150 lächelte nichtssagend.
Ob das Spiel um den Thron bereits begonnen hatte?
„Ich weiß lediglich, dass 001 ermordet wurde-“
Was?“, unterbrach die Nackte ihn laut, entsetzt, die blassen Äuglein schockiert geweitet. Sie sprang auf, setzte ihren knochigen Leib in Bewegung, schritt theatralisch an 306 vorbei. „001 – ermordet? Oh, oh mein armes, armes Herz! Wie kann das Schicksal denn so ungerecht sein?
Ihr Blick sprang zu dem Wächter zurück, belustigt, provokant. Am Rande ihrer Sinne flüsterte die Hölle warnende Worte.
Ihr wären noch einige andere Sprüche eingefallen, doch – ah ja – hielt sie sich zurück.
Verzeih“, maunzte sie dann, und setzte das unschuldigste Gesicht auf, das sie auf die Reihe bekam, „Die Neuigkeit hat bereits in der Nacht die Runde gemacht. Die meisten trifft es daher nicht mehr überraschend.
So wie auch dich, wie es scheint.
Sie drehte ihre Runde um den Wächter, verfolgte seine Reaktion, ehe sie auf ihrem Ursprungsstandpunkt wieder zum Stehen kam.
Auf die Frage, ob denn sonst etwas vorgefallen sei, legte sie skeptisch den Kopf schief.
Oh, reichten die nächtlichen Begebenheiten denn nicht?
Nun, für gewöhnlich schnappen unsere werten Wächter auf, was sich nachts im Labor so ereignet. Du weißt schon, wegen der Nachtruhe“, antwortete sie prompt. „Die Neuigkeiten, die mich erreichen, kommen nur in Form eines Flüsterns – nachdem sie bereits von fünf anderen Mäulern durchgekaut wurden. Auf meine Worte ist daher kein Verlass.
Sie lächelte erneut; gespannt, ob 306 sich damit zufrieden geben würde.

Ihr entging sein sprunghafter Blick nicht, welcher sich immer wieder auf ihrem dritten Auge zu verfangen schien. Schweigend beobachtete sie ihn, fragte sich, ob er die lauernde Präsenz der Hölle zu spüren vermochte. Begrüßte die Finsternis ihn durch das tote Auge hindurch; drohend, er solle sich nicht an ihrer geliebten Prophetin vergreifen?
Interessant, hm?“, sprach sie ruhig, machte ein paar unheilvolle Schritte auf den Wächter zu, „Willst du einen Blick hineinwerfen?
Oh, wie schön es doch wäre, könnte sie ein jeden, welcher sich in dem toten Augen verlor, zu Stein werden lassen!
Doch hatte auch die Güte der Hölle ihre Grenzen.
(Vorerst.)

*
Angesprochen: 306
Erwähnt: 001

@ju

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes
Daeny

Antworten: 9
Gesehen: 186

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyMo Sep 05, 2022 9:14 pm


„Re“ 150

016 posts | word count: 1145
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: auf den lüftungsrohren
„Verneig dich nicht vor mir.“
Oh, es war Re noch nicht einmal aufgefallen, dass sie den Atem angehalten hatte; ihren kleinen Lungen den Sauerstoff verwehrte, welches ein jedes Wesen zum Überleben benötigte. Es schien keine Bedeutung mehr zu haben, nicht im großen Bilde des Universums; in jenem kurzen, und doch so kostbaren Moment, zu welchem die Hölle ihr persönlich den Weg geleitet hatte. Ihre Brust begann zu schmerzen, doch war es ein guter Schmerz – Re lebte, durch ihren kahlen Körper pulsierte das Blut der ihren Welt und jenes der Finsternis, vereint in jenem Herzschlag. In Alma’s Augen zu blicken ließ all den Zweifel, all die Furcht vor dem unvermeidlichen Ende verblassen.
Es hatte alles einen Sinn.
Erst, als ihre Königin zu sprechen begann, erinnerte sich die Nackte daran, weiter zu atmen. Zittrig sog sie die Luft ein, welche den Raum zwischen ihr und Alma füllte.
„Steh an meiner Seite, Re.“
Und die Prophetin sah sie an, sah in das leuchtende Augenpaar der Thronerbin; und Respekt, Glück und Zuneigung schien sie beinahe zu überwältigen und in einem einzigen Zug zu verschlucken.
Das werde ich, Alma. Ich werde an deiner Seite stehen, bis mein Körper es nicht länger vermag, bis die Sonne ihren finsteren Rachen öffnet und mich einnimmt; meinen sterblichen Leib. Und selbst der Tod wird mir meinen Weg nicht verwehren; meine Seele wird dich begleiten, bis die letzte Stunde der irdischen Welt geschlagen hat, bis der Boden sich auftut und die Hölle ihren Anspruch äußert. Wenn sich dein Thron vor dir erhebt und du deinen rechtmäßigen Platz einnimmst, werde ich dort auf dich warten.
Unsere Herzen werden nicht für immer in Einklang schlagen; doch wird das meine dir auf ewig gehören.

So viele Worte, welche ihren kleinen Kopf füllten; Worte, die sie nicht auszusprechen vermochte. Doch jedes einzelne von ihnen spiegelte sich in ihren eigenen blassen Augen wider, während die beiden Katzen einander schweigend ansahen.
Schließlich erhob sie sich auf ihre Pfoten. Der Schwur war besiegelt.
Und die Hölle flüsterte ihr zufrieden ins Ohr.

Sie balancierte über die Rohre, leichtfüßig; Alma schenkte ihr neue Kraft.
Die beiläufige Frage, welche sie ihrer Königin da stellte, erhielt nicht die prompte Antwort, welche sie erwartet hatte. Neugier funkelte in Re’s rosigen Gesicht auf. Ein jede Katze, welche vor ihrer Ankunft ins Labor in den Genuss der Freiheit gekommen war, sehnte sich – selbst wenn sie es sich hier und da nicht eingestehen wollte – nach jenen Tagen, welche nun weit hinter ihr lagen. Die Dreiäugige hatte geglaubt, Alma würde ähnlich denken, das ewige Grau des Labors innerhalb eines Herzschlags aus ihrem Leben zu verbannen, wenn man ihr die Möglichkeit dazu gab. Doch oh, die einstige Kriegerin glich keinem anderen Experiment; sie stach hervor. „Es hat einen Grund, warum unsere Wege sich heute gekreuzt haben, Re. Und so gerne ich den dunklen Asphalt meiner Heimat auch wieder unter meinen Pfoten spüren möchte, in diesem Augenblick wünsche ich mich nicht fort von hier.“
Re sah die Geflügelte aus großen Augen an, ehe sie lächelte; verständnisvoll und, ja, irgendwie auch geschmeichelt.
Das Licht, das ihr fortan den Weg leiten würde, hätte Alma dort draußen nicht gefunden. Oh, wie ihre Leben wohl aussähen, wäre dem anders?
Für einen kurzen Augenblick verlor sich Re in der Vorstellung, welche Wege wohin abgezweigt hätten, hätten sowohl Alma als auch die Prophetin in den Monden, welche sie bereits auf der Welt weiten, andere Entscheidungen getroffen. Doch allein der Gedanke an die unendlichen Möglichkeiten war überwältigend.
Re ließ los. Es hatte keinen Sinn, über was wäre wenn zu philosophieren. Es war gekommen, sie es kommen musste; wie es schon immer sein sollte.
Ob das Schicksal der beiden Katzen bereits seit Jahrhunderten in den Sternen stand; stumme Prophezeiungen inmitten des leuchtenden Himmelszeltes? Ob sich die Hölle bereits am ersten Tag ihres Erschaffens für jene beiden, simplen Seelen entschieden hatte?
Wärme füllte Re’s Herz. Und die Tatsache, dass sich Alma nicht länger nach vergangenen Tagen sehnte; dass auch sie das Gute dahinter verstand, dort vor ihr zu stehen, gab ihr ein Gefühl von Anerkennung.
Sie formte ein stummes Wort des Dankes.

Die Prophetin spürte Alma’s Blick auf sich ruhen, als ihre eigenen, blassen Augen das Schauspiel unter ihr beobachten. Sie vergaß, dass sie immer noch Teil der Welt waren, welche sich dort, unter ihren Pfoten abspielte. Eine ewige Sinnlosigkeit; ein Machtkampf um etwas, das nicht länger wichtig sein würde, sobald sich die Hölle aus ihren Tiefen erhob.
Oh, wie sehr sie sich wünschte, für immer dort zu bleiben. Doch sie würde zurückkehren müssen.
Als 150 – eine einfache Nummer - hatte sie sich in die Lüfte erhoben, und als Re – die Prophetin, die treue Dienerin – würde sie wieder hinabsteigen.
Es war nicht schlimm, dass sie sich bald wieder ihrem Alltag zuwenden müsste. Nichts konnte ihr das nehmen, was sie an jenem Tag gefunden hatte.
Alma erhob die Stimme, und augenblicklich wandte die Nackte den Kopf, sah die Geflügelte aufmerksam an. Sie sprach von der Verbindung, welche ihr geschenkt wurde – ein jener Verbindung, die auch Re zu besitzen glaubte.
Ein Lächeln stahl sich über ihre Lippen, noch Alma endete.
Ihre Worte schmeichelten ihr, doch sie ahnte – erkannte in ihren strahlenden Augen, dass sich dort noch eine Frage verbarg. Eine Frage, die Re womöglich nicht beantworten konnte.
„Ich verstehe nicht, welche Aufgabe sie mir während meiner ewigen Wanderung zuspricht, welche Rolle ich spielen soll, bis ich bereit bin, meinen Thron zu besteigen.“
Lange, schweigend betrachtete Re die Umrisse ihrer Königin. Oh, wie oft hatte sie sich mit ein jener Frage geplagt; sie verunsichert mit in die Welt ihrer Träume mitgenommen, nur, um am nächsten Morgen noch verzweifelter zu erwachen.
Seit dem Tag meiner Geburt hat mich eine Unruhe durch das Labor geleitet“, begann sie schließlich, und ihre Augen glühten warm, „Es hat mich getrieben, an mir genagt. Die Hölle hat mich seit meinem ersten Atemzug begleitet, doch wollte sie mir auf meine Fragen keine Antwort geben. Damals, habe ich ebenfalls nicht verstanden.
Sie lächelte.
Doch jetzt tue ich es. Hätte mir die Hölle damals verraten, was sich am heutigen Tage abspielen würde; hätte sie mir schon damals ein Bild von dir gezeigt, so wären die Dinge wohl nicht so gekommen, wie sie vorherbestimmt war. Ich musste mich von meinen eigenen Pfoten leiten lassen, von meinem eigenen Geist.
Denn Alma, vergiss nicht – die Hölle hat dich gefunden, sie ist ein Teil von dir, das war sie schon immer, doch sie ersetzt nicht dein Wesen. Sie wird dir nie das wegnehmen, was du bist. Und das kommt mit einem Preis. Sie wird dir nicht alles offenbaren können, noch nicht.
Deine Wanderung wird heute womöglich keinen Sinn machen, denn das soll es noch nicht. Doch der Nebel wird sich lichten, wenn der rechte Tag anbricht; und deine Pfoten werden dich zu deiner Antwort führen, ohne, dass du sie weiter hinterfragen musst.

Habe Vertrauen, meine Königin.
Und diesmal fanden die Worte einen Weg über ihre Lippen.
Habe Vertrauen.

*
Angesprochen: alma
Erwähnt: versammelte experimente

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] was will denn der jetzt?
Daeny

Antworten: 11
Gesehen: 163

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] was will denn der jetzt?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyMo Sep 05, 2022 8:13 pm


150 „Re“

015 posts | word count: 603
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: zellenräume; im gang

Ihre Pfoten hatten sie eigentlich zu der weiten Fläche inmitten der Zellen führen wollen, an welchem 200 gerade ihre Mannschaft versammelte – womöglich, ja, um den Tod ihres Gatten zu verkünden, welcher die Flure bereits in Form von niederträchtigen Gewisper durchquerte. Wie hätte 150 denn auch sonst davon Wind kriegen sollen?
Nicht einmal der Führer selbst wurde verschont; nicht einmal er vermochte es, den Tod zu besiegen, hatte er sich noch so allmächtig gegeben.
001‘ Tod stimmte die Nackte nicht traurig. Wenn sie ganz ehrlich sein sollte, zauberte der Gedanke an die allseits beliebte Leiche, die dort draußen irgendwo gefunden worden war, ein zartes Lächeln auf ihre Lippen.
Doch welcher Narr wog sich schon in Sicherheit, ohne den Leichnam nicht persönlich begutachtet zu haben? All jene Freude in ihrer Brust wäre vollkommen umsonst, vollkommen sinnlos, stellte sich heraus, dass irgendein Idiot das Gerücht aus Jux und Gau in die Welt gesetzt hatte.
Ein Scherz, womöglich – ein guter Scherz.

Es war in jener Stunde, als ihre sanften Ballen über den kalten Laborboden huschten; noch bevor ihr Leben sich verändern sollte, bevor sie auf Alma treffen und einen neuen Namen annehmen sollte, dass sie auf ihrem Weg vorzeitig unterbrochen wurde.
Sie spürte seinen beißenden Blick auf sich ruhen, noch ehe sie ihn tatsächlich im Augenwinkel ausmachte. Die Schnurrhaare zuckten, die kahlen Ohren richteten sich gespannt auf, lauschten dem weiteren Quartett an Pfoten, welches sich ihr da näherte.
150 verweilte, wandte den Kopf, erblickte eine der letzten Karten, welche sie an jenem Tag zu erblicken gehofft hatte; einen von 001‘ Vollidioten.
Meist war ihr Äußeres Grund genug, um die Aufmerksamkeit der Wächter auf etwas anderes, belangloses zu lenken – ja, sie nahmen sie zwar wahr, wollten sich aber nicht mit ihr abgeben.
Der dunkle Kater jedoch schien mit einer besonders aufgeweckten Neugierde in den Tag gestartet zu sein. Stumm fluchte die Nackte in sich hinein, als die Arschgeige sich ihr tatsächlich näherte und -
„Guten Morgen. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht.“
Oh, 150 musste sich wirklich in Zaum halten, um nicht amüsiert loszulachen. Guten Morgen. Wollte der edle Wächter sie im nächsten Moment fragen, wie es ihr denn ginge? Ob sie gut geschlafen hatte? Wie fürsorglich!
Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Natürlich nicht, weshalb sollte sich ein Hochrangiger denn mit dem simplen Volk abgeben?
Die Dreiäugige musterte ihn, überlegte, dachte nach. Was wollte er – etwa seinen Stolz befriedigen? Erwartete er, dass sie sich auf den Boden warf und ihm die Pfoten küsste? Oh, edler Wächter.
Ihr Ohr zuckte, der einzige Hinweis auf ihre Belustigung. Denn das Lächeln, das sich schließlich über ihre Lippen stahl, war nicht gebadet in Spott (noch nicht), spiegelte lediglich ihre – ah – unbeschreibliche Freundlichkeit wider. So ungemein höflich!
Guten Morgen“, maunzte sie schließlich zurück, setzte sich auf den eisigen Boden nieder – hoffte, dass ihre Arschbacken nicht auf Stahl kleben blieben. Sie ersparte sich einen dummen Kommentar auf seine offensichtliche Oberflächlichkeit. Sie wollte schließlich nicht respektlos wirken!
(Das Lachen wäre ihr fast entschlüpft.)
Das kann gut sein. Meine Nummer ist 150.
In 306‘ Augen zeichnete sich ein gewisses Interesse wider. Oh nein, nicht etwa 150 gegenüber, oder der Simplizität ihres Gesprächs. Es war ein gewisser Durst nach Informationen, als erhoffte sich der Dunkle, durch sie irgendetwas herauszufinden.
150 spitzte ihre Sinne. Könnte das bedeuten, 306 wisse nicht mehr als sie? Nein, es war noch zu früh, um voreilige Schlüsse zu ziehen.
Die Ranken der Hölle schmiegten sich an den Rand ihres Bewusstseins; machten ihren Geist auf sich aufmerksam, bedeuteten ihr, dass sie nicht alleine war. Sie brauchte keine Angst zu haben.
Durfte sie sich erlauben, direkt zu werden?
Schon das Neueste gehört?

*
Angesprochen: 306
Erwähnt: alma, 200, 001, 001' gefolgschaft

@ju

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] Mhh daddy?
Daeny

Antworten: 7
Gesehen: 138

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] Mhh daddy?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Sep 03, 2022 8:51 pm


„Re“ 150

014 posts | word count: 617
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: inmitten des labors
Je länger Re das kleine Häufchen beobachtete, desto klarer wurde ihr, welche Ausmaße die Mutationen hatten, welche – nun – beinahe jedes Experiment im Labor mit sich trug. Ja, das Junge war noch winzig, die Merkmale ihres Pelzes noch unausgereift, doch war sich die Nackte recht sicher, dass da Augenpaare auf ihren Hinterläufen prangten. Wie interessant! Die Kleine schien mit ihnen allerdings nicht sehen zu können, zumindest wirkte es nicht so; waren sie nichts weiter als Zierde? Oder gehörten sie einer anderen Kreatur an, welche den Pelz des kleinen Geschöpfs als Verkleidung trug?
Der Gedanke jagte Re einen kalten Schauer über den nackten Rücken.
Ehe sie etwas sagen konnte, hatte sich der Fellhaufen prompt neben sie gesetzt. Ah ja, man hatte sie also noch nicht in die Weisheiten des Labors eingeweiht! Nummer 1; wolltest du deinen Arsch behalten, solltest du dich nicht unmittelbar auf den eines anderen setzen.
Gut (für die Rosane), dass Re kein Griesgram war, der kleine Kätzchen zum Abendmahl verspeiste. Sie verzieh ihr deren kleine Missgeschicke; selbst dann, als sie ihr unverfroren die kalte Tatze gegen den Oberschenkel presste.
Mit schief gelegtem Kopf sah sie auf das Junge hinab, welches sich sogleich erkundigte, wie sie es bei der Eiseskälte denn aushalten konnte.
Sie schmunzelte. Die Unschuld des Kindes weckte in ihr eine liebevolle Seite, trotz angesichts des Fakts, dass es sich dabei nicht um ihr eigenes handelte. Wie konnte man gegenüber einem derart hilflosen Haufen denn auch böse Absichten hegen?
Nun, ich habe einen Freund, der mich warmhält, wenn ich es für nötig halte“, schmunzelte sie amüsiert. Allein die Verbindung zur Hölle stärkte sie, doch in den besonders bitterkalten Nächten schlangen sich jene Fänge unmittelbar um ihren nackten Leib. Fremde Wärme.
Das Kätzchen schien einen derartigen Begleiter nicht zu haben. Wo war die Mutter, um das frierende Ding zu wärmen?
„Hast du auch eine Spritze bekommen wie die anderen? Die nette, braune Kätzin hatte mir alles erklärt! Offenbar erhielten wir alle Geschenke der Götter. Ich würde gerne wissen, was meine Kraft ist... Wie findet man das raus?“
Die Fragen prasselten auf sie herein, noch ehe Re ihren eigenen Gedankengang abschließen konnte. Nun, so kalt konnte der Kleinen dann doch nicht sein.
Götter. Ob ein derart junges Leben ein solches Konzept denn überhaupt schon zu verstehen vermochte?
Ja, habe ich. Und, nun, das lässt sich schwer sagen. Eines Tages erwachst du und weißt es einfach; was dich besonders macht. Du...
Noch während sie sprach, sah sie in den Augen des Jungen, dass sie gedanklich abdriftete. Nun, Intelligenz war es wohl nicht, was sie besonders machte.
Also machte sie sich nicht die Mühe, jene Fragen zu beantworten. Darum konnte sich dann ihre Mama kümmern. Stattdessen fragte sie das kleine Wesen nach seiner Nummer.
„900, denke ich. Wie heißt du?“
Für einen Augenblick schwieg die Nackte; sie zögerte. Zu 001‘ Zeiten war es ein tödliches Verbrechen gewesen, seinen Namen zu nennen; alles, was von seiner eigenen Nummer abwich. Re hatte es also nicht einmal gewagt, zu hinterfragen, wer sie überhaupt war. Doch das, nun, lag fortan hinter ihr. 001 und seine verbliebenen Gefährten, sie hatte keine Angst mehr vor ihnen.
Sie würde nicht länger lügen, selbst wenn es nur im Gespräch mit einem naiven Kätzchen war.
Du kannst mich Re nennen“, erwiderte sie schließlich.
900‘ anschließende Erzählung verriet ihr, dass das Kätzchen tatsächlich gerade erst in das Labor entsandt wurde.
Wem gehörte es? Leider führte Re nicht Buch darüber, wer wann gerade im Labor eine Ladung Jungen aus sich herausgepresst hatte.
Wir sollten deine Mama suchen, meinst du nicht?“, schlug sie daher sanft vor. Dann zuckte sie mit dem Ohr; eines war aus dem Schwall an Fragen zuvor doch hängen geblieben.
Welche braune Katze meintest du vorher noch gleich?

