EulensternAnführerInformationenAnzahl der Beiträge : 2361 Pfotenspuren : 1833 Anmeldedatum : 14.06.18 Alter : 26
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2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52257 ] Mi März 09, 2022 9:29 pm
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das Eingangsposting lautete :
Der gefürchtete Anführer der Laborkatzen ist tot und die trauernde Gefährtin musste seine Seele den Geisterkatzen überlassen, sie rief die Vertrauten, die Wächter und auch einige Experimente zusammen um die tragische Nachricht zu verkünden, sie sinnt nach Rache, zeitgleich ernennt sie den ersten neuen Wächter.
TAG 7 | BLATTLEERE
Mittags (12 Uhr - 13 Uhr) Pünktlich zu Mittag hatte es begonnen, dicke Flocken zu schneien. Die Wolken am morgen hatten nicht gelogen aber zumindest ist die Sicht noch einigermaßen klar. Eine dünne