*
Angesprochen: 900
Erwähnt: 001

@tae

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes
Daeny

Antworten: 9
Gesehen: 186

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Sep 03, 2022 7:11 pm


(for if u wanna extra heartbreak https://www.youtube.com/watch?v=mxwAh2Praqw)



„Re“ 150

014 posts | word count: 1240
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: auf den lüftungsrohren
„Licht…“
Re sah die verlorene Königin lange an; unsicher, als befürchtete sie, etwas falsches zu sagen. Hatte sie denn etwas falsches gesagt? Schmerzlichst wurde der Nackten bewusst, dass es sich bei der Begegnung mit Alma immerhin nur um ein Ereignis handelte, welchem sie vor wenigen Stunden über den Weg gelaufen war. Die Hölle flüsterte ihr zu, selbst nachdem sich deren Ranken in ihre eigene Welt zurückgezogen hatten; sie drängten sie förmlich dazu, einen Schritt weiterzugehen, sich Alma vollständig zu öffnen, zu ergeben.
Doch für einige furchterregende Herzschläge überkam sie die Angst, alles verloren zu haben. Als wäre all jene Hoffnung, all jene Zuneigung einseitig gewesen; als würde das Fundament zu bröckeln beginnen, welches sie bisher erbaut hatte. Oh, der Schmerz, welches ihr kleines Herz gerade überkam! Es würde eine Abweisung nicht verkraften; und mit welcher Bestrafung würde die Hölle Re wohl entgegentreten, sobald sie herausfand, dass die Sterbliche ihre Königin vergrault hatte?
Für einige kurze, qualvolle Sekunden hielt sie den Atem an, die Ohren gespitzt, und wartete auf Alma’s Antwort.
Jene sollte nicht kommen, zumindest nicht so, wie Re es erwartet hatte.
Bevor eines der beiden Experimente etwas sagen konnte, tanzte Licht empor; kleine Funken zunächst, doch sie wuchsen, wurden zu Kugeln, winzigen, strahlenden Monden. Aus großen Augen beobachtete die Nackte das Schauspiel, sprachlos, überwältigt – und mit einem Mal überkam sie eine derartige Freude, dass es ihr für einen Moment schwerfiel, sich auf den Beinen zu halten.
Ihr Gesicht strahlte auf, ähnlich, wie es die Lichter taten, welche Alma, oh, ihre Königin umkreisten.
Die Hölle hatte sie nicht in Stich gelassen; weder ihre Prophetin noch ihre rechtmäßige Herrscherin. Das Geschenk, welches sie Alma überreicht hatte – denn, ja, gewiss, die Lichter entsprangen einer fremden Welt! - war nur eines von vielen Zeichen, welche folgen sollten; welche Alma den Weg leiten würden, zurück zu ihrem Thron.
Doch für den Augenblick dachte Re nicht an die Zukunft, in welcher die Unterwelt und die einstige Kriegerin zusammenfinden würden; an die Zukunft, in welcher Re nicht länger unter ihnen weilen würde, um ihnen Beiden als treue Dienerin beiseite stehen zu können. Ja, für den Augenblick gab es nur ihre neu entfachte Freundschaft und den Trost, welches von den Lichtern ausging; Wärme, welches ihr armes Herz erfüllte.
Durch die Lichtkugeln hindurch bemerkte sie das Lächeln auf Alma’s Lippen.
Für den Augenblick war jeglicher Schmerz, jeglicher Terror des Labors vergessen.

Re beobachtete, wie ihre Königin eine Pfote hob und eine der winzigen Sonnen zu berühren versuchte. Sanft glitt sie hindurch, gewiss, wie sollte man Licht denn auffangen?
Die Nackte konnte sich die Wärme vorstellen, welche Alma bei der Begegnung überkam, doch wagte sie es selbst nicht, nach dem Licht zu tasten. Es schien heilig und selbst wenn es ein Geschenk ihrer Hölle, ihrer geliebten Welt war, so gehörte es nun der einstigen Kriegerin. So schwieg sie also, sah ihr zu und badete sich in dem Licht, das ihr gespendet wurde.
Doch dann entglitt Alma ihr erneut. Ein Schatten fiel über ihre leuchtenden Augen, welcher zwar vertraut wirkte, jedoch weiterhin nicht so recht zu deuten war; ein Hinweis auf die Finsternis, in welche die Geflügelte gestoßen wurde. Ohne zu überlegen machte Re einen Schritt vor, legte eine nackte Pfote auf die ihre in der irrsinnigen Hoffnung, sie könnte ihre Freundin so vor dem Sturz bewahren. Mit behutsamen Worten versuchte sie, Alma aus der Dunkelheit zu ziehen, bei welcher selbst die Fänge der Hölle nichts bewirken konnten. Ein einsamer Kampf.
...Du bist nicht allein, Alma. Das wirst du nie sein.

„Ich werde mich an dich erinnern, wenn ich in die Dunkelheit der Zwischenwelt blicke. Und ins Licht der untergehenden Sonne über einem endlosen Ozean.“
Ihre Worte trafen Re unerwartet; etwas hatte sich geändert, der Klang ihrer Stimme womöglich oder die Bedeutung, welche Alma ihnen verlieh. Die Nackte wagte es nicht, zu antworten, spürte sie doch, dass sich etwas gewandelt hatte. Das Licht um sie herum war nicht das einzige Geschenk gewesen, welches der Kriegerin überreicht wurde.
Ihre Königin hatte gesprochen; sie hatte ihre Stimme wiedergefunden.
Alma erwachte aus der Schwärze, welche sie überkommen hatte. Sie warf einen Blick zur Seite und Re gab ihr die Zeit, jenes in sich aufzunehmen, was ihr gerade präsentiert wurde; etwas, das Re ungemein fern war, und doch schien sie tief in ihrem Innersten eine Ahnung zu haben, eine Vermutung.
„Ich bin nicht alleine.“
Und sie wusste, dass sich Alma’s Worte nicht auf ihre eigenen bezogen. Dass es da noch etwas anderes gab, etwas, das Re bis zu der Stunde fremd bleiben würde, an welcher ihr eigenes Lebenslicht erlosch. Doch jene Erkenntnis beunruhigte sie nicht; sie sah in Alma’s Augen, dass es einen Sinn hatte. Dass es gut war.
Sie lächelte, und als sie sicher war, dass es ihr nun erlaubt war, zu sprechen, so öffnete sie den Mund:
Alma“ – meine Königin – „Ich möchte dir meine Treue schwören, meine Freundschaft, bis mein Körper bricht und von den Fängen der Hölle nach Hause getragen wird. Ich werde an deiner Seite kämpfen, solange mein sterbliches Ich es vermag. Das und nicht weniger. Die Hölle, sie wird durch mich hindurch immer bei dir sein, bis sie sich einen neuen Gesandten sucht. Doch eins wird sich nicht ändern; sie wird dir immer Schutz bieten in Zeiten, in welchen du dich verloren fühlst.
Re senkte den Kopf, und es glich beinahe einer Verneigung, war sie doch überwältigt von den Gefühlen, welche ihre kleine Brust füllten.
Schließlich richtete sie sich auf, lächelte. „Komm.

Sie wollte von den Geschichten der Kriegerin hören, bevor jene auserkoren wurde, über alles sterbliche und unsterbliche zu herrschen.
Alma erzählte ihr von ihrer Schwester; einer Katze, mit welcher sie das selbe Blut teilte. Für den Bruchteil einer Sekunde schoss Bedauern über ihr eigenes Selbst durch das Herz, war sie nie in den Genuss gekommen, derartig an jemand anderen gebunden zu sein. Wie es sich wohl anfühlte? Eine Verbindung zu jemanden zu haben, welche keine Klinge jener Welt zu durchtrennen vermochte?
Die Nackte wusste, dass es nicht zu vergleichen war mit ihrer Bindung zur Unterwelt. Sie würde nie wissen, wie es tatsächlich war.
Und doch zeigte Alma’s Schicksal, dass selbst das stärkste Blut sie nicht vor den Tücken des Lebens bewahren konnte.
Sie sah den Schmerz in ihren Augen, als die Geflügelte von ihrer Schwester sprach; Astarte.
Ein schöner Name“, entkam es ihr, und sprach sie jenes nicht aus, um der einstigen Kriegerin ein Kompliment zu schenken; nein, in jener Sekunde überkam sie eine Vermutung, wer die verlorene Schwester gewesen war; welcher Geist das Herz in ihrer Brust gehütet hatte. Oder es immer noch tat? Re wünschte sich, die Wege der beiden Schwestern würden sich eines Tages wieder kreuzen. Heute Nacht würde sie zur Hölle beten und jene Bitte äußern.
Die Erzählungen von der Welt dort draußen brachten Re ins Grübeln. Nachdenklich balancierte sie auf den Rohren, sah erneut auf die zahlreichen Katzen unter ihr hinab. Einige von ihnen teilten ein ähnliches Schicksal wie Alma; waren eingesperrt und ins Labor gebracht worden. Anders als Re, welches ihr gesamtes Leben lang als eine Gefangene verbracht hatte. Bis zum heutigen Tag hatte sie geglaubt, sie wäre in das Grau des Labors hineingeboren worden, um Schutz zu genießen, war sie schlichtweg nicht ausgelegt für die Außenwelt.
Auf eine gewisse Weise hatte sie auch Recht. Dennoch konnte sie nicht aufhören, sich auszumalen, wie es dort draußen wohl war.
Die Straßen sind tödlich“, murmelte sie schließlich und hob ihren Kopf, sah zu ihrer Königin zurück, „Doch du wärst lieber dort, nicht wahr?

*
Angesprochen: alma
Erwähnt: versammelte experimente

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes
Daeny

Antworten: 9
Gesehen: 186

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] about bittersweet dreams and unspoken wishes    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDi Aug 09, 2022 6:54 pm


„Re“ 150

013 posts | word count: 1220
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: auf den lüftungsrohren
Alma verlor sich an einen Ort, an welchem die Nackte ihr nicht folgen konnte. Sie sah es in den Augen der einstigen Kriegerin; während sie mit tröstenden Worten versuchte, ihre neue Freundin an die hiesige Welt zu binden, so sah sie doch hilflos zu, wie Alma sich ihr entriss. Für einen kurzen Moment stieg sie hinab, Treppenstufe für Treppenstufe, hinein in die gierigen Fänge der Finsternis. Re, oh, simple, einfache Re, wollte nach ihr greifen, sie vor dem Ertrinken bewahren, doch huschte ihr Geist weiter hinfort.
Re kauerte oben am Abgrund, den Blick in die bodenlose Kluft unter ihr gerichtet, und konnte nur zuschauen, wie die Geflügelte – nein, ihr Körper war prachtvoll, geschmückt wie jener einer Göttin, Alma – von der Schwärze verschlungen wurde.

Und doch schienen ihre Worte durchzudringen. Als Alma ihren Blick lange erwiderte, fuhr ein Schauer über ihren kahlen Rücken. Re spürte so viel, so ungemein viel, eine Macht, eine Präsenz, welche sie nicht in Worte zu fassen wagte. Sie hatte die einstige Kriegerin der Straßen nicht leibhaftig gekannt, nie in ihre körperlichen Augen geblickt, und doch wusste sie, dass all diese wirren Gefühle von ihr ausgelöst wurden.
Eine verlorene Göttin. Die Schwärze, das Dritte Auge erfüllten Re’s kleinen Schädel mit wortlosen Schreien, als würden auch sie ihre Klauen nach der Seelenwanderin strecken. Wollte die Hölle sie in eine behutsame Umarmung schließen? Alma auf ihre Seite ziehen?
Re’s Existenz machte mit einem Schlag Sinn. Ihr gesamtes Leben, jede einzelne Entscheidung, welche sie bisher getroffen hatte, hatte sie zu diesem Moment geführt – zu Alma. War jene etwa der fehlende Teil, nach welcher die Hölle die Welt der Sterblichen schmerzlichst durchforstete? Die Schwärze wartete auf den Tag, an welchem ihre verlorene Königin ihren rechtmäßigen Thron beanspruchen wurde; dazu bestimmt, über Alles zu herrschen, Himmel, Hölle; das Leben.
Alma stand vor ihr, im Körper einer Fremden – ihr Geist mächtiger als all jener, welchen Re bisher über den Weg gelaufen war. Die Geflügelte sah ihre Fähigkeit als Fluch, als Verdammnis – doch, oh, war es alles Teil eines größeren Bildes? Wie viele Körper würde Alma für sich beanspruchen, bevor sie die Tore der sterblichen Welt durchbrach und sich wiederfand im finsteren Paradies?
Hatte die Prophetin ihre Aufgabe erfüllt, in jenem Herzschlag, in welchem sie die Verbindung zwischen Alma und der Hölle hergestellt hatte?
Jene Erkenntnis war derartig überwältigend, dass Re den Blick senken musste. Ihre Beine; mit einem Mal schwach, zittrig. Die Zuneigung, die die Nackte für Alma empfand, gewann an Logik.
Doch, nein, die Dinge waren noch nicht gewiss. Re wagte es nicht zu sprechen, aus Angst, sie würde den Weg der gefallenen Kriegerin manipulieren, sollte sie sie in ihre Vermutungen einweihen. Die Hölle würde ihr nicht verzeihen, sollte ihr Vorhaben scheitern.

„Deine Worte berühren mich, Re. Sie lassen mich von Veränderungen träumen“, sprach die Geflügelte schließlich und lenkte die blassen Seelenspiegel der Nackten zurück auf ihren schwarzen Körper.
Die Trauer in ihren Augen brach Re das Herz. Oh, sie wollte ihre Klauen ausstrecken und in Alma’s Herz greifen, den Schmerz und den Kummer zerreißen, der sich wie ein unbarmherziger Tumor in ihrem Fleisch festgesetzt hatte.
Doch war Alma die Einzige, die all jenem ein Ende bereiten konnte. Re war nur ein einfacher Zuschauer – kauerte außerhalb der Schneekugel und musste zusehen, wie der Sturm die Geflügelte verschluckte.
(Kämpfe.)
Schweigend lauschte die Nackte ihren Worten; nahm teil an der Finsternis in Alma’s Geist.
Wie konnte die Hölle nur so gnadenlos sein und seiner Königin bei ihrem Leid zusehen?
Re schluckte schwer; die schwarzen Ranken über ihr, neugierig über ihren Köpfen hängend, erfüllten sie plötzlich mit Scham.
Wortlos wies sie die Materie zum Rückzug an; sie verflüchtigte sich, verschwand in dem schwarzen Loch, das sie erschaffen hatte, und – da war es, als hätte es sie nie gegeben. Das leuchtende Dritte Auge auf ihrer Stirn schloss sich.
„Wenn man gefangen in ewiger Nacht lebt, vergisst man irgendwann, wie die Sonne aussieht. Vergisst ihr Licht und ihre Wärme.“
Sie fuhr fort, sprach, und jedes Wort bohrte sich schmerzhaft in Re’s eigene Seele.
„Re.“ Ihre Stimme brach. „Ich bin nicht stark genug, um jemand zu sein.“
Alma“, erwiderte die Prophetin sanft. In ihren Worten schwang Liebe und Trost mit, als wären sie nichts weiter als zwei Schwestern, gefangen in der Bitternis des Lebens. „Verstehst du nicht? Du bist das Licht. Ich sehe in deinen Augen ein Leuchten, eine Kraft, welche mir die Sonne selbst in meinen Träumen nicht schenken könnte. Dein Geist brennt, Alma, wie ein lebendiges Feuer.
Ich sehe in ihnen so viel mehr. Meine Worte mögen dir jetzt womöglich nichts bedeuten, Freundin, doch ich bete, dass du deinen Weg finden wirst. Dass du deiner Reflexion entgegenblicken und das Licht sehen wirst, das du ausstrahlst.

Und dann lächelte sie; ein bittersüßes Lächeln. Doch schwang in ihm auch Trost mit.

Eine Gemeinsamkeit teilten Alma und die Hölle; etwas, das Re nie auch nur mit den Schnurrhaaren tasten wird. Eine verbotene Frucht, von welcher nur Auserwählte zu kosten vermochten; die Unsterblichkeit.
Re fragte sich, wie unbedeutend ihr eigener Leib in den langen Zügen unendlichen Lebens wohl war. Ihre Existenz glich einem Herzschlag; gewiss auch für Alma. Ein trauriger Gedanke, doch versuchte sich die Nackte mit dem Gedanken aufzumuntern, dass sie es gewesen war, welche die gefallene Kriegerin und die Unterwelt zueinander gebracht hatte. Ob sich Alma in hundert, tausend, unzähligen Monden noch an sie erinnern würde?
Womöglich würde sie in die Schwärze der Unterwelt blicken und ein Echo vernehmen; ein Echo, das sie an jenen Tag zurückbringen würde, zurück zu Re. Zurück zu der Prophetin, welche den Preis der Sterblichkeit hatte bezahlen müssen. Ob ihr Tod wohl einen Beitrag leisten würde, in die ewigen Schwingen des Kosmos?

Re würde es genügen, ihre Unsterblichkeit in Form einer Erinnerung zu erlangen.
(Versprich mir, dass du mich nicht vergessen wirst, so wie ich dir verspreche, bis zu meinem letzten Atemzug der Kriegerin zu gedenken, welche du bist; in deinem Herzen, in deinem Geiste. Kämpfe, Alma.)
Und als hätte die Geflügelte ihren Gedanken gelauscht, so sprach sie zugleich: „Ich werde an den Erinnerungen, die mir noch bleiben, festhalten, bis es an der Zeit ist, auch sie an den ewigen Strom der Zeit zu übergeben. Ich werde mich nicht von der Welt verabschieden, bevor die Leere ihren Tribut fordert.“
Die Nackte lächelte, ihre Gesichtszüge wurden von Erleichterung geflutet. Vorsichtig streckte sie ihre Pfoten aus, legte sie auf Alma’s eingezogenen Klauen und ließ sie dort verweilen, für wenige Sekunden.
Und ich werde dich auf deinem Weg begleiten, Freundin, solange es mein gebrechlicher Körper mir erlaubt.
Sollte der Tag kommen, an welchem wir nicht länger nebeneinander stehen werden, suche mich in dem Gesang der Krähen; im Rauschen der Wellen. Du bist nicht allein, Alma. Das wirst du nie sein.

Schmunzelnd legte sie den Kopf schief, ehe sie ihre Ballen von Alma’s Pfote löste und sich aufrichtete, als wäre nichts geschehen.
Sie wandte sich um, balancierte das Lüftungsrohr entlang und sah schließlich zu Alma zurück; forderte sie mit zuckenden Schnurrhaaren auf, ihr zu folgen. Dann setzte sie ihren Weg fort, schlich meterweit über den Köpfen der unter ihr Versammelten hinweg.
Erzähl mir von den Straßen, der Wildnis“, bat sie die Seelenwanderin schließlich, den Blick auf die gesichtslosen Katzen unter ihr gerichtet, beiläufig, „Ich möchte von ihnen hören; den Teilen eines Lebens, das nie das meine sein wird. Weihe mich ein in die Taten einer Kriegerin.

*
Angesprochen: alma
Erwähnt: versammelte experimente

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] Mhh daddy?
Daeny

Antworten: 7
Gesehen: 138

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] Mhh daddy?    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Aug 06, 2022 3:39 pm


„Re“ 150

012 posts | word count: 281
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: inmitten des labors
Bis zu dem heutigen Tage hatte man Re einiges genannt – eine Gotteslästerin, eine Ratte, aber ja, auch eine Prophetin – doch mit einem Wort hatte sie sich bisher noch nicht geschmückt.
Babysitter.
Das Leben, wie es im Moment seinen lustigen Lauf nahm, konfrontierte die Nackte doch wahrlich mit ominösen Begebenheiten. Die letzten Stunden allein hatten derart viele Neuigkeiten, Erfahrungen mit sich gebracht, dass Re nicht so wirklich wusste, wohin mit ihnen!
Ihre kahlen Ballen trugen sie durch das Labor, ohne wirklich ein Ziel vor Augen zu haben. Am Liebsten hätte sie sich verkrochen – irgendwo dort oben, zwischen den Lüftungsrohren – und, in die warme Fänge ihrer schwarzen Materie geschmiegt, auf das Geschehen unter ihr hinabgeblickt. Wenn das Chaos endlich ausbrechen würde, wollte sie die erste sein, die sich in ihr badete. Aus sicherer Entfernung, jedoch. Immerhin besaß sie keinen Todeswunsch.
Nun, selbst wenn sie in jenem Moment ein Ziel gehabt hätte, so wurde der Gedanke an jenes weggefegt, in jener Sekunde, als sie in der Ferne ein kleines Bündel rosa Etwas ausmachte.
Eine Mini-Version ihrer selbst? Hatten die Forscher im Schlaf an ihrer Gebärmutter herumexperimentiert?
Aber, nein, es war kein Re-Baby, das da auf sie zugesprintet kam, tollpatschig, mit viel zu großen Pfoten. Es war nur ein rosafarbenes Kätzchen. Ja – mit Fell. Re beneidete es allein angesichts jenes Faktes. Es war so bitterlich kalt im Labor.
Das Junge schien keinen Halt zu machen, raste in konstanter Geschwindigkeit auf die Nackte zu.
Na wunderbar.
Mit zuckenden Ohren machte Re ein, zwei Schritte zurück und verhinderte so eine Kollision mit dem fremden Kätzchen.
Schnaufend, schlitternd, kam jenes vor ihren Pfoten zum Stehen – und bombardierte sie mit Fragen, noch ehe die Ältere den Mund aufmachen konnte.
Mit großen Augen, welche ihre eigene Überforderung widerspiegelten, sah Reh das kleine Etwas an, ehe ihr Blick den Gang hinab wanderte auf der Suche nach – nun – jemandem, der für ihren neuen Gesprächspartner verantwortlich war. Vergeblich.
Jetzt atme erst einmal tief durch, Kleines“, wandte sie sich schließlich an die Rosane, ihre Stimme erfüllt mit einer fast schon befremdlichen, liebevollen Ruhe. Es geschah nicht alle Tage, dass die Nackte sich mit kleinen Kätzchen abgab. Mit jener mütterlichen Seite an ihr hatte sie sich bisher also nicht anfreunden können.
Wie lautet dein-“ Oh! Sie hätte sich beinahe verraten. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen korrigierte sie sich: „- deine Nummer? Wo ist deine Mama?
Ja, wer war denn die letzte Kätzin, die zuletzt kleine Fellbündel aus sich herausgepresst hatte? Es war seltsam, Re konnte das kleine Ding niemandem zuordnen, wenngleich es meistens die Runde machte, sobald ein Experiment (versehentlich?) geschwängert wurde.
Das Labor schien der Rosanen fremd zu sein - das hätte die Nackte allein schon von ihrem verwirrten Gesichtsausdruck ableiten können.
Ein weiterer, ahnungsloser Neuankömmling also, dazu verdammt, inmitten der metallischen Wänden aufzuwachsen. So etwas wie Mitleid erfüllte Re’s Herz.
Wo kommst du her, Liebes?

*
Angesprochen: 900
Erwähnt: 001

@tae

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [AUSSEN] Meet: The Puppet Master
Daeny

Antworten: 3
Gesehen: 147

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [AUSSEN] Meet: The Puppet Master    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Aug 06, 2022 2:05 pm


„Re“ 150

011 posts | word count: 632
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: außenbereich / fenstersims
Die Begegnung mit Alma, der gefallenen Göttin, hatte ihr die Augen geöffnet – und gleichzeitig ein klaffendes Loch in ihrem Herzen hinterlassen. Es war, als wäre die Nacktkatze zum ersten Mal erwacht; als wäre das Leben, das sie bisher geführt hatte, von einem täuschenden Schein eingehüllt gewesen, welcher nun an Intensität verloren hatte.
Einige Dinge machten nun mehr Sinn, so dachte sie zumindest, andere – eher weniger.
Sie suchte nach Antworten, welche ihr keine der Gestalten im Labor hätte geben können. Stattdessen wandte sie sich trostsuchend an die Kälte des Winters. Der Schmerz, der ihr dabei bei jedem Schritt über den eisigen Boden – noch eisiger, je näher sie sich dem Ausgang zum Außenbereich näherte – in die kahlen Pfoten stich, schärfte ihre Sinne.
Sie redete sich ein, ihrem Ziel dadurch etwas näher zu kommen; Klarheit zu gewinnen. Doch welche Ziele besaß jenes bedeutungslose Experiment schon?
Für gewöhnlich hätte ihr bereits längst ein Wächter über den Weg laufen sollen, welcher sie mit hässlichen Worten verscheuchte. Doch, ach, die Wächter waren mit wichtigeren Dingen beschäftigt.
Re wählte den Weg durch ein halbgeöffnetes Fenster, quetschte sich durch den schmalen Spalt und empfing den frostigen Wind mit geöffnetem Herzen. Dort, am Fenstersims, verweilte sie für einen Augenblick und sog die Eindrücke eines unerbittlichen Winters in sich auf.
Wann hatte sie es das letzte Mal dort hinaus verschlagen? Wann hatte sie das letzte Mal Schnee gesehen; Schnee berührt?
Das Labor bewahrte sie Jahr für Jahr vor einem grausigen Kältetod, hütete sie wie ein Schaf ihre Lämmer, und doch war es vor allem eins – ein Gefängnis.
Oh, welch äußerst deprimierten Weg ihre Gedanken eingeschlagen hatten! Eine Empfindung, mit welcher sie persönlich nicht so recht vertraut war. Für gewöhnlich verschloss sie die Augen vor den unschönen Dingen des Lebens.
Re, Re, Re… (Ihren eigenen Namen in ihre Gedanken zu hören war immer noch befremdlich, und doch schenkte es ihr ein Gefühl der Wärme.) Es wurde an der Zeit, von Fakten, welche nicht zu verändern waren, loszulassen. Immerhin stand das Labor unmittelbar vor einer Schlacht – erfüllt von Intrigen, Affären, Geheimnissen und Mord! Wollte die Nackte jenen tatsächlich mit einem Schmollen im Gesicht begegnen? Pha!
Das Leben war nicht immer so ungemein hässlich.
Das Experiment zog die Pfoten unter sich etwas zusammen, versteckte ihre nackten Ballen unter der Wärme ihres eigenen Leibes. Schneeflocken machten Halt auf ihrer Nase.
Die Kälte war beißend. Allzu lange würde sie dort draußen nicht aushalten.
Ihr blasser Blick wanderte weiter und richtete sich da erst so wirklich auf ihre Umgebung. Dort, im Schnee, vertrieb sich ein weiteres Experiment seine Zeit, als hätte man vor wenigen Stunden nicht etwa bekannt gegeben, dass sich der Königsmörder auf freiem Fuße befand.
Es sprach mit jemanden. Re – die Ohren gespitzt – hielt Ausschau nach einer weiteren Gestalt, doch erkannte sie niemanden. Sie waren allein.
Oh, wunderbar. Ein Freak.
Die Nackte erhob sich auf leisen Pfoten. Mit Experimenten, die lebendige Konversationen mit niemandem außer sich selbst führten, hatte sie während ihren Monden auf dieser kleinen Welt keine äußerst gute Erfahrung gemacht.
Es wäre also besser, zu verschwinden, noch ehe-
Zack! Ein eisiger Schneeschauer überkam sie, welche sie vor Schreck aufschrien ließ. Die Kristallflocken schmolzen augenblicklich, als sie in Kontakt mit ihrer kahlen Haut kamen, und hinterließen kalte Tropfen auf ihrem Gesicht.
Eilig schüttelte sie den schmalen Schädel, ehe sie dem anderen Experiment einen bösen Blick zuwarf.
Jenes sah nur perplex in die Luft, als gälte seine Aufmerksamkeit eigentlich etwas – oder jemand – anderem.
Liebes, macht es dir etwas aus, deine Mitgesellen von deinen Spielereien zu verschonen?“, sprach sie (mit einer gewissen Lustlosigkeit; dennoch schlich sich ein nichtssagendes Lächeln über ihre Lefzen) und kauerte sich am Rande des Fensterbrettes hin, um auf den jüngeren Kater hinabzublicken.
Sie betrachtete ihn diesmal etwas genauer; seine seltsame Fellmusterung und, nun, Erscheinung im Allgemeinen. Oh, welch sonderbares Wesen er doch war.

*
Angesprochen: 473
Erwähnt: alma, 001

@fledermaus

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Mai 07, 2022 12:25 pm


„Re“ 150

009 posts | word count: 1988
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
„Ist es nicht einfacher, von der großen Freiheit zu träumen, anstatt diese tatsächlich anzustreben?“ 150 lächelte. Sie und der Schatten befanden sich auf einer Wellenlinie; die Worte, die den Mund ihres Gegenübers verließen, entlockten der Nackten nichts weiter als Zustimmung.
Zugleich empfand sie jedoch einen Hauch von Schuld. Versank nicht auch 150 in Wunschdenken; in Träumen über einer Welt, in der die Dinge leichter waren? Sie wog sich in Sicherheit, denn ihre Gedanken gehörten allein ihr; es gab keine Konsequenzen für die Bilder, die sich vor ihrem geistigen Auge eröffneten.
150 redete sich ein, dass sie allein aus einem Grund nie den Versuch gewagt hatte, die Erfüllung ihrer Träumerei anzustreben: Gewissheit. Gewissheit darüber, dass die Welt dort draußen ebenso kalt und grausam war wie jene im Labor.
(Und doch schien sie so unbeschreiblich schön.)
Der Winter außerhalb des Grau’s war erbarmungslos, tödlich. Andere vermochten, ihn zu überleben, Jahr für Jahr, doch war 150 ein Freak; eine Missgeburt, erschaffen durch das Gift der Spritzen. Ihre nackte Haut würde vereisen, von ihrem Leib abblättern wie getrocknetes Laub. Sie würde sterben, ohne das Meer jemals mit eigenen Augen erblicken zu können.
Doch es war nicht nur das. Tatsache war, dass die Nackte nichts weiter war als ein Feigling; sie ging keine Risiken ein, jedenfalls nicht jene, welche tatsächlich etwas in ihrer kleinen Welt verändern würden.
Das Maul aufzumachen, süße Worte des Verrats zu flüstern, war das eine – eine ihrer felllosen Pfoten hinaus aus ihrem Käfig zu setzen, das andere.
In 093‘ Anwesenheit fühlte sich die Nackte mit einem Mal unbedeutend.
Doch schenkte sie ihrer Gesprächspartnerin nichts weiter als ein zustimmendes Nicken.

150 hatte sich schon oft gefragt, wie es wohl war, als etwas anderes als eine sterbliche Katze durch die Flure zu wandern. Manchmal, wenn sie sich in den Außenbereich schlich und die Vögel am Himmelszelt beobachtete, empfand sie Sehnsucht. In jenen Momenten wünschte sie sich, im nächsten Leben in einen anderen Körper gesteckt zu werden; die Welt von oben sehen zu dürfen.
Das Interesse darüber, ob 093 wohl in der Lage wäre, sich ihre Hüllen ganz ohne Einschränkung aussuchen zu dürfen, war brennend gewesen. Doch mit der Erklärung, die der Schatten ihr lieferte, verstand, weshalb jener nie als etwas anderes durch die Gänge schritt, als als Katze.
Das Konzept hinter 093‘ Dasein war größer, komplexer, als dass es 150 tatsächlich vollständig begreifen konnte, doch ja – der Schatten trug die Seele einer Katze in ihrer sterblichen Hülle. Egal, welche Form sie annehmen würde, ihre Seele würde unangetastet bleiben.
Sie verstand.
Wenn 150 in ihrem nächsten Leben die Form einer Krähe annehmen würde, dann würde sie auch die freie Seele eines Vogels in sich tragen.
Ob 093 jemals in den Genuss kommen würde, wiedergeboren zu werden?
„...und ich habe dem Todesengel ein bindendes Versprechen gegeben. Bis ich es eingelöst habe, werde ich hier verweilen“, erklärte 093.
Für einige Herzschläge legte sich Schweigen über die beiden Experimente. Lediglich die unverständlichen Laute und Gesprächsfetzen der Versammlung unter ihnen füllte die Stille zwischen ihnen.
Nachdenklich musterte 150 ihre Gesprächspartnerin, ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Wie gerne hätte sie dem Schatten ein Stück Hoffnung zurückgegeben.
Sie spürte etwas in ihrem Herzen aufflammen, doch konnte sie nicht deuten, was es war. Es ähnelte dem Prickeln, welches ihren Körper damals – viele Monde zuvor – ergriffen hatte, als sie das erste Mal Kontakt mit der Hölle aufgenommen hatte.
Nervös zuckte die Nackte mit dem Ohr. Da war es wieder, die Verständnislosigkeit. Doch wer wusste schon – womöglich verbarg sich hinter ihrer Reaktion keine größere Bedeutung; ja, womöglich fand sie sich lediglich in Ehrfurcht wieder angesichts der Erkenntnis, was ihre Gesprächspartnerin in ihrem (endlosen?) Leben bereits über sich ergehen hatte lassen müssen.
(In 093‘ Anwesenheit fühlte sich die Nackte mit einem Mal unbedeutend.)
Nun“, brach sie schließlich das Schweigen, „Ich bin froh, dass du hier verweilst. Das Gespräch, das ich heute mit dir führen darf – es scheint mir in gewisser Hinsicht die Augen zu öffnen.

Aufrichtige Sehnsucht ergriff die Nackte nur selten. Sie hatte sich mit ihrem Dasein auf gewisse Weise abgefunden; das Leben schien leichter, wenn man sich eingestand, dass es Dinge gab, welche sich einem in seinem jetzigen Dasein nie eröffnen würden.
Und doch gelang es dem Schatten, 150 in eine regelrechte Wehmut zu stürzen. Nie zuvor hatte sie jemanden in ihren kleinen Wunsch eingeweiht, das Meer erblicken zu dürfen; die salzige Brise auf der Zunge zu schmecken.
Sie wusste, dass sie sterben würde, noch ehe es ihr gelingen sollte – dass das Labor der einzige Ort war, den sie ihr Zuhause und ihr Grab nennen würde. Ob die Schwingen ihres nächsten Lebens Erbarmen zeigen und sie zu fernen Gewässern tragen würden?
Doch, oh, gewiss würden auch ihre Wunsche mit ihrem Ableben vergehen, so wie es ihre Erinnerungen täten. Sie würde das nächste Leben antreten, ohne vollständig sie selbst zu sein. Wie oft war ihre Seele bisher bereits gestorben, ohne, dass sie die Bilder der Vergangenheit erhalten geblieben waren?
(Wer war sie wirklich? Eine einfache Nummer?)
Den Schmerz, der sie in jenem Moment zu überwältigen drohte, schien sie jedoch nicht allein zu tragen.
(„Kann eine unsterbliche Seele nach dem endgültigen Tod verlangen?“)
Die beiden Experimente waren so verschieden, und doch teilten sie etwas, das 150 nicht ganz in Worte fassen konnte. Es war tröstend.
„Ist es die dunkle Tiefe oder doch die endlose Weite, welche dich anzieht, 150?“
Die Weite, vermute ich“, erwiderte die Nackte schwach und wandte den Blick ab. Sie schämte sich für die Emotionen, die sie gerade zu verschlucken schienen. „Die Erkenntnis, dass es immer etwas außerhalb meiner Reichweite geben wird. Ungewissheit.
Das dritte Auge hatte zu leuchten begonnen, ohne, dass es dem Experiment tatsächlich bewusst war. Da, an jenem Tag, verlor sie zum ersten Mal seit Monden die Kontrolle über die Finsternis.
Erst, als kleine, schwarze Tropfen auf das Rohr unter ihren Pfoten tropfte, bemerkte sie es. Überrascht hob sie den Kopf, erblickte die blubbernde Masse, welche sich an der grauen Decke über ihrem Schädel ausgeweitet hatte. Aus ihr heraus bildete sich die Materie, streckte sich nach der Prophetin der Unterwelt, als wolle sie das Experiment trösten.
Für einige Herzschläge ließ die Nackte zu, dass sich die Finsternis außerhalb ihrer Kontrolle manifestierte – und erst, als sie kurz davor war, ihre Wange zu streichen, verfestigte 150 die Verbindung zu ihr, fing sie ein.
In unbeschreiblicher Schwärze schillernd verweilte die Materie dort, unmittelbar vor ihrem Gesicht.
„Wenn meine Pfoten mich zum fernen Blau tragen, werde ich den Wellen ein Lied von dir singen, 150.“
093‘ Worte trösteten sie mehr, als die Berührung der Finsternis es in jenem Augenblick gekonnt hätten. Nahezu überwältigt wandte sie den Kopf, sah 093 aus glänzenden Augen an.
Ich danke dir, 093.

„Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde mein Pfad mich wieder zum Anfang führen. Auf die grauen Straßen eines grausamen Zweibeinerorts, den ich dennoch für mondelang mein Zuhause genannt habe.“
Nie hatte die Nackte sich danach gesehnt, die Städte der Zweibeiner zu erforschen. Doch da, als der Schatten in fernen Erinnerungen zu schwelgen schien, fragte sie sich zum ersten Mal, wie das Leben dort wohl war.
Nachdenklich legte sie den Kopf schief, ihr drittes Auge weiterhin leuchtend; die Materie über ihrem Schädel schwebend, als wollte die Unterwelt ihrem Gespräch beiwohnen.
Wie gerne würde ich einen Einblick in deine Erinnerungen bekommen.

Wiederauferstehung.
Das war es, auf das 150 hoffte, als 093‘ Name ihre Lippen verließ. Die Kriegerin schien schmerzlichst verloren, doch sehnte sich die Nackte danach, sie das sehen zu lassen, was sich ihren drei Augen gerade eröffnet hatte.
Alma hatte ihren Geist geöffnet, auch ihr etwas zurückgegeben.
Re starrte ihre Gesprächspartnerin an, brennend und das Leuchten ihres dritten Auges umspielte ihre gespannten Züge, während sie auf eine Antwort wartete.
Egal, in welcher Hülle sich die Seelenwanderin auch befand, Alma war dort. Re konnte es mit eigenen Augen sehen; sie mit eigenen Augen sehen!
Umso enttäuschender war die Antwort, die man ihr gab.
„Nein, dieser Name wird nie wieder der meine sein.“
Alma’s Worte waren regelrecht ein Fausthieb ins Gesicht. Verständnislos runzelte die Nackte die Stirn, machte einen Schritt zurück, als müsse sie sich fangen.
„...Sie ist keine verbitterte Seele; Alma ist eine Königin.“
Die Versammlung, die Bilder vor ihren Augen und jegliche anderen Sinneseindrücke schienen zu verschwimmen, als wollte man Re in ein Becken aus Nichts schmeißen. Das einzige, das sich ihr klar und verständlich zeigte, war Alma’s Anblick; 693‘ Körper. Selbst die Materie schien sie für einige Herzschläge zu vergessen. In ihrer eigenen Verwirrung begann auch die Finsternis, unruhig zu werden.
Wie konnte man seine eigene Existenz derart abweisen? Wenn Alma nicht zu ihrem Dasein stand, was war sie dann; was blieb übrig von der Seele, die der einstigen Königin gehört hatte?
Re starrte die Geflügelte an, in ihren Zügen spiegelte sich Schmerz wider, den sie selber nicht verstand. Schließlich wandte sie den Blick ab; sie ertrug es nicht, dem Schatten länger in die pupillenlosen Augen zu sehen.
Wenn Alma ihre Existenz derart wegwarf, war die Seele, die ihr da gegenübersaß nicht mehr als die Hüllen, die sie bewohnte.
„Ich danke dir, Re.“
Die Nackte schloss die Augen, während der Schatten sprach; ihre Dankbarkeit aussprach für etwas, das nicht existierte.
„Aber ich werde diesen Namen nicht erneut tragen.“

Vermochte es Alma’s Seele tatsächlich, zu sterben und doch weiterzuwandern? Re verstand nicht; und jene Verständnislosigkeit machte ihr Angst. Alma hatte ihr die Augen geöffnet und doch im selben Atemzug die Tür versperrt; Re glaubte, durch die Begegnung mit dem Schatten etwas gefunden zu haben – aber was, wenn auch jener Teil ihrer Selbst bereits erloschen war?
Nein“, sprach sie schließlich, ihre Stimme getunkt in kalte Ruhe. Zum ersten Mal während ihrer Begegnung mit der Geflügelten widersprach sie ihr. „Ich glaube dir nicht.
Sie öffnete die Augen und fand Trost darin, weiterhin in violettem Licht zu baden. So sehr sie das dritte Auge verabscheute; die Hässlichkeit, die es mit sich brachte, so zeigte sie ihr am deutlichsten, das die Verbindung zur Finsternis bestand; dass sie lebte.
Re betrachtete die Schwärze über ihrem Kopf, die Materie, die sich nun ebenfalls zu beruhigt haben schien. Sah man die Finsternis aus der Nähe, so begriff man, dass die Dunkelheit nicht beklemmend war. Sie pulsierte, bewegte sich; schillerte in den zahlreichen vergangenen Leben, die die Unterwelt durchquerten.
Wirf einen Blick hinein“, bot sie Alma schließlich an und ließ die Materie wandern; sie nach der Geflügelten ausstrecken.
Ich begreife die Verbitterung, die du in deinem Geist spürst. Das tue ich, wirklich.
Bekümmert sah sie die einstige Kriegerin im Körper eines Raben an. Wenn sie nur sehen könnte, was sie sah.
Alma hat mir heute etwas gezeigt, mir die Augen geöffnet. Das wäre nicht möglich gewesen, wäre sie nicht tatsächlich hier.
Würde der Schatten verstehen, was sie meinte; aufrichtig meinte?
In ihren Worten schwang nahezu Verzweiflung mit. Wenn jemand wie Alma sich verlor, tatsächlich verschwinden konnte, was bedeutete das dann für ihre eigene Seele? Wenn Alma nicht länger hier war, was bedeutete das dann für ihren eigenen Namen, den sie an jenem kalten Tag wiedergefunden hatte – durch fremde Hilfe?
Die Art und Weise, wie die Geflügelte ihre Existenz als nichts weiter als eine Erinnerung abstempelte, erschütterte Re’s Glauben.
Du bist die Einzige, die Alma aus dieser Welt verbannen kann. Doch ich spüre sie, hier, neben mir. Ich sehe sie, wenn ich in deine Augen blicke.
Re’s Stimme brach. Zuvor, als sie das erste Mal in die milchigen Tiefen des Schattens geblickt hatte, hatte sie sich nicht erklären können, was sich dort noch in ihnen verbarg.
Nun begriff sie.
Wirf nicht das letzte Stück von dem weg, das dich davon abhält, zu nichts weiter zu werden als einer namenlosen Leere im Körper eines Fremden.

*
Angesprochen: alma
Erwähnt: 001; andere experimente

@shahar

#nacktundbeflügelt
#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Mai 01, 2022 1:13 pm


150 „Re“

008 posts | word count: 1539
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
Du hast Recht.“ Gewiss. „Die Intrigen des Labors besitzen einen süßen Beigeschmack – ihnen zu entkommen erscheint beinahe unmöglich. Ich frage mich nur, ob wir uns gewollt zum Bleiben entschließen oder nicht anders können, als diesem [b]Fiasko beizuwohnen. Eine Sucht, die es zu befriedigen gilt.[/b]“
Ihre Worte galten in erster Linie der Nackten selbst. Die Möglichkeit, ihrem stählernen Käfig zu entkommen, hatte sich ihr durchaus eröffnet – sei es durch den Tod oder durch jene mutigen Gesellen, die sich mit eigener Faust ihre Freiheit erkämpft hatten. Doch hatte ihr bisher die Entschlossenheit gefehlt, jenen Schritt zu wagen; ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen. Ja, der Alltag hatte doch etwas bequemes und 150 war derart festgefahren in diesen Komfort, das sie jeglichen Wunsch nach Freiheit in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins schob. Es stand ihr nicht zu. Hineingeboren in jene grauen Wände war sie zu einer Prophetin gemacht worden; die Finsternis begleitete sie auf diesem Wege, doch wer konnte ihr schon versprechen, dass sie ihr nicht aus den Pfoten glitt, sobald sie einen falschen Schritt tat?
Ja, 093 hatte Recht. Und die Nackte redete sich ein, dass auch sie selbst einen wichtigen Part im Labor spielte, ein Part, welcher sie zum Bleiben überzeugte; die Beobachterin. Doch kam sie in jenen kurzen Herzschlägen nicht umhin, sich zu fragen, wie es wohl den Experimenten ergangen war, welche dem Käfig entkommen waren.

Warten. 150 betrachtete ihre Gesprächspartner mit ruhigen, nachdenklichen Augen und kam nicht umhin, zu bedauern, in welchen Dingen sich die beiden Experimente unterschieden. Ja, der Schatten besaß das Geschenk, einfach warten zu können – warten auf bessere Tage, bessere Möglichkeiten; ein besseres Leben? Die Nackte würde ihren eigenen Körper um nichts in der Welt hergeben, war ihr ihr eigenes Spiegelbild doch derart ans Herz gewachsen, doch wurde ihr da auch schmerzlichst bewusst, dass sie den Luxus des Wartens nicht besaß. Die Zeit spielte gegen sie, holte sie ein wie ein Raubtier, das – wenn der richtige Tag käme – ihre Beute erbarmungslos verschlingen würde.
Was käme dann? 150 hoffte, dass sich die Finsternis ihr in ihrer Barmherzigkeit offenbaren würde; sie in jene Welt einladen würde, für welche die Nackte gerade nichts weiter war als eine Verbindung, ein Botschafter. Doch die Dinge waren ungewiss und wer wusste schon, ob mit dem Abkühlen ihres toten Leibs nicht auch ihr Dienst im Namen der Unterwelt erfüllt sein würde? Was, wenn die Finsternis weiterwandern würde, zu ihrem nächsten Propheten – und 150 dabei zurücklassen würde, ohne sie auch nur eines weiteren Blickes zu beachten?
Jene Sorge grenzte beinahe schon an Verrat, weshalb sich die Nackte ihre trügerischen Gedanken aus dem Schädel schüttelte und sich wieder auf das konzentrierte, was gerade wirklich wichtig war: die Konversation mit dem Schatten.
093 erklärte ihr gerade die Beweggründe über ihr Bleiben im Labor und die Dreiäugige ermahnte sich, sich künftig während eines laufenden Gesprächs nicht derart in ihrer eigenen Gedankenwelt zu verlieren.
Kannst du nur die Hüllen einer Katze benutzen?“, fragte sie schließlich. Sie versuchte zu verstehen, weshalb das Wandern dort draußen sich für den Schatten als komplizierter gestalten würde, als zunächst vermutet. Immerhin konnte die Welt außerhalb des Labors nicht barmherziger sein als hier drinnen; gewiss begegnete man auch dort laufend dem Tod?
Doch konnte sie nichts weiter als Vermutungen äußern. Das, was sich außerhalb ihres Käfigs abspielte, glich einem Schauspiel; etwas, das sie als Außenstehender nur aus nichtssagender Entfernung betrachten konnte.
„Aber sag mir, 150, wohin würden dich deine Pfoten tragen, wenn niemand dir Fesseln anlegen könnte?“
Die Frage traf die Nackte unerwartet; womöglich deshalb, weil das Interesse für ihr eigenes Wunschdenken in der Regel von ihr selbst kam.
Nachdenklich wandte 150 den Blick ab, um erneut die Versammlung unter ihren Pfoten zu betrachten. In 093‘ Frage lag ein gewisses Gewicht; sie schien bedeutsam und 150 wollte die richtigen Worte wählen, um sie zu beantworten.
Ich kenne nur dieses Leben; die Dinge außerhalb des Labors wurden mir nur durch Erzählungen weitergetragen. Kann ich also wirklich behaupten, ein Verlangen nach einem Ort zu haben, welchen ich nie mit eigenen Augen erblickt habe?
Doch dann lächelte sie. Und in ihrem Lächeln lag eine unbeschreibliche Sehnsucht. Als sie fortfuhr, sah sie 093 aus vielversprechend leuchtenden Augen an:
Dort draußen soll es riesige Mengen an Wasser geben. Wüsten aus Salzwasser. Ich möchte meine Pfoten in ewiges Blau strecken, die Hitze der Abendsonne auf meinen Wangen spüren.
Dann traf sie eine gewisse Traurigkeit; die Gewissheit, das das Meer nichts weiter bleiben würde als das, was es gerade für sie war – eine Erzählung.
Wenn dich deine Pfoten in die rechte Hülle tragen werden, 093, egal, wie viele Monde bis dahin vergehen – und wenn du dort stehen wirst, die Zehen in nassen Sand gegraben, dann bitte ich dich um eines; denk an mich. Denn vielleicht wird mich dein Gedanke allein etwas näher an jenen Ort bringen.
Sie lächelte. Ein dümmlicher Wunsch angesichts der Tatsache, dass sich die beiden Experimente erst seit kurzer Zeit kannten.
Doch kommen wir zu dir zurück. Wenn die Geschichte des Labors abgeschlossen ist, wo wird dich dein Weg dann hinführen?

093 gierte nach mehr, als das, was die Nackte ihr bieten konnte – jene Gefühle und Eingebungen der Unterwelt, welche sich 150 eröffneten und sie tagtäglich begleiteten. Doch selbst der Nackten blieb mehr verweigert. Selbst ihr war das Ausmaß der Unterwelt nicht bekannt.
Sie schenkte dem Schatten daher ein entschuldigendes Lächeln.
„Wie soll ich der Unterwelt nah sein, 150?“
Die Nackte schmunzelte. Es war schwer, ihren Neid zu begreifen, wenn man nicht selber an der unsichtbaren Leine hing, welche die Unterwelt um ihren Hals geschnürt hatte. Sie durfte sich in ihrer Präsenz baden, doch war es die Sterblichkeit, die sie davon abhielt, einen Schritt tiefer zu gehen. Die Sterblichkeit band sie an die Welt, in welcher sie sich gerade befand.
Du bist dem Tod einen Schritt näher als ich; als die meisten hier.“ Sie deutete mit der kahlen Pfote auf die Versammlung unter ihr. „Das bringt dich auch der Unterwelt näher. Es würde mich brennend interessieren, welche Dinge sich jemandem wie dir offenbaren würden, wärst du mit meiner Verbindung zur Finsternis gesegnet. Womöglich könntest du ihr vollständiges Potenzial auskosten.
Weiter ging sie auf diese Möglichkeit nicht ein. Sie wollte nicht darüber nachdenken, dass sich die Finsternis womöglich für einen falschen Propheten entschieden hatte.
“Du wirst dem Licht begegnen.“
Vielleicht. Vielleicht würde man sie auch mit ewiger Leere strafen.
Sie ließ sich ihre Sorge allerdings nicht anmerken und schenkte 093 stattdessen ein dankbares Nicken.

Und da war es. Jener Moment, auf welchen 150 derart begierig gewartet hatte.
„150“, begann der Schatten und die Nackte konnte nicht anders, als sich weiter vorzubeugen, die Ohren beinahe schmerzhaft gespannt.
Die Wahrheit.
093 erzählte von ihrem ersten Leben, ihrer Stärke, ihrem Dasein einer ehrenvollen Kriegerin; ihrem Körper.
Sie weihte die Nackte ein in ihren Absturz, den Schmerz, die Verbitterung; das ewige Spiel mit 200..
150 horchte jedem ihrer Worte ehrfürchtig, wie ein kleines Kätzchen, welchem man Geschichten über Helden vergangener Tage erzählte. Sie schwieg, wagte es nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben, während der Schatten sich in seiner Vergangenheit verlor, verlorenen Schmuck an ihrem Körper aufleuchten ließ.
Doch eines blieb der Nackten während jener Erzählung besonders hängen; beinahe schmerzhaft hatte es sich ihr ins Gewissen gebrannt, verboten, und auf irgendeine Weise doch hoffnungsvoll. Ein Name, der den Schatten zu mehr machte als einer einfachen Nummer.
Alma.
Keiner der Experimente hatte 150 bisher eingeweiht in die Geheimnisse außerhalb des Labors; in vergangene Identitäten, vergangene Leben.
093‘ Namen zu hören weckte etwas in der Nackten, eine ferne Erinnerung.
Und ihr wurde bewusst, wahrlich bewusst, was das Labor der einstigen Kriegerin genommen hatte. Was sie jedem stahl, der das Unglück fand, dort, im ewigen Grau eingesperrt zu werden.
Ihr Blick wanderte zurück hinab, zu 001‘ Leiche und dem jämmerlichen Anblick, den der einstige Führer da bot; ein Symbol des Labors.
150 fasste einen Entschluss. Da, in jenem Moment, erwachte sie.
Wir sind mehr, als unsere Hüllen“, begann sie schließlich, nachdem 093 geendet hatte. Mit neu entbrannter Entschlossenheit sah sie den Schatten an. „Mein Leib, er unterscheidet sich nicht von deinem. Ein sterblicher Käfig; doch ist es nicht das, was uns ausmacht. Wir sind mehr. Alma wurde damals nicht getötet, man hat ihr nur ihre Hülle genommen.
Verstehst du nicht? Sie ist immer noch hier. Du bist immer noch Alma. Egal, in welchem Körper du wandelst. Selbst die Dunkelheit wird dir das nicht nehmen können.

150‘ Herz donnerte laut gegen ihren Brustkorb, spornte sie in der Aufregung an, welche ihren Körper erfasste.
(Sie war erwacht.)
Wir sind mehr als unsere Hüllen“, wiederholte sie eindringlich, „Und -
Sie zögerte. Doch weshalb? Dort oben gab es niemanden, der sie aufhalten konnte.
001 war gefallen und seine Anhänger erwartete nichts weiter, als das selbe Schicksal. War das der Vorgeschmack auf Freiheit?
- wir sind mehr als einfache Nummern.
Ich möchte dich nicht länger 093 nennen.

Da, die Worte hatten ihren Mund verlassen. Ihre Wangen brannten, die Aufregung schien ihren Körper, ihren Geist aufzuheizen. Die Geflügelte hatte ihr die Augen geöffnet.
Die ferne Erinnerung fand in jenen Sekunden an Stärke wieder. Klar und deutlich hallte sie in ihrem Kopf wider.
Alma“, sprach sie, in ihren Augen spiegelte sich Vorsicht wider. Würde man es ihr gestatten, die Kriegerin beim Namen zu nennen?
Mein richtiger Name ist Re.

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 001; 200 & anhänger; andere experimente

@shahar

#nacktundbeflügelt
#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyFr Apr 29, 2022 8:12 pm


150 „Re“

007 posts | word count: 1148
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
„Ich habe 200 nie angeboten, eine Kriegerin im Dienste des Systems zu sein.“ Ah, beruhigende Worte, die 150 lediglich bestätigten. Sie hatte Recht gehabt, was den Schatten anging (wie so oft; sie prahlte gerne mit ihrem Gespür für ihre Kameraden) doch gewiss bedeutete jenes nicht, dass sie sich auch tatsächlich in Sicherheit wiegen konnte. Ja, 001 war nicht der, oder sagen wir, das einzige, welchem man seine Loyalität versichern (schulden?) kann. Sei es nun ein eigenes Ego, Machtgelüste,  gar der Tod – das Labor bot viele Schubladen, in welches man sein Gewissen stopfen konnte. 093‘ Hingabe für den Tod galt es, auszukundschaften – zu durchschauen, wie tief die Wurzeln wahrlich gingen. Die Nackte besaß eine eigene Faszination für die Welt jenseits, sie war dankbar; ein treuer Gefolge. Doch hielt sie an ihrem eigenen Leben fest; selbst ihre Loyalität würde sie nicht in den Tod zwingen.
Doch wie es wohl war, als unsterblicher Geist durch die Hallen zu wandern? Ob es in Wahrheit wohl nicht etwa der Glaube an den Tod war, der 093 auf ihrem all ewigen Weg begleitete, sondern der Wunsch, ihn endlich kosten zu dürfen?
(Sterblichkeit.)

150 sah auf die Katzen unter ihr hinab und malte sich deren Leben in ihrem eigenen kleinen Köpfchen aus. Egal, für welchen Weg sie sich entschieden hatten; egal, wer sie auch immer beschlossen hatten, zu sein, am Ende wurden all jene zahlreichen Körper von ein und denselben Pfoten zu 001‘ Zelle getragen. Es war schon durchaus lachhaft, wie sehr sich jeder einzelne von ihnen wand, sich verbog mit dem bitteren Verlangen, der Eintönigkeit des Alltags zu entkommen. Doch wo hatte sie es hingeführt? Dort, weit unter 150 milchigen Augen. Sie glänzten; und für den Bruchteil einer Sekunde verstand die Nackte.
Ja, dort oben, weit weg von der gesichtslosen Masse, fern ab von 200 und der Leiche des Führers, fühlte sie sich aufrichtig glücklich.
Ob einer der Versammelten wohl ihre Gedanken erspähen konnte?
„Ich kann dir zweifellos versichern, dass ich kein wünschenswertes Dasein führe. Mein Innerstes ist kalt und leer geworden im Laufe der Mond“, gab der geflügelte Schatten da von sich und lenkte 150‘ Aufmerksamkeit zurück auf ihre eigene Gesprächspartnerin.
Verständnisvolle Augen begegneten dem müden Lächeln ihres Gegenübers.
Du hast mein Mitgefühl“, erwiderte die Dreiäugige schließlich. Worte, die man im Labor nur selten zu hören bekommen wollte. Wie oft war 150 selbst an ihnen beinahe erstickt?
Sie sah in dem, was 093 ihr da offenbarte – ihren Gefühlen, nichts verwerfliches; in der Düsterheit, die ihre Worte begleitete, keine Schwäche. Doch sie konnte nur hoffen, dass die Geflügelte jenes auch erkannte. Irgendwie, auf eine seltsam verkorkste Weise, stand sie auf ihrer Seite.
(Sie verstand.)
Doch nicht nur aufgrund deines unsterblichen Schicksals. Schau dich um.“ Ihr kahles, großes Ohr zuckte in Richtung der versammelten Masse. „Wie kann ein Geist sich inmitten dieser grauen Leere schon glücklich schätzen?
Kurzes Zögern, ehe 150 durchatmete und den Blick auf den Laborboden heftete, welcher ungemein weit entfernt schien. Ein Abgrund.
Ich weiß nicht, was du dieser Welt bereits alles entnehmen konntest, 093. Aber mein eigenes Leben bestand bisher aus nichts weiterem als dem hier. Den Gängen, den Zellen; ewiges, kaltes Grau. Und – versteh mich nicht falsch – ich genieße mein Dasein. Ich mache das Beste daraus. Doch reicht ein Leben für dieses [b]Chaos. Mein nächstes möchte ich hier nicht verbringen. Nicht so.[/b]“
Ihre eigenen Worte brachten sie ins Grübeln. Selten sah man die Nackte derart ehrlich. Zwar gehörte sie nicht zu 001‘ Anhängern und den miserablen Gestalten, die das Labor und die Forscher anbeteten, doch zeigte sie sich für gewöhnlich nicht abgeneigt von ihrem Dasein in Gefangenschaft. Sie wusste, wie ihre Chancen außerhalb dieser stählernen Wände standen.
Und dennoch; während sie sich in 093 und
(ihren Fluch)
ihre Fähigkeit hineinzuversetzen versuchte, kam sie nicht umhin, das erste Mal seit langem über Freiheit zu fantasieren.
Sag, 093, suchst du dir deine Körper bewusst aus?“, fragte sie schließlich weiter und musterte den Schatten mit einer Spur sehnsüchtigen Interesse. „Weshalb bist du jetzt hier, neben mir, und nicht dort draußen – da, wo der Wind deine Wangen küsst?

Neid. 150 hatte nicht gedacht, jemals aufrichtig von einem anderen Experiment beneidet zu werden. Zu hören, was 093 über die schwarze Materie dachte, löste eine wohlige Wärme in ihrer Brust aus.
(„Ich kann nicht anders, als dich für deine Verbindung zu beneiden.“)
Es fällt mir tatsächlich schwer, sie zu beschreiben. Die Unterwelt“, gab sie schließlich zu, wenngleich das Interesse der Geflügelten ihr schmeichelte – sie anstachelte. Ihre rosigen Pfoten begannen zu prickeln und sie musste sich davon abhalten, ihre Klauen in freudiger Erregung auszufahren.
Kalt? Warm? Lass mich dir eines sagen; das, was sie eindeutig ausstrahlt, ist Trost. Sie berührt mein Herz. Eine ferne Finsternis, ein Ort der Vollkommenheit, fernab des sterblichen Schmutzes. In einer Sache muss ich auch dich beneiden, werter Schatten. Du bist der Unterwelt näher, als ich es jemals sein werde. In mir pulsiert die Verbindung zu ihr, sie zerrt an meinen Sinnen, doch verbleibe ich sterblich. Und irgendwann, wenn der letzte Atemzug meine Lungen verlassen wird, so wird sich auch die Finsternis von mir verabschieden.
Jene Vorstellung – eine Tatsache, welche 150 bisher nicht laut auszusprechen vermocht hatte – brach ihr derart das Herz, dass sie für einen Moment den Blick abwenden musste.
Wenn der Tod mich heimsuchen kommt, werde ich allein sein.

„Es gibt nichts, das mir noch Trost spendet“, erklärte 093, doch der Klang ihrer Stimme hatte sich verändert; als würde erst jetzt ein Funken Wahrheit durch die Fassette sickern, welche ein fremder Körper nun mal mit sich brachte. Ja, der Schatten sprach die Wahrheit, doch war jene Wahrheit derart lieblos, derart kalt, dass 150 nicht anders konnte, als zu frösteln. Zum ersten Mal fand sie in 093‘ pupillenlosen Augen etwas, das sie beim Namen nennen konnte. Endlose Traurigkeit.
Es schien, als wäre etwas in der Geflügelten erwacht; etwas, das zuvor geschlummert und sie vor der Bitterkeit ihres eigenen Schicksals bewahrt hatte.
Für einen kurzen Moment befürchtete die Nackte, 093 würde sich wortlos in die Tiefe stürzen. Doch – o weh! - würde das ihr Dasein nicht beenden. Ob sie sich in einen anderen Körper hineinschleichen würde?
150‘ Sinne waren geschärft; sollte 093 den Schritt wagen und sich in den Abgrund befördern, würde die Materie sie auffangen. Das war gewiss. Sie wollte sich noch ein wenig weiter mit dem Schatten unterhalten; in diesem Körper. Ob sie sich überhaupt an jenes Gespräch erinnern können würde, sollte sie die sterbliche Hülle tauschen?
Und da schlich sich noch etwas unter den Schatten, der sich auf 093‘ Gesicht ausgebreitet hatte. Etwas, das 150 auf eine seltsame Art verängstigte und die Geflügelte drohte, zu verschlucken; der Nackten zu entreißen.
Also räusperte sie sich laut.
093?“, flüsterte sie und beugte sich zu dem anderen Experiment. Wachsamer Augen versuchte sie, 093‘ Blick wieder aufzufangen.
Erzähl mir von dir, 093. Nicht von dem Körper, in dem du dich gerade befindest. Was macht dich aus?
Was hat dir in deinem Leben Trost gespendet?


*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 200 & anhänger; andere experimente

@shahar

#nacktundbeflügelt
#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Apr 24, 2022 12:34 pm


150 „Re“

006 posts | word count: 1499
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes

150 glaubte nicht, dass die Geflügelte sich jemandem tatsächlich so leicht hingab, wie es die Wächter und Vertrauten zu tun pflegten; dass sie einem selbsternannten Führer (oder dem, was von ihm übrig geblieben war) nicht etwa nachhoppste wie ein naives Hoppelhäschen. Sie schien Hirn zu besitzen; einen eigenen Willen und eine damit verbundene Gewissheit darüber, dass man im Leben – nun – im Regelfall auf nur eine einzige Person wahrhaftig zählen konnte. Sich selbst. Hah! Es hätte sie doch ungemein enttäuscht, hätte sich der Schatten als 200‘ aufrichtiger Anhänger entpuppt.
„Du liegst richtig, ich bin keine Anhängerin eines fehlgeleiteten Glaubens. Eines Anführers.“
Da waren die süßen Worte, nach denen die Nackte derart gelechzt hatte. Sie mochten zwei unterschiedliche Charaktere sein; zwei unterschiedliche Seelen, doch in einem schienen sie sich zu ähneln. Gleichgesinnte – eine leichtgläubige Hoffnung, welche in der Kälte des Labors nur selten zu keimen schien.

093 schien – für einen kurzen Augenblick – wieder hinein zu versinken in eine Welt, die der Dreiäugigen fremd war. Sie kam nicht umhin, so etwas wie Eifersucht zu empfinden. Oh, wie gerne hätte sie gesehen, was sich vor 093‘ geistigem Auge abspielte, während sie die Pfote in die Leere erhob! Interessiert zuckte sie mit dem kahlen Ohr, äußerte ihren Neid jedoch nicht. Sie dachte an ihre eigene Verbindung, die schwarze Materie, die in ihrem Herzen zu pochen schien, verankert, und glaubte, verstehen zu können, was sich da in dem schwarzen Köpfchen abspielte.
„Denkst du wirklich, dass es mir um einen persönlichen Vorteil geht?“, antwortete 093 und grinste die Nackte dabei an wie man es bei einem Jungen tat, welches gerade gefragt hatte, warum der Himmel blau war. 150 erwiderte das Lächeln mit ruhigem Gewissen. Wenn sie falsch gelegen hatte, so würde sich der Schatten sicherlich erklären.
Und so war es auch – ja! - 093 erzählte ihr von dem Spiel, welches die beiden Katzen miteinander trieben, und egal, wie harmlos jenes auch klingen mochte, 150 verstand, dass sich da mehr dahinter verbarg. Glich 200 einer Rivalin? Einem Gegner, ohne welchen man nicht zu leben vermochte?
Die Nackte konnte der Beziehung zwischen dem Schatten und 001‘ Witwe nicht ganz auf den Grund gehen; einen solchen Part besaß sie in ihrem Leben nicht und sie war sich auch nicht sicher, ob sie jenes beneiden konnte. Doch tat sie ihr bestes, zu verstehen. Und irgendwie, auf eine seltsam verdrehte Weisen, verstand sie auch, weshalb 093 eine derartige Partie in ihr Leben ließ.
200 wird sich für deine Loyalität wohl kaum bedanken, ganz gleich, wie lange sie andauert“, erwiderte sie dennoch und zuckte die Schultern. „Du weißt ebenso gut wie ich, wie die Dinge hier im Labor laufen. Loyalität wird nur so lange geschätzt, nein, akzeptiert, bis ihnen der Nutzen ausgeht.
150 hatte es einst versucht; gute Miene zu bösem Spiel zu machen, doch hatte man sie kaum ernst genommen. Was sollten die tapferen Ritter des Königs denn auch schon mit einer jämmerlichen Kreatur wie der Nackten?
Ihre Mundwinkel zuckten kurz, für den Bruchteil einer Sekunde verfinsterte sich ihre Miene. Oh, wenn sie nur wüssten.
Doch der Schatten wich ihren Zügen, so schnell, wie er gekommen war. Gelassen schnippte sie mit der kahlen Schweifspitze.
Aber ich verstehe deine Beweggründe. Das Leben hier wäre doch so ungemein langweilig, wenn man nicht mit einem Hauch von Risiko durch die Flure wandert.
Ein dümmliches Spiel – Ton, der sich verformen ließ. Ihre Geister waren nicht mehr als das.

Als 093 von ihrer Gefangenschaft berichtete, füllte – tatsächlich? - Mitleid ihre bleichen Augen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es wohl war, gebunden zu sein an eine Existenz, die nicht über den Zwischenraum von Leben und Tod hinausreichte; nichts zu sein als eine entfernte Erinnerung an etwas, das nie Wurzeln geschlagen hatte in der hiesigen Welt. Wortlos wandte sie den Blick ab um 093 die Wahrheit ihrer Gedanken nicht zu offenbaren; immerhin waren Augen ein Spiegelbild der eigenen Seele! 150 kümmerte sich selten aufrichtig um ihre Mitkatzen, doch der Gedanke, keinen Körper ihr Eigen nennen zu können, entlockte selbst ihr eine Trübheit, die sie nicht in Worte fassen konnte.
Mit einem Mal war sie äußerst dankbar für den nackten Leib, in welchen sie hineingeboren worden war; ihr Zuhause.
Augenblicklich schüttelte sich das dreiäugige Experiment jegliche Gedanken aus dem Schädel, welche mit jenem Kummer gleichzusetzen waren. 093 zeigte sich immerhin nicht deprimiert angesichts ihres eigenen Schicksals – weshalb sollte 150 also ihren eigenen Geist dafür verschwenden?
Die Nackte schnaufte kurz durch, ehe auch schon ein neugieriges Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. Denn ja, Neugierde war es, welche sie überhaupt so weit gebracht hatte. Und im Endeffekt überwog sie jede noch so kleine Sorge.
„Du kannst all die Fragen, die dir auf der Zunge brennen, ruhig stellen.“
Da war sie! Die Einladung, auf welche 150 sehnlichst gebrannt hatte. Nun musste sie sich nicht mehr mit der Sorge herumschlagen, 093 womöglich zu vergraulen. Sie hatte ihr die Erlaubnis gegeben; und die Nackte lechzte danach, mehr zu erfahren. Doch sie würde warten; ihr Blick sprang zurück zur Versammlung, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf 093 zurück lenkte.
Sie würde die Fragen stellen, die in ihrer Brust pochten, bereit, ihre Luftröhre empor zu kriechen – aber nicht hier.

Oh? 150 schien wohl nicht die Einzige zu sein, die sich derart zu ihrer Verbindung zur Unterwelt begeisterte. Welch angenehme Abwechslung, das interessierte Leuchten nicht etwa in den Augen ihres eigenen Spiegelbildes zu entdecken!
Die Nackte kam nicht umhin, zufrieden zu schnurren. „Erzähl mir mehr davon“, verlangte das andere Experiment und gewann sogleich 150‘ vollkommene Sympathie. Ja, wie leicht war sie um den Finger zu wickeln, wenn man nur das richtige Interesse zeigte!
093 hatte sich als würdig gezeigt. Noch ehe die Nackte ihrer Bitte nachgehen würde (denn ja, erzählen konnte sie viel, und lange – das Gespräch würde ihr also nicht davonlaufen!) beschloss sie kurzerhand, dem anderen Experiment eine Kostprobe ihrer Fähigkeit zu schenken.
Während sie sich abwandte und – dank der schwarzen Materie – den Weg empor zu den Rohren emporklomm, verschwendete sie keine Sekunde mit der Frage, ob 093 ihr tatsächlich folgen würde. Jedes Mal dann, wenn die Verbindung zur Unterwelt in ihrer Stirn pochte; das dritte Auge aufleuchten ließ, vergaß sie für einen kurzen Moment jegliche Eindrücke ihrer Umgebung. Es gab nichts reineres, nichts intimeres als den Moment, wenn ihre Pfote die Schwärze berührte.
So dachte die Nackte also auch nicht darüber nach, ob 093 nicht einfach ihre Schwingen benutzen könnte, um sich zu ihr empor zu gesellen.
Doch tat es ihr der Schatten gleich; nutzte die blubbernden Tentakeln, um ihr zu folgen und sich schließlich neben ihr auf der Rohrleitung niederzulassen.
Für 093 schien es ein deutlich aufwendigerer Umstand zu sein, sich in den Spalt zwischen Decke und Rohr zu zwängen. Die Nackte beobachtete sie ruhig, bis sich schließlich auf die Schultern der Geflügelten entspannten, ehe sie sanft lächelte.
Kannst du sie nutzen – die Fähigkeit der Körper, die du einnimmst?“, fragte sie ruhig. Frage Nummer Eins!
Was ich dafür tun würde, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie du deinen Alltag beschreitest. Zu wissen, wie es wohl ist, in fremden Körpern zu erwachen. Ich bin ehrlich mit dir, 093, ich kann dich nicht beneiden. Ich hätte an deiner Stelle wohl fürchterliche Angst, das kann ich zugeben – aber deine kleine Seelenwanderung erfüllt mich doch mit Neugierde.
Und dabei stand sie zu jedem Wort, das ihre Lippen verließ. Sie glaubte, einen Punkt erreicht zu haben, an welchem sie wahrhaftig ehrlich sein konnte.
Nicht, dass sie sich davor davor gefürchtet hätte, ihre Emotionen preiszugeben. Die Nackte machte sich nichts daraus, wenn sie zu lesen war wie ein offenes Buch.
Das Leuchten ihres dritten Auges verklang, als sich die schwarze Masse zurück in den Boden verkroch und verschwand, als wäre nie etwas gewesen. Die beiden übrigen, lebendigen Seelenspiegel hingegen richteten sich auf die Versammlung unter ihnen. All diese Experimente, mit ihren eigenen Leben, ihren eigenen Wünschen.; verschmolzen in einer nichtssagenden Masse.
Ob sich 001 wohl so gefühlt hatte? Hoch erhoben, weit weg von seinen Untertanen?“, mutmaßte 150. Hätte man es nicht besser gewusst, hätte man meinen können, sie sprach mit sich selbst. „Welch Ironie, dass er nie dazu in der Lage war, sich tatsächlich in die Luft zu erheben. Hier oben wirkt jeder Leib klein, unbedeutend. Auch seiner.
Die Nackte lächelte zufrieden, ehe sie die Thematik über den verstorbenen Führer auch schon hinter sich ließ. Zurück also zu den wichtigen Dingen in ihrem Leben - sie selbst.
Die Hölle, wie du sie nennst, sie ist ein Teil von mir. Sie ist das einzige, das mir seit meiner einsamen Geburt treu geblieben ist. Die Materie; sie gleicht Fühlern, die mir ein Gefühl dafür geben, was sich unter unseren Pfoten abspielt. In einer fernen Welt, in welche wir früher oder später einkehren werden.
Viele haben Angst vor der Finsternis, doch ich begegne ihr mit Vertrauen; sie tröstet mich.

Das Lächeln auf ihren Lippen wandelte sich, erhielt einen beinahe müden Ausdruck. Schließlich wandte 150 den Blick ab, weg von der gesichtslosen Versammlung unter ihr und zurück zu 093. Der Seelenwanderin.
Was tröstet dich nachts, 093? Sind es die Seelen, deren Leiber du genommen hast?
In ihren Worten lag kein Vorwurf. Sie erhoffte sich lediglich, einen Einblick in 093‘ Gedankenwelt zu erhaschen. Oh, Aufrichtigkeit war etwas so schmerzhaft seltenes.

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 200 & anhänger; andere experimente

@shahar

#nacktundbeflügelt
#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyMo Apr 18, 2022 5:21 pm


150 „Re“

005 posts | word count: 1899
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
Gewiss entging es 150 nicht, wenn sie anderen Experimenten mit ihrer unbekümmerten Art Unbehagen bereitete. Meist handelte sie, noch ehe sie näher darüber nachdachte – aber warum denn auch? Sie führte immerhin nichts böses im Schilde! Daher ließ sie sich von 093‘ wachsamen Augen und ihrem gesträubten Nackenfell nicht beirren.
Sie wollte doch nur einen Blick auf die Erscheinung werfen, die die Umrisse des Schattens zierten. Es hatte etwas geisterhaftes an sich, so, wie die Perlen da funkelten und auf eine seltsame Weise auch nicht; schließlich waren sie ja nicht wirklich existent.
Was wohl passieren würde, wenn 150 einfach die Pfote nach ihnen ausstreckte? Ja, sie war unbekümmert, aber besaß sie ausreichend Respekt für 093, um ihr nicht derart nahe aufzurücken.
Für den Augenblick musste sie sich also gedulden; konnte das Schauspiel aber mit einem knappen, wenn auch ausdrucksstarken Wort betiteln.
Jenes Wort brachte auch die Geflügelte dazu, sich wieder zu entspannen. Sieh einer an! Erkannte sie endlich, dass 150 reine Absichten hegte? Sie verurteilte sie nicht für das Misstrauen, das sie ihr zunächst an den Tag gelegt hatte aber sind wir mal ehrlich – wer konnte die Nacktkatze schon wirklich als ernstzunehmende Gefahr ansehen?
Ein sanftes Lächeln stahl sich über ihre Züge.
Nun jedenfalls schien sich der Schatten doch etwas entspannt zu haben. Eine gewisse Wärme ging von ihr aus; vielleicht hatte das Kompliment doch mehr berührt, als zunächst gedacht.
Dennoch kam 150 nicht umhin, sich zu fragen, was da noch in ihrer Gesprächspartnerin schlummerte. Ah, die Wissbegier!

„Was lässt dich glauben, solche Worte in meiner Gegenwart aussprechen zu können?“, mahnte der Schatten sie, und – oh! - für einen kurzen Moment glaubte die Nackte, es tatsächlich mit ihr verspielt zu haben. Das milde Lächeln, das ihre pupillenlose Augen umspielte, bestätigte allerdings das Gegenteil. Die Art und Weise, wie 093 ihre Worte gewählt hatte, hätten einen fast schon glauben lassen können, die Nacktkatze würde sich mit einer alten Seele unterhalten – dabei war der Schatten doch der jüngere der Beiden! Ob beabsichtigt oder nicht, jene Feststellung ließ 150 leise kichern; leicht, unbesorgt. Sie konnte nicht ahnen, das sich hinter einem harmlosen Eindruck womöglich mehr verbarg, als zunächst gedacht. Noch nicht.
Ich kann es nicht ganz sagen, 093, aber du gibst mir nicht jenes Gefühl von fanatischer Loyalität wie 200 und ihrem Gefolge“, erklärte sie sich schließlich, pausierte, ohne wirklich einen Grund dazu zu haben, ehe sie mit zuckenden Schnurrhaaren fortsetzte: „Das soll übrigens als Kompliment gemeint sein, ehe du auf die Idee kommst, mir mit einem Flügeln eins über’s Ohr zu wischen.
Ob ein derartiger Schlag tatsächlich schmerzen würde? Prüfend wanderte 150‘ blasser Blick zu dem Gefieder, welches die Flanken des Schattens zierte. Sie sahen zerbrechlich aus, waren aber gewiss nicht mit den Flügeln einer kleinen Taube zu vergleichen. Die Dreiäugige ließ es lieber nicht darauf ankommen – Federn hatten die unangenehme Angewohnheit, im Maul kleben zu bleiben!
Allein der Gedanke daran löste ein Kratzen in 150‘ Rachen aus. Sie räusperte sich kurz.
Nenn es ein gesundes Gespür für unsere werten Mitkatzen, oder glückselige Naivität – aber manche Individuen lassen sich besser lesen als andere. Wärst du tatsächlich einer von ihnen, nun, dann wäre unsere Unterhaltung doch gar nicht erst so weit fortgeschritten, oder?
Ihre Frage endete mit einem kurzen, unbeeindruckten Schulterzucken. 093 musste ihr nicht zustimmen, um sie wissen zu lassen, dass sie recht hatte.
„Du hältst in der Tat deine – haarlose! – Pfote ins Feuer.“
150 blinzelte, augenscheinlich aufgebracht, ehe sie ihre linke Pfote anhob und ihre kahlen Zehen betrachtete. Sie dachte an einen dümmlichen Witz, doch kam ihr das andere Experiment zuvor:
„Bevor ich die Ehre hatte, dich kennenzulernen, 150, habe ich mit 200 gesprochen. Ich habe ihr meine unerschütterliche Treue zugesichert, bin zu einem Schatten des Todes geworden.“
Ihre Worte ließen 150‘ Aufmerksamkeit augenblicklich zurück zu der Geflügelten springen. Stimmt, jetzt, wo sie drüber nachdachte – sie hatte den Schatten zuvor vorne bei der Witwe stehen sehen. Prüfend musterte sie ihre Züge, fing dabei ihren nichtssagenden Blick auf.
Hatte man sie hinter’s Licht geführt?
Die Nackte legte den Kopf schief, ließ ihren Gegenüber dabei für keine Sekunde aus den Augen, ehe ihre Mimik auch schon aufweichte und sie erneut schmunzelte.
Ich habe meine Grenzen bereits des Öfteren ausgetestet. Du hast Recht, manchmal war das Glück mir nicht hold und ich bin an die falsche Partie geraten. Doch stehe ich jetzt immer noch vor dir – in einem ganzen Stück.
Ihre Worte wurden von dem belustigten Beben ihrer Schnurrhaare begleitet, wenngleich sich nichts wirklich witziges hinter dem Gesagten verbarg.
Ich stehe zu meinen Worten, 093, und ich glaube nicht, mich in dir getäuscht zu haben. 200 mag deine Treue haben, aber was erhältst du im Gegenzug? Findest du Erfüllung in deinem neuen Dasein als Todesschatten?
Was auch immer das bedeutete.
150 richtete sich auf, allerdings nur, um sich ausgiebig zu strecken. Ugh, der kalte Boden ließ ihre Beine steif werden.

„Natürlich verstehst du nichts!“
War der Schatten enttäuscht? Hätte 150 ihre Worte mit anderer Bedacht wählen sollen? Doch wollte sie ihrer neuen Bekanntschaft nichts vormachen; weshalb ihr Wissen vorgaukeln, wenn sie keins besaß. Die Nackte sah 093 ruhig an und – ja! - ihre Zurückhaltung wurde gelobt. Die Geflügelte begann tatsächlich zu reden; öffnete 150  eine Tür. Was verbarg sich hinter ihr?
Erneut schimmerte geisterhafter Schmuck auf ihrem sterblichen Körper auf; mit neugierig geweiteten Augen beobachtete 150, wie sie dort an ihrem Leib funkelten, ohne dabei tatsächlich das falsche Licht der Flure widerzuspiegeln.
Was wohl passieren würden, wenn sie die Materie nach den Perlen fassen ließ? Würde sie sie spüren können?
„Dieser Körper, 693, Raven“, begann 093 derweil, zu erklären, „Sie ist nur eine unter vielen Toten, denen ich den Wunsch erfülle, in dieser Welt zu verweilen.“
Oh?
150‘ Ohren zuckten, ihre Aufmerksamkeit löste sich mit einem Mal von der geisterhaften Erscheinung und kroch zurück zu den Gesichtszügen ihres Gegenübers.
Sie konnte nicht sagen, ob 093 versuchte, ihr ihre Fähigkeit tatsächlich schmackhaft zu machen. Es klang zumindest barmherzig; eine weitere Option neben dem altbekannten „Leben oder Sterben“.
Doch während sie ihre Erzählung fortsetzte, kam 150 nicht umhin, zu hinterfragen, wie glorreich es tatsächlich war, als – ja, was eigentlich? Besucher? - durch die Flure zu wandeln, in einem Körper, welcher einem nicht gehörte.
Es war traurig, auf eine seltsame Art. Die Nackte versuchte jedoch, zu verbergen, wie sie zu dem Gesagten tatsächlich stand. Sie wollte 093 nicht beleidigen; womöglich badete sie sich ja tatsächlich in reinem Stolz, so wie 150 es selbst tat, wenn sie über ihre Fähigkeit sprach.
So zwang sie sich also zu einem offenen Lächeln; fast schon dankbar angesichts dessen, dass man sie soeben tatsächlich in die Hintergründe einer fremden Fähigkeit eingeweiht hatte.
Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen. 150 suchte die richtigen Worte, beschloss dann allerdings, einzig das auszusprechen, was ihr gerade durch den Kopf spukte.
Du bist also tot?
Sie konnte nicht sagen, warum sie sich ausgerechnet in jenem Detail verfangen hatte. Ob das andere Experiment zuvor gestorben war, tat im Endeffekt immerhin nichts zur Sache – das Labor bot zahlreiche Möglichkeiten, den Tod zu umgehen! 150 betrachtete den geflügelten Leib vor ihr und schien allmählich zu verstehen. Ja, sie hatte sich nicht geirrt – dort verbarg sich tatsächlich eine alte Seele.
Sie betrachtete erneut die geisterhaften Perlen und fragte sich, wie es wohl sein musste, tagtäglich das Fragment aus einem früheren Leben vor der Nase zu haben, ohne es tatsächlich greifen zu können; unantastbar wie eine ferne Erinnerung.
Und – Raven, ist sie gerade… hier?“, fragte sie weiter, versuchte, über den blassen Anschein des Schmuckes hinauszusehen in der Erwartung (Hoffnung?), die Umrisse einer Katze auszumachen. Aber, nein, es machte keinen Sinn, immerhin stand Raven ja vor ihr.
Ihr Leib, gewiss“, beantwortete sie sich selbst die Frage und schüttelte den Kopf, lachte angesichts ihrer Dummheit. „Aber ich meine – ihr Geist?
Es gab so viele weitere Fragen, die ihr aus dem Maul hätten purzeln können – doch hielt sie sich zurück. 093 müsste ihr die Erlaubnis geben, weiter nachzuhaken in einem derart persönlichen Anliegen.

Von ihrer eigenen Gabe sprechen zu können bot also eine angenehme Abwechslung, auch wenn sie hoffte, auf 093‘ Geheimnisse zurückkommen zu können.
Diesmal war der Schatten es, der die Fragen stellte. „Eine Verbindung?“
150 nickte vielversprechend. „Ranken zu der Welt, welche unter unseren Pfoten schlummert. Weit entfernt von unserem Erdreich.“ Aufgeregt begann ihr kahler Schweig hin- und herzuschwenken. Ah, über die Materie reden zu können erfüllte sie jedes Mal mit Freude!
Manche sagen, nur die unreinsten aller Seelen nehmen den Weg dorthin, doch ich sehe sie nicht als Hölle. Die Verbindung dorthin pulsiert, sie ist lebendig.
Manche sagten auch, dass 150 ebenso eine Fanatikerin war wie 001, nur sie eine Pseudo-Welt anbetete, statt des Vergießens von Blut. Doch die Nackte ließ sich nicht beirren. Sie zwang ihren Glauben niemanden auf und – hey! - immerhin war es 093 gewesen, die gefragt hat.
150 Augen funkelten fröhlich. Ob der Schatten ihren Worten wohl Glauben schenkte?

„Es hat mir nicht immer Spaß gemacht.“ Beruhigte jene Aussage die Dreiäugige? Sie konnte nicht sagen, auf welche Antwort sie gehofft hatte, doch war auch nicht zu leugnen, dass eine gewisse Erleichterung ihre Züge flutete. Sie war während ihrer Zeit im Labor bereits der ein oder anderen Gestalt über den Weg gelaufen, welche es sich zum Hobby machte, andere (schwächere) Katzen abzuschlachten. 150 konnte sich mit einem derartigen Lebensstil nicht identifizieren. Vielleicht hegte sie deshalb den insgeheimen Wunsch, 093 würde sich ihr in ihrer Einstellung anschließen.
„Mehr noch als das Töten selbst, hat das Beobachten für mich einen gewissen Charme.“
Oh, das war genau das, was 150 hören wollte! Ihre Gesichtszüge hellten sich etwas auf, während sie den Schatten nachdenklich musterte. Wissen konnte gefährlicher sein als die schärfste Klaue – wie viele Geheimnisse hatte die Nackte aufgeschnappt, nur, weil sie ihren Kameraden lieber lauschte, als sie zu bekämpfen!
Beobachten, hm?“, sprach sie, ihr Blick wanderte weiter weg, empor zu den breiten Lüftungsrohren, welche sich quer durch die Decke zogen.
Schließlich stand sie auf.
Ich habe eine Idee. Folg mir.
Und so wandte sie sich zum Gehen, ohne auf die Geflügelte zu warten. Entweder ihre Neugierde würde überwiegen oder – nun, eben nicht.
Gelassen entfernte sich die Nackte ein Stückchen weiter von den Geschehnissen der Versammlung. In den Schatten von aufgetürmten Zellen beschwor die Kätzin schließlich ihren altbekannten Freund; das dritte Auge, sonst starr und nahezu tot wirkend, leuchtete im violetten Schein auf, während sich vor ihren Pfoten eine blubbernde, schwarze Masse bildete.
150 sah nicht zurück, vergewisserte sich nicht, ob der Schatten ihr tatsächlich gefolgt war; ihre Aufmerksamkeit galt allein der riesigen, schwarzen Tentakel, die sich aus den Blasen emporhob.
Das, was sie da trieb, war nicht unbedingt geheim und jedes dahergelaufene Experiment hätte sie beobachten können – was soll’s! Sollten sie sich nur baden in der Schönheit der Materie.
Sie bog sich, wuchs weiter und schlang sich schließlich treppenähnlich bis zu den Röhren über ihrem Kopf empor.
Erst da wandte sie den Schädel, das dritte Auge weiterhin leuchtend, und sah wortlos, mit einem sanften Lächeln zu 093 zurück.
Einen besseren Ort zum Beobachten wirst du nicht bekommen“, schmunzelte sie dann, ehe sie auch schon einen Satz in die Luft machte, auf der untersten Beuge der Tentakel verweilte und von dort aus ihren Weg nach oben erklomm.
Zwischen den breiten Röhren und der Decke bot sich 150 ein schmaler Spalt, in welchem ein Katzenkörper gerade so durchpasste.
Vorsichtig schob sie sich in den Zwischenraum und warf einen Blick hinab; konnte von hier aus jegliche Anwesenden der Versammlung ausmachen.
Ihre Schnurrhaare bebten vor Aufregung.
Die Materie blieb bestehen, für ein paar Augenblicke - sollte 093 sich dazu entscheiden, ihr zu folgen.

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 200 & anhänger

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Apr 16, 2022 6:52 pm


150 „Re“

004 posts | word count: 1647
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
093 zeigte dem dreiäugigen Experiment nicht die Reaktion, die es sich wünschte – und 150 machte sich nicht einmal die Mühe, ihre Enttäuschung anlässlich dessen zu verbergen. Sie konnte es an der Mimik des Schattens ablesen; ihr beiläufiger Kommentar zu ihrem grottenhässlichen Halsband stieß auf – was! - Abneigung? Oh, dabei hatte 150 erhofft, ihre Gesprächspartnerin würde auf das Gesagte näher eingehen. Wenn es etwas gab, das die Nackte noch mehr anbetete, als sich selbst, dann war es jede noch so kleinste Möglichkeit, über sich selbst zu reden!
Doch gewiss, die meisten Bewohner des Labors stolzierten mit von Lügen und Geheimnissen belasteten Schultern durch die Flure. Aufrichtige Offenheit war jenen fremd; man begegnete ihr mit nichts weiter als Missbilligung.
Vertrauen schlug im kalten Grau der Zellen nur schwer Wurzeln. Verschloss man vor dem falschen Kameraden die Augen, so lief man Gefahr, am nächsten Morgen mit offener Kehle zu erwachen. Misstrauen und Skepsis waren daher eine gesunde Reaktion auf Angst.
150 jedoch empfand keine wirkliche Angst, zumindest nicht vor den Katzen, die tagtäglich ihren Weg kreuzten. Sie waren nichts weiter als sterbliche Wesen – ebenso wie sie. Dank ihrer Fähigkeit vermochte sie es, sich in eine Sicherheit zu wiegen, die andere wohl als naiv bezeichnen würden.
Wie schade nur, dass 093 zu der anderen Partie zu gehören schien. Die Nackte versuchte Verständnis zeigen, doch sie tat sich schwer.

Zwischen ihren Worten entstand eine kurze Pause, in welcher der Dreiäugige das vermehrte, fast schon nervöse Ohrenzucken ihres Gegenübers auffiel. 093‘ Aufmerksamkeit schien für einige Herzschläge abzudriften; was ihr wohl gerade durch den Kopf ging? Hatte sie ihre Meinung geändert und plante nun doch, sich einen Happen von ihrem nackten Fleisch zu genehmen?
150 hatte die Geflügelte nicht tatsächlich als verrückt eingeschätzt, doch in jenem Moment war sie sich gar nicht mehr so sicher. Jene Erkenntnis brachte sie nicht wirklich aus der Ruhe (sie erhoffte sich immer noch eine Wendung, in welcher sie dem Schatten detailreiche Ereignisse aus ihrem Leben anbinden könnte) doch sammelte sie sich für den Fall, sollte 093 ihr plötzlich doch an den Hals springen.
„Die Launen der Götter können manchmal seltsam sein“, gab das andere Experiment jedoch schließlich (endlich!) von sich.
Oh – sprach sie die Zweibeiner etwa doch als Gottheiten an? Wie schade. Ob 150 nun eine Lektüre darüber erwartete, wie wundervoll und gütig jene Kreaturen waren, die sie in dieses verdammte Labor gesteckt hatten? Immerhin hatte sie sich das dumme Gefasel schon oft genug von etwaigen anderen Experimenten anhören dürfen.
Sollte dem also tatsächlich so sein, so bevorzugte die Nackte nun doch lieber einen schnellen Genickbruch.
093 zeigte sich jedoch barmherzig. Entweder, weil sie anderen ihren Glauben nicht andrehen wollte, oder weil sich hinter ihren Worten doch nicht so viel Bedeutung verbarg, wie zunächst gedacht. Jedenfalls ging sie nicht weiter auf die Götter ein.
Aber – hah! - wären 150 die Ausmaße der Experimente nicht bekannt, so hätte sie beim Anblick des kurzen Scheins, welcher den pechschwarzen Körper ihr gegenüber zu überlagern schien, vielleicht doch an so etwas wie eine göttliche Erscheinung zu glauben begonnen.
In ihr war ein neues Interesse erwacht; mit neugierig funkelnden Augen richtete sich die Nackte auf und umkreiste die Geflügelte, noch während jene weitersprach. Sie schenkte ihren Worten daher auch keine wirkliche Beachtung (andernfalls hätte sie sich angesichts der Bemerkung über pelzlose Wesen doch recht beleidigt gezeigt), sondern fixierte die geisterhaften Umrisse um 093‘ Hals, welche  an eine Perlenkette erinnerten.
Die Erscheinung verblasste jedoch ebenso schnell, wie sie gekommen war, und ließ 150 keine Zeit, sich einen Reim aus ihr zu machen.
Wunderschön“, konnte sie also lediglich von sich geben; ein nachdenkliches Murmeln, ehe sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf 093‘ milchige Augen lenkte.
Angesichts der Tatsache, dass sich jene über ihre eigene, fähigkeitenbezogene Bemerkung vorhin derart abgeneigt gezeigt hatte, besaß 150 nicht die Hoffnung, dass man sie über das kurze Ereignis soeben aufklären würde.
Sie musste sich jedoch eingestehen, dass die Neugierde, welche in ihrer Brust entfacht war, nun nahezu brannte. Zum ersten Mal seit langem lag ihr Interesse nicht länger bei ihr selbst (nun, besser gesagt: nicht nur) – 093 verbarg etwas weitaus bedeutsameres, als lediglich ihre rabenähnlichen Flügel.
Doch sie stellte keine Fragen; sie befürchtete, 093 würde sich andernfalls von ihr entfernen.

„Speichellecker oder Fanatiker, in der Tat“, stimmte der Schatten ihr zu und für einige Sekunden glaubte 150 tatsächlich, das Blatt gewendet zu haben; 093 zumindest in Bezug auf 001 und seine erbärmlichen Anhänger auf ihrer Seite zu wissen.
Aber glauben reichte nicht aus; Glauben besaß keinen Fuß und im besten Falle würde die Geflügelte ihr hinterrücks die Vertrauten und Wächter anbinden.
Nein, sie musste sichergehen; Gewissheit finden.
093 hatte ebenfalls die Masse beobachtet, ihren Blick schweigen lassen, doch als die Nackte 001‘ Tyrannei ansprach, horchte sie auf.
„Du spielst ein gefährliches Spiel, 150“, lächelte der Schatten. Ah! Da war es – die Bestätigung, die das haarlose Experiment gesucht hatte. Ihre Worte allein genügten, 001‘ wahre Anhängern wären ihr an die Kehle gegangen, noch ehe sie ihren verräterischen Satz beendet hätte.
„...nächstes Mal hast du vielleicht nicht so viel Glück.“
Oh?
Sag bloß, sorgst du dich etwa um einen werten Zellengenossen?“, scherzte 150 und grinste verschmitzt. „Es ehrt mich, wirklich! Aber hab keine Angst. Ich wandere seit meiner Geburt durch diese Flure – irgendwann erhält man ein Gespür dafür, welche Worte man im Beisammensein von gewissen Kameraden in den Mund nehmen darf.
Zumindest redete sie sich das ein. Die Male, in welchen sie sich in ihrem Gegenüber getäuscht und dafür beinahe den Pelz (wenn sie eins gehabt hätte) über die Ohren gezogen bekommen hätte, verschwieg sie.
Und weshalb nicht ein wenig mit dem Feuer spielen? Wenn man nicht mit der Gabe gesegnet wurde, selber eins zu entfachen, dann muss man eben andere Wege finden, um sich in seiner Wärme zu baden.
Oh wow. Wie poetisch.
150 zwinkerte dem anderen Experiment zu. Dessen darauffolgenden Worten konnte sie nur zustimmen.
Es wird ein Blutbad geben, da hast du Recht.
Sie vermied es jedoch, preiszugeben, wie sie zu einem solchen Blutbad stünde. So, wie sie sich selbst kannte, würde sie aus bequemer Entfernung zusehen, wie sich jegliche Parteien gegenseitig auslöschten. Warum ihre Pfoten für einen Haufen hirnloser Idioten schmutzig machen?
093 schien den Kampf jedoch nahezu herbeizusehnen. Während sie von der bevorstehenden Schlacht sprach, erhielten ihre Augen ein seltsames Funkeln.
Nun, wenn der Schatten darauf bestand, am Blutvergießen teilzunehmen, dann hätte 150 zumindest jemanden, auf den sie ihre nächsten Futtereinheiten verwetten könnte. Die Chancen, dass die hagere Gestalt vor ihr es tatsächlich mit einem der Wächter aufnehmen könnte, waren recht gering, doch gerade das war doch der Spaß an der Sache!

Darüber schien sich auch 093 im Klaren zu sein. Zumindest besaß sie ein gesundes Selbstbild – das taten nicht viele hier im Labor. Nur die Art und Weise, wie sie sich dazu äußerte, ließ 150 stutzig werden.
„In diesem Leben noch nicht. Der kleine Rabe ist viel zu schwach für einen offenen Kampf.“
Nun, sie lag nicht falsch. Aber – was war das Gefasel von diesem Leben? Oh, handelte es sich bei 093 etwa um einen wandelnden Mythos? Die Katze mit den sieben Leben?
150‘ Ohren zuckten interessiert. Würde sie die Nackte einweihen in ihre Geheimnisse?
Ihr Gegenüber zeigte Bedauern angesichts der Tatsache, dass ihre leibliche Hülle nicht gerüstet war für einen ernsthaften Kampf. Die Nackte zeigte Verständnis. Ohne ihrer eigenen Fähigkeit wäre sie selbst nichts weiter als eine wandelnde Zielscheibe; schwach, schutzlos. Selbst, wenn sie das Gefecht nicht herbeisehnte wie andere Experimente – zu wissen, dass das Beenden eines Lebens ihr so leichtfallen konnte wie das Auspusten einer Kerze, füllte sie mit Dankbarkeit.
Die Zweibeiner brachten doch den ein oder anderen Vorteil mit sich.
150 Pfoten juckten interessiert. Was hatte es mit 093‘ füheren Ich auf sich? All jene Experimente, die ihre Fähigkeit offen zur Schau stellten – sie beeindruckten 150 nicht. Sie hatte geglaubt, auch bei 093 wäre es nicht anders; wow! Ein weiterer Vogel, der sich in die Luft erheben konnte. Aber so simpel schien das Dasein ihrer Gesprächspartnerin nicht zu sein.
Oh, wenn sie doch nur weitersprechen würde!
Ich befürchte, ich verstehe nicht ganz“, erwiderte 150 schließlich vorsichtig. Sie wollte das andere Experiment nicht verschrecken, jetzt, nachdem es sich ihr zumindest einen spaltbreit geöffnet hatte.
(Hilf mir, zu verstehen.)
Die Bitte spiegelte sich in ihren blassen Augen wider, doch wagte sie es nicht, sie tatsächlich in Worte zu fassen.

„Als ich stark genug dafür war, habe ich getötet. Nicht nur einmal“, beantwortete der Schatten ihre Frage ruhig.
Ob sie damals wohl auch ein Tyrann gewesen war; jemand, der es mit 001 aufgenommen hätte, nur, um seinen Platz einnehmen zu können?
Nachdenklich legte die Nackte den Kopf schief.
Ihre nächsten Worte hätte 150 erwarten können, dennoch trafen sie sie auf eine seltsame Weise unerwartet. Ihre Gespräche nahmen für gewöhnlich keine derartige Wendung und dennoch war sie diejenige, die sie eingeleitet hatte.
„Hast du schon jemanden zum Sensenmann geschickt, Dreiäugige?“
Hm.
150 lächelte entspannt, ehe sie die Schultern zuckte und sich wieder in Bewegung setzte; einen Schritt vor tat, als würde sie ein Ziel besitzen, ehe sie wieder umkehrte und 093 gelassen ansah.
Nur jene, die versucht haben, mich zu hintergehen.
Es war keine Drohung. Sie sah in 093 keine Gefahr, die es zu bedrohen wert gewesen wäre. Sie vertraute sich ihr lediglich an – wie gesagt, sie sprach gerne von sich selbst und besonders von ihrer Gabe.
Mein Körper mag es mit den Fanatikern dieses Labors nicht aufnehmen können, aber ich besitze eine Verbindung zu etwas, das sich weit weg von ihrem Verstand befindet. Ein Fragment aus einer anderen Welt, wenn man es so nennen möchte.
Erneut – ein kurzes Schulterzucken, ehe sie sich wieder hinsetzte.
Deshalb habe ich hier, in diesen Fluren, keine Angst. So naiv mich die Anderen auch nennen wollen.
Vielleicht würde sie das andere Experiment irgendwann einweihen. Immerhin machte sie aus der schwarzen Materie, welche sie beherrschte, kein Geheimnis.
Aber lass mich meine Farge umformulieren!
Sie lächelte fröhlich.
Hat dich das Töten mit Freude erfüllt?

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 001 & anhänger

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyDi Apr 12, 2022 8:13 pm


150 „Re“

003 posts | word count: 1249
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
150 hielt dem Blick, mit welchem das geflügelte Experiment sie musterte, ruhigen Gewissens stand. In den leeren Augen erkannte sie keine Feindseligkeit; keine bösen Absichten. Sie durchbohrten ihren Leib nicht - gaben ihr nicht das Gefühl, als würde man unvermittelt die Pfote ausstrecken, um in ihre Seele hineinzutunken. Die Nacktkatze besaß ein gesundes Selbstbewusstsein (das redete sie sich zumindest ein, aber grenzte es in Wahrheit nicht beinahe an Narzissmus?); wenn sie ihr Spiegelbild betrachtete, dann sah sie in ihm keinen Gegner. Sie und ihr Anblick, sie gingen Hand in Hand. Doch so sehr sie auch vor Selbstbewusstsein trotzte, so minderte jenes ihre Aufmerksamkeit für ihre Umgebung nicht. Wenn sie durch die Flure wanderte, dann wurde sie manchmal von gehässigem Geflüster begleitet.
(Missgeburt.)
Das Flüstern traf sie nicht immer in Form von Worten. Manchmal blitzte es ihr in den Augenhöhlen ihres Gegenübers entgegen.
Der schwarze Engel betrachtete sie mit einer harmlosen Spur Neugier. Das Interesse; die Skepsis, sie waren aufrichtig, ohne 150 dabei etwas böses zu wünschen.
Leere Augen… Nein, ein irrtümlicher Ausdruck, für welchen die Nacktkatze sich unvermittelt tadelte. Während sie den Blick ihres Gegenübers erwiderte, so wurde ihr eines bewusst – die milchigen Augen mochte es an Pupillen fehlen, doch trotzten sie dennoch von etwas, das sich 150 nicht so recht erklären konnte.
Jene Erkenntnis brachte etwas nahezu tröstendes mit sich. Gleichzeitig war sich die Nackte der Tatsache bewusst, dass sie nicht aus Spaß begafft wurde; man stellte sie zur Probe. Es galt, eine Prüfung zu bestehen, auf welche es keine richtigen Antworten gab; sie fand auf einer rein zwischenseelischen Basis statt.

150 entspannte ihre Schultern, und irgendwann tat die Geflügelte es ihr gleich. Wie schön – es schien zumindest für den Augenblick nicht so, als würde man ihr den Kopf abreißen wollen.
Lediglich ihr Halsband wurde wortlos verurteilt; die Abneigung konnte 150 für den Bruchteil einer Sekunde in den Gesichtszügen ihres Gegenübers erkennen.
Sie konnte es ihr nicht übelnehmen, jedoch…
Kein Fan von dem Ding, hm? Da bist du nicht die Einzige“, scherzte sie und tippte mit der Pfotenspitze auf den violetten Stein, eingefräst in das Metall an ihrem Hals. „Bei all dem Hokuspokus, welche die Zweibeiner hier fabriziert haben, sollte man doch meinen, das sie uns mit ästhetischerem Accessoire ausstatten könnten.
Noch während die Worte ihren Mund verließen, wurde sie von einem Gefühl des Ertappt-Seins ergriffen. 001‘ Gefolge sprach von den Zweibeinern, welche das Labor mit ihren wundersamen Spritzen segneten, für gewöhnlich mit größerer Ehrfurcht. Nicht selten fielen da Worte wie Erretter; Gottheiten. Jede Gabe, die sie den kleinen Experimenten schenkten, glich einem himmlischen Geschenk. Womöglich hatte sie sich mit einem simplen Satz verraten; ihre Karten noch im selben Atemzug dargelegt und offenbart, wie sie zu den Fanatikern an der Spitze stand.
Lediglich das Zucken ihres Ohres konnte daraufhin deuten, mit welchen Gedanken sich in der kurzen Pause zwischen ihren Worten beschäftigte.
Dann zierte ein fast schon entschuldigendes Lächeln ihre Lefzen, als sie ihre Aufmerksamkeit zu der eigentlichen Thematik lenkte.
Ich bin daran gebunden“, sprach sie; eine knappe Erklärung für die nicht gestellte Frage, weshalb sie das Halsband trotz ihrer eigenen Abneigung mit sich schleppte. Vielleicht würde sich die Geflügelte damit zufriedengeben.

Die Sorge über ihre eigene Wortwahl verflüchtigte sich, als die Geflügelte den Mund öffnete und von 013 erzählte, ohne dabei überhaupt zu versuchen, die Abwertung ihrer Stimme zu verbergen. Die gerümpfte Nase war dann auch schon die letzte Bestätigung, die 150 brauchte, um die Beziehung zwischen den Beiden einigermaßen korrekt deuten zu können. Und wenn ihr Gegenüber bereits von der Vertrauten nichts hielt – wie stand sie dann zum Rest?
Womöglich hatte 150 in der Katze, welche sie beinahe über den Haufen gerannt hatte, eine Art Verbündete; Gleichgesinnte gefunden. Es war keine Seltenheit, dass man sich nicht mit der klassischen Ideologie – 001‘ Ideologie – identifizierte; die Chancen, dass die Nacktkatze ihre neue Bekanntschaft also richtig deutete, standen gar nicht so schlecht. Doch es galt, herauszufinden, ob die Geflügelte tatsächlich genug Grips besaß, um für sich selbst denken zu können. Und wie, wenn nicht mit einem gewissen Risiko, konnte man etwas derartiges schon feststellen?
Während die Geflügelte weitersprach - „...besonders, wenn die eigene Teilnahme am Gespräch offensichtlich nicht weiter erwünscht ist“ – ließ 150 ihren Blick den Flur entlangwandern, zurück zu der versammelten Gruppe und dort, weit entfernt, zu 001‘ Hinterbliebenen; der königlichen Witwe mit ihrem Balg.
Ich schätze, man ist nur dann erwünscht, wenn man eine gewisse Bereitschaft zum Stiefel-Lecken mitbringt“, murmelte die Nackte trocken und zuckte die Schultern, ehe sie sich auch schon mit einem warmen Lächeln an das andere Experiment zurückwandte, als hätte sie lediglich einen harmlosen Scherz gerissen.
Hah ja, 150 konnte durchaus witzig sein. Nein, wirklich!

Der geflügelte Schatten äußerte sich zu möglichen interessanten Wendungen, welche die nächsten Tage mit sich bringen würden. Die Nackte lachte ehrlich auf. Eine verharmloste Umschreibung für Ereignisse, die als Antwort auf den Führermord folgen sollten – noch mehr Blutvergießen.
„Ob sie wohl am zum Scheitern verurteilten Traum des gefallenen Königs festhalten werden?“, meinte das andere Experiment weiter. Ihre Worte entlockten 150 ein überraschtes Stirnrunzeln. Oh? Handelte es sich da etwa um eine Einladung; das letzte Stückchen Beweis, den sie brauchte, um die Gesinnung ihrer Gesprächspartnerin korrekt deuten zu können?
...oder war es ein Test?
150 erwiderte den aufmerksamen Blick, mit welchem sie daraufhin gemustert wurde, zunächst wortlos. Ihr war noch nicht ganz klar, ob sie sich tatsächlich in Sicherheit wiegen konnte.
Aber, hah, die Tage im Labor waren doch ohnehin so schmerzlichst langweilig. Sollte die Geflügelte aufschreien und sie als Verräterin an den Pranger stellen, dann brächte das zumindest eine angenehme Abwechslung mit sich.
Der Traum eines Tyrannen?“, erwiderte sie ruhig, mit einem freundlichen Schmunzeln verborgen in ihren Mundwinkeln, als würde sie sich über nichts belangloseres unterhalten, als das Wetter, „Ich schätze, er war zum Scheitern verurteilt, noch ehe der letzte Atemzug seine Lungen verließ.
Die Reaktion ihres Gegenübers würde ihr schon zeigen, ob sie den Schädel einziehen sollte; schutzsuchend vor ausgefahrenen Klauen.

Während man über 001‘ Mord einen derartigen Wind machte, so war Mord doch etwas ungemein alltäglich im Grau des Labors! Leichen wurden wortlos in die Kanalisation verbannt oder – wenn die Übeltäter nicht schnell genug waren (oder sich zu wenig darum scherten) – übernahmen die Zweibeiner die Entsorgung des toten Fleischs. Als handelte es sich darum um nichts weiteres als Abfall.
Gefiel einem der Antlitz eines Laborgefährten nicht, so reichte jenes wohl aus, um einen Mordversuch rechtzufertigen. Die Nacktkatze konnte nicht behaupten, bisher nicht in das Visier jener gewaltgierigen Schatten geraten zu sein. Aber – nun – sie stand noch auf all ihren vier Pfoten. Jene Tatsache sprach wohl für sich, nicht wahr?
„Ein weiterer Mord würde den Tag tatsächlich noch mehr aufmischen“, gab die Geflügelte schließlich von sich und erweckte in 150 eine neue Neugierde. Triefte da ein unausgesprochenes Verlangen in ihren Worten?
Die Nackte ging auf ihre Bemerkung zunächst nicht ein. Während sie sich ihr vorstellte und ihre Pfoten einander berührten, legte sie sich die nächsten Worte sorgfältig zurecht.
„Meine Nummer ist 093.“
Ah. Ob in den milchigen Tiefen ihres Blickes wohl der Wunsch schlummerte, sich selbst bei einem wahren Namen zu nennen; mehr zu sein, als eine Zahl von vielen?
Einst hatte 150 selbst sich danach gesehnt, ihre Identität verbotenerweise mit einem anderen zu teilen. Doch heute schien sie beinahe zu vergessen, wie ihr eigener Name denn lautete.
Die Nacktkatze musterte 093‘ Augen, doch fand sie in ihnen keine Antwort auf ihre Frage.
Freut mich“, erwiderte sie schließlich, die Pfote dabei wieder senkend, und ihren Worten folgte eine Frage, unvermittelt und knapp:
Sag – hast du schon mal getötet?

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 200 + junge; 001

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySa Apr 02, 2022 6:38 pm


150 „Re“

002 posts | word count: 993
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
Ein sanftes Ohrenzucken war das erste Zeichen, mit welchem das andere Experiment 150 sein Erwachen ankündigte; die Rückkehr in das Hier und Jetzt. Die Nacktkatze interessierte es brennend, was der Auslöser für eine derart skurrile Reaktion sein könnte. Doch nicht etwa der Tod ihres Führers? Ah ja, 150 hatte beinahe wieder vergessen, dass im Labor tatsächlich arme Gestalten herumwanderten, welche die neuesten Ereignisse betrauerten. Sie wagte nicht, sich allzu weit aus dem Fenster zu beugen und zu behaupten, 001‘ Gefolgschaft mangelte es an Hirn. Die meisten von ihnen litten viel eher an einer besonders befremdlichen Form von Gehirnwäsche.
Dennoch begegnete sie dem anderen Experiment zunächst mit einer gewissen Spur Skepsis. Gehörte sie auch zu jenen, die sie ans Kreuz nageln würden, sobald ein falscher Ton ihre Lippen verließ?
Neben dem gesunden Maß an Misstrauen schwankte so etwas wie Mitleid in ihren beiden lebendigen Augen mit. Es ließ sich nicht leugnen; so, wie die Geflügelte vor ihren Pfoten lag und mit etwas zu kämpfen schien, das weit außerhalb von 150 Bewusstsein lauerte, konnte sie nicht anders, als bedauernd den Kopf schiefzulegen. Oh, aber nur für eine Sekunde – sie fasste sich, noch ehe ihr Gegenüber sich wieder aufraffte. Wenn es etwas gab, dass das Labor noch mehr verachtete als Schwäche, dann war es Mitleid.

Ihr Erwachen hatte sich in die Länge gezogen – so fühlte es sich zumindest für die Nackte an – doch das anschließende Aufstehen erfolgte mit einer derart unvermittelten Schnelligkeit, dass 150 instinktiv einen Schritt zurückwich. Fuck, das andere Experiment könnte immerhin tatsächlich einen Dachschaden haben – was würde sie dann davor zurückhalten, 150 an die entblößte Gurgel zu gehen? Hah, die Dreiäugige vergaß gerne, dass sie mit einer Fähigkeit beschenkt worden war, die sie vor eben solchen Szenarien bewahrte. In Momenten wie diesen, in welchem die Anspannung angesichts des Ungewissen ihr in Form eines blitzartigen Schauderns durch die Knochen schoss, fühlte sie sich fast schon normal.
Die Geflügelte zeigte jedoch nicht die Absicht, ihre Klauen nach ihr auszufahren. 150 entspannte ihre Schultern und beobachtete sie dabei, wie sie sich – nun etwas ruhiger – hinsetzte. Vereinzelte Federn bogen sich bei dem Kontakt zum kalten Laborboden in verschiedene Richtungen.
Hah. Ein kleiner Engel.
Amüsiert erlaubte sich die Nackte, mit dem Ohr zu zucken, doch blieb ihre Miene zunächst reglos.
Ihr entging der Blick nicht, mit welchem man sie musterte. Man konnte ihn als Neugierde deuten, aber auch als Abwertung. Die Tage wurde es immer schwerer, die Augenpaare zu durchschauen, die sich auf ihren mageren Leib richteten. Doch 150 störte es nicht. Die Spritzen hatten sie nun mal nicht mit einer wunderschönen Löwenmähne oder prachtvollen Schwingen gesegnet.
Lediglich das starre Auge, welches auf ihrer Stirn prangte, wurde nahezu bewusst ignoriert. Oh, war das Purpur ihr nicht interessant genug?
Die Geflügelte schenkte ihr ein dünnes Lächeln. 150 konnte sich bei bestem Willen nicht erklären, ob es sich bei jenem nun um falsche Nettigkeit handelte oder nicht. So wie man die übrigen Gesellen im Labor kannte…
Doch in ihrer Gutgläubigkeit erwiderte sie es mit einem freundlichen Schmunzeln.
„So schnell gehe ich nicht drauf“, äußerte sich die Geflügelte schließlich; die Worte getunkt in einen ungemein genervten Ton. Ah, da war es auch schon.
150 ließ sich nicht beirren. Wer wusste schon, was sie gerade durchmachte? Nach einem derartigen Anfall (?) wäre 150 auf jeden Fall auch nicht freudestrahlend durch die Gänge gehüpft.
Entspannt streckte sie sich und ließ ihren Gegenüber dabei für einen kurzen Moment aus den Augen; versuchte ihr so weiszumachen, dass sie bei ihrem kleinen Tratsch keine bösen Absichten hegte.
Schließlich erkundigte sich die Nackte nach ihrem Wohlbefinden – eine Frage, die die Geflügelte mit einer recht durchschaubaren Lüge („Ich fühle mich wunderbar!“) beantwortete. Mit zuckendem Schnurrhaar ließ 150 ihre bleichen Augen zu ihr zurückspringen. Weniger eine Lüge, und mehr glasklarer Sarkasmus; als hätte 150 sie gerade gefragt, ob der Himmel tatsächlich blau war. (So selten, wie sie ihn hier drinnen sah, wäre das allerdings auch keine schlechte Frage gewesen.)
Bis vor wenigen Sekunden bist du noch durch die Menge gehastet, als hätte dich eine Tarantel in den Arsch gebissen“, erklärte die Nackte ihr Nachfragen und kniff belustigt die Augen zusammen.
Hah ja, die Versammlung. Wäre jetzt ein guter Augenblick, um herauszufinden, wie die Geflügelte zu den Neuigkeiten stand? Wer wusste schon – womöglich war 001‘ Tod ja tatsächlich Auslöser für ihre Panik gewesen. Ihre nächsten Worte wählte 150 also mit Bedacht. Sie tänzelte nicht um den heißen Brei herum, nein, aber sie wollte sich auch nicht unbedingt gleich einen neuen Feind machen. Ein neutrales Auftreten wäre also der beste (einfachste) Schritt, den sie als nächstes machen konnte.
Die Neuigkeiten sind allerdings auch nicht leicht zu verdauen“, in einer kurzen Pause zuckte sie die Schultern, zeigte sich verständnisvoll, „Ich wollte dem Ganzen auch nicht länger beiwohnen. Zu viele Leiber auf einem Haufen.
Daraufhin lenkte die Geflügelte die Thematik auf den eigentlichen Hintergrund zu 150‘ Anwesenheit. Die Frage bestätigte der Nackten, dass das andere Experiment tatsächlich wieder vollkommen bei Sinnen war. Nur ein Idiot würde sich nicht um einen potenziellen Stalker sorgen.
Ein ruhiges Lachen entkam 150‘ Lungen.
Nun, ich war gerade dabei, zu gehen, als du mich beinahe um den Haufen gerannt hast“, erwiderte sie gelassen. „Wollte dir zunächst Manieren beibringen -“ (ein köstlicher Scherz!) „- doch nachdem ich gesehen habe, in welchem Zustand du dich gerade befandest… Ich glaube, das war Strafe genug.
Und dann wollte ich mich nur vergewissern, dass du mir nicht wirklich vor meinen Pfoten eingegangen bist. Ich möchte nicht eines möglichen Mordes bezichtigt werden.

Eine alternative Antwort war schlichtweg, dass 150 sich langweilte. Jedes noch so kleine Potenzial auf Drama zog sie ebenso schnell in den Bann wie ein Angelhaken, der sich in den Rachen eines unschuldigen Fisches bohrte.
Hey – die Tage im kalten, grauen Labor konnten wirklich langweilig sein.
Ich bin 150“, stellte sie sich schlussendlich vor. Eine Vorsichtsmaßnahme (zunächst); zwar hörte die Nackte auf einen tatsächlichen Namen, doch wer wusste schon, wie die Geflügelte dazu stand?
Lächelnd hielt sie ihr die Pfote hin, als würde sie sich an einem Handschlag versuchen.

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 001

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
Daeny

Antworten: 126
Gesehen: 3435

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyFr Apr 01, 2022 9:55 pm


150 „Re“

001 post | word count: 964
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: nahe des versammlungsortes
Wie viele von den Reaktionen, welche sich ihr in der Versammlung boten, waren tatsächlich aufrichtig?
Nun, man musste dazu sagen – manche gaben sich nicht die Mühe, ihre wahren Gefühle angesichts des toten Führers zu vertuschen. 150 konnte es keinem so recht verübeln, der bei der Kundgabe nicht etwa in Tränen ausbrach. 001 war niemand gewesen, den man als angenehmen Gesellen bezeichnen konnte. Da konnten seine Vertrauten ihn noch so schönreden; am Ende des Tages bestand ihr Gefasel aus nichts weiterem als leeren Worten. Lügen, wagte 150 sogar zu behaupten.
Der Versammlung hatte die Nacktkatze aus Respekt für die Hinterbliebenen beigewohnt. Sie waren nicht alles Arschlöcher – glaubte sie, zumindest. Das sagte sie jedenfalls jenen, die nachfragten. Die Wahrheit war wohl jedoch, dass sich das Experiment nach ein wenig Klatsch und Tratsch sehnte. Und wo, wenn nicht auf einer Trauerfeier, würde sie ihren Wunsch erfüllen können? In den vergangenen Stunden war verbotenes Flüstern durch die Gänge gezogen, einem bittersüßen Winde gleich; mal wurde davon gesprochen, sei 001 gestürzt, verraten worden; ein anderer behaupte, er sei bei seinem morgendlichen Stuhlgang ausgerutscht und hätte sich dabei das Genick gebrochen. (‚Hey, nicht witzig - man scherzt nicht derart über den Tod!‘, hatte 150 erwidert, noch während sich ihre Lefzen zu einem belustigten Grinsen gekräuselt hatten.)
Herrlich. Doch hatte sie sich geirrt. Im Nachhinein verfluchte sich 150 doch dafür, in ihrer Suche nach Gewissheit der Versammlung beigewohnt zu haben. Sie hätte gerne ein wenig länger an das Märchen vom Scheißunfall festgehalten.
Die Rede der verwitweten Vertrauten war bedrückend und bot keinen Platz für unangebrachte Kommentare. Hätte die Leiche, die dort neben 001‘ Gefährtin allmählich kalt wurde, 150 etwas bedeutet, dann hätte sie wohl ähnlich Trübsal geblasen. Aber besaß der steife Körper in ihren Augen nicht länger ein Gesicht. Er war einer von vielen, welche im Labor ihr Ende gefunden hatten. Ein Schicksal, welchem selbst 001 nicht entkommen hatte können; ein Schicksal, das, wenn der richtige Tag käme, jeden von ihnen treffen würde. Es war dumm von ihm gewesen, zu glauben, die Götter würden ihn verschonen.
Der Führer war gefallen.
200 versuchte die ehemaligen Untertanen ihres Gefährten mit den richtigen Gründen dazu zu bewegen, auf den vermeintlichen Mörder Jagd zu machen doch, wie gesagt, befand sich hinter ihren Worten keine Bedeutung. Die Fassade des sogenannten Paradieses, das 001 zu erschaffen geglaubt hatte, zerbrach schweigend und offenbarte die Wahrheit – ein einfaches Labor, vollgestopft mit jenen unverhofften Seelen, die das Pech hatten, hier gefangen worden zu sein. Aus der Masse würde sich jemand neues erheben, ein neuer Führer, und der Zyklus würde von vorne beginnen. Das war das Schicksal, welchem das Labor nicht entkommen konnte.
150 zuckte unbeeindruckt die Schultern. Die ersten Katzen machten sich daran, 200 mit leeren Worten Trost zu spenden; ihr die Pfoten zu küssen in der Hoffnung, sie würden vom neuen Regiment in einer barmherzigen Woge aufgenommen werden.
Das Labor schlug ein neues Kapitel auf. Für 150 war es an diesem Punkt Zeit, ihren eigenen Weg in den kalten Fluren fortzusetzen. Und wer weiß – womöglich würde sie noch das ein oder andere Experiment finden, welchem sie die andere Version von 001‘ Tod erzählen könnte.
Die Nackte ermahnte sich, nicht los zu kichern. Noch nicht. So unauffällig sie sich auch zu geben versuchte, das ein oder andere misstrauische Augenmerk schien noch auf ihr zu ruhen. Und so wenig sie von den Königlichen des Labors auch hielt, so wollte sie sich nicht vor all diesen Zuschauern von ihnen maßregeln lassen.
Den Arsch in die Höhe hebend machte sich das Experiment also darauf, unbemerkt zu verschwinden. Das war – zumindest! - der Plan. Aber siehe da, da bildete sich ein Experiment doch tatsächlich ein, sie beinahe über den Haufen mähen zu wollen. Wie ungemein unhöflich!
150 besaß leider nicht das Glück (oder den Pelz) ihr Fell sträuben lassen zu können. Man stelle sich einfach vor, sie hätte es getan.
Der pechschwarze Schatten, welcher ihr einen derartigen Schrecken eingejagt hatte, schien sich seines Benehmens nicht einmal bewusst. Blind stürmte die Kätzin durch die Masse, ihr Blick sprang von links nach rechts, ohne jemanden tatsächlich zu erfassen.
150 beobachtete das Schauspiel mit einer gewissen Konfusion. Litt die etwa an einem Dachschaden?
Unauffällig sah sich die Nackte um, wog ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie gerade selbst beobachtet wurde. Schließlich wandte sie sich zum Gehen, eiligen Schrittes dem neuen Objekt ihrer Begierde – Neugierde – hinterher.
Das andere Experiment hastete an den letzten Zuschauern vorbei; weg vom Versammlungsort. Abseits ihrer Kameraden brach sie schließlich ohne Vorwarnung zusammen.
150 verlangsamte ihren Schritt und begutachtete den zusammengeklappten Leib aufmerksamen Blickes.
War sie..? - oh, nein, da hob sich die Brust auch schon. Die Fremde atmete, wenngleich äußerst ungleichmäßig; wie eine arme, verlorene Maus, die in die Enge getrieben worden war.
Neugierig umkreiste 150 die Kätzin, betrachtete den mageren Körper – kannte sie das Experiment? Nein, ihr fiel nicht einmal ein, mit welcher Nummer sich jene schimpfte - ehe sie sich unweit von ihr auf das Hinterteil fallen ließ und wartete.
Das Experiment schien sich seiner Umgebung nicht so recht bewusst zu sein. 150‘ Herumgeglotze blieb zunächst unkommentiert, sie war wohl zu sehr damit beschäftigt – nun – zu atmen.
In einem schwachen Funkeln leuchtete das dritte Auge auf 150‘ Stirn auf; eine pfützenähnliche, schwarze Masse blubberte vor ihren nackten Pfoten auf ehe sich auch schon eine kleine Tentakel aus den Blasen erhob und sich nach der ohnmächtigen Katze streckte. Sie wollte sie berühren – nur ganz kurz. Es fehlte nur noch eine Haarbreite…
Doch da nahm das andere Experiment plötzlich einen tiefen Atemzug, und mit jenem Atemzug ließ 150 die schwarze Materie sofort in einem letzten, unschuldigen Blubbern verschwinden. Das dritte Auge erlosch.
Ich dachte, du würdest draufgehen“, kündigte 150 sich schließlich an, als ihr Gegenüber von ihrer panischen Trance zu erwachen schien.
In ihrer Stimme schwang ein scherzhafter Unterton mit.
Bist du – eh – okay?

*
Angesprochen: 093/693
Erwähnt: 001 – 200 – andere experimente

@shahar

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] Fremde
Daeny

Antworten: 3
Gesehen: 130

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] Fremde    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptySo Feb 20, 2022 2:09 pm


150 „Re“

002 posts | word count: 649
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: bei den zellen
Das Krachen des Wassernapfes ließ 106 zusammenzucken; beachtete man den Wandel seines Gesichtsausdrucks – ja, zuvor hatte er noch recht nachdenklich gewirkt – hätte man meinen können, er wäre Zeuge einer äußerst furchtsamen Entdeckung gewesen.
(Ein Wassernapf.)
150 konnte ihm seine Reaktion allerdings nicht übel nehmen. Es war nun mal durchaus unhöflich, seine Mitkatzen mit fremden Plastikschüsseln zu bewerfen. Die Entschuldigung, die sie ihm gegenüber äußerte, war also tatsächlich aufrichtig. Auch wenn es ihr, zugegeben, recht egal war, ob er jene auch annahm.
106 war bereit gewesen, sie anzufahren – Luft hatte zischelnd seine Atemwege gefüllt, ehe er bereits zu sprechen begann. Zwei kleine Worte, unterbrochen von seiner eigenen Erkenntnis, dass 150 ihn wider Erwarten nicht etwa mit einer Bombe attackiert hatte.
Für einen kurzen Moment betrachtete er das zersplitterte Eis, das sich vor ihm ausgebreitet hatte. 150 gesellte sich in der Zwischenzeit zu ihm; jeder Schritt, jede Berührung ihrer sanften Pfoten mit dem frostigen Boden unter ihr fühlte sich an wie kleine Dornen, die ihr ins Fleisch stachen. Hätte sie Fell gehabt, würde jenes angesichts der Kälte nun in alle Richtungen abstehen.
Ein Blick auf das andere Experiment ließ sie neidisch auf dessen langen, goldigen Pelz werden.
Sie schüttelte sich, ehe sie sich hinabbeugte, um einen der Eissplitter unter die Lupe zu nehmen.
„...Ich habe nicht erwartet, morgens mit etwas beworfen zu werden“, erklärte sich der Kater schließlich. Den Sarkasmus in seiner Stimme überhörte sie dabei nicht.
150 ließ ihr Augenmerk weg von dem Eis und zurück zu dem anderen Experiment wandern; abwartend, ob er sie mit seiner Aussage womöglich herausfordern wollte.
Dem war jedoch nicht so. Er erklärte im Anschluss lediglich, dass er im Prinzip ebenfalls auf ihre Methode hätte kommen können.
Die Nacktkatze schmunzelte amüsiert, beachtete man doch, dass sich hinter ihrem kleinen Wutausbruch lediglich die Frustration über die beschissenen Wetterverhältnisse verbarg. Sie hatte keinen wirklichen Plan verfolgt. Aber siehe da, er hatte Recht – sie war zumindest ein Stückchen weitergekommen. Anders als die  übrigen Experimente, die doof in ihre Näpfe gafften und auf ein Wunder hofften. „Ja, ich beneide unsere kleinen Feuerfänger auch“, erwiderte sie auf sein Bedauern, er könne das Eis ebenfalls nicht zum Schmelzen bringen. Dazu waren nicht unbedingt viele in der Lage. 150 fragte sich kurz, welche genetischen Voraussetzungen erfüllt werden müssten, um von den zweibeinigen Forschern zu einer wandelnden Fackel gemacht werden zu können. Das Ausmaß der Experimente übertraf ihr eigenes Bewusstsein; ihre Frage blieb daher unbeantwortet. Sie ließ den Gedanken fallen.
Stattdessen zuckte sie also die Schultern und schob den Splitter vor sich nahezu verspielt mit der Pfote hin und her, während ihre großen Augen das langhaarige Experiment musterten.
Ja, lang war sein Pelz, und auf den ersten Blick hatte jener die frischen Narben, die 106‘ Körper zierten, recht gut verdeckt. Bei genauerer Betrachtung stachen sie 150 aber doch recht penetrant ins Auge. Sie entlockten der Nacktkatze nicht unbedingt Sorge – es fiel ihr schwer, Mitleid für Katzen zu haben, die ihr fremd waren; die den unglücklichen Umschwung ihres eigenen Schicksals womöglich verdient hatten – aber dennoch war sie von neugieriger Natur. Wer wollte seine Nase denn auch nicht in fremde Angelegenheiten stecken?
(Gewiss gab es da einige Exemplare. Aber, nun ja, sie zählte eben nicht dazu.)
Nachdenklich sprang ihre Aufmerksamkeit zurück zu seinem Gesicht. Sie versuchte, seinen Zügen eine Erklärung zu entnehmen; eine Gefühlsregung, die ihn von selbst verraten würde, allerdings wurde ihr nichts dergleichen geliefert. Schade.
Warum also nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen?
Man hat dich ganz schön zugerichtet“, stellte sie beiläufig fest, bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall, als würden sich die Beiden gerade über das Wetter unterhalten. Ihr Blick wanderte zurück zu dem Eissplitter, welchen sie weiterhin mit der Pfote anstupste. Die äußerste Schicht des Eis’ begann langsam, angesichts ihrer eigenen Körpertemperatur zu schmelzen. Kleine, kalte Tropfen benetzten ihre Klauen.
Sag mir bloß, du läufst im Labor herum und zettelst Streit an.
Ihre letzten Worte besaßen einen scherzhaften Unterton.

*
Angesprochen: 106
Erwähnt:

@flammenstern

#nackikatzi
Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams Alt1010Thema: [ZELL] Fremde
Daeny

Antworten: 3
Gesehen: 130

Suchen in: Tag 7   Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyThema: [ZELL] Fremde    Beiträge mit dem Tag nackikatzi auf Lost Dreams EmptyFr Feb 18, 2022 10:53 pm


150 „Re“

001 post | word count: 511
fähigkeit: schwarze materie | steckbrief
Standort: bei den zellen
Nun, sie waren nicht wirklich Fremde.
Wie konnten denn auch dieselben Pfoten fremd sein, die seit zahlreichen Monden mit ihr im Labor herumirrten? Beide waren sie gebunden an die kalten Zellen; das Grau der Flure. Wenn man sein gesamtes Leben im Labor verbrachte, dann bekam man auch irgendwann ein Gefühl für die verlorenen Seelen, die das selbe, unglückliche Schicksal teilten.
Nicht alle von ihnen konnte man als Freund bezeichnen; nicht alle von ihnen waren Feinde. Manchmal, ja, da nahm das Leben seinen Lauf, ohne, dass jeder alltägliche Geselle darin eine signifikante Stellung einnahm. Das war das traurige Schicksal des Labors. Man war nie allein – doch wie oft fühlte man sich nicht einsam?

Die frostigen Temperaturen des Winters erinnerten 150 an die Tatsache, wie verloren sie außerhalb der stählernen Wände doch wäre. Die Kälte schlich sich auch in die Gänge und Flure, stach 150 schmerzhaft in die weichen Pfotenballen, doch selbst sie konnte nicht leugnen, dass sie auf das Labor angewiesen war. Sie konnte nicht sagen, dass sie unbedingt dankbar war für das Leben, in das sie hineingeboren wurde, doch genoss sie ihr Dasein genug, um froh darüber zu sein. Ja, sie lebte gerne. Dennoch sehnte sie den Tag herbei, an dem der Winter wieder enden würde.
Die Näpfe waren über Nacht zugefroren. 150 hatte sich dank der Decken und Kissen ihrer Einzelzelle in einen wohlig warmen Schlaf wiegen können, doch war auch ihre Wasserschüssel von den selben, unglücklichen Umständen betroffen. Als sie daher erwachte, Sand aus den Augen blinzelnd; bereit, ihre Zunge in leckeres Leitungswasser zu tauchen, nur um dann feststellen zu müssen, dass Selbiges gefroren war, hart, kam sie nicht umhin, als laut zu fluchen.
An Tagen wie jenen beneidete sie ihre Zellengenossen, die Eis auf magische Weise zu schmelzen bringen; fröhlich Flammen aufleuchten lassen konnten. Oh, was würde sie für eine kleine Feuerstelle tun, an die sie ihren nackten Leib schmiegen dürfte…
Leider zählte keiner jener nützlichen Experimente zu ihren engeren Freunden. Noch nicht.
Seufzend fuhr sie mit langen Klauen über das Eis im Napf. Welch Ärgernis. Für einen kurzen Moment starrte 150 auf ihr verschwommenes Spiegelbild zwischen ihren Pfoten; ihr kahler Schweif zuckte genervt über den gepolsterten Boden, ehe sie ausholte und den Napf mit einem erzürnten Schnauben aus ihrer Zelle beförderte. Hart schlug die Schüssel einmal, zweimal, dreimal auf dem Boden außerhalb 150‘s Einzelzelle auf, ehe sie kreiselnd vor den Pfoten eines weiteren Experiments zum Stehen kam.
Mit eleganten, weiten Schritten begab sich 150 aus ihrem Schlafgemach und erschauderte augenblicklich, als ihre Pfotenballen den kalten Laborboden berührten.
Ugh.
Entschuldige!“, wandte sie sich schließlich mit theatralisch erhobener Stimme an das Experiment, welches nun ihren Napf vor den Füßen liegen hatte. „Da ist es mit mir durchgegangen. Nimm’s mir nicht böse.
Fröstelnd entfernte sich die Nacktkatze von ihrer Zelle, um zu ihrer Plastikschlüssel zurückzukehren. Ihr blasser Blick fixierte dabei das andere Experiment. 106. Ja, sie kannte ihn, aber – wie gesagt – sie konnten ebenso Fremde sein. Sie konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als sie miteinander gesprochen hatten.
Selbes Problem?“, fragte sie schließlich mit einem erklärenden Nicken in Richtung ihres gefrorenen Wassers.

*
Angesprochen: 106
Erwähnt:

@flammenstern

#nackikatzi
Nach oben 
Seite 1 von 1
Gehe zu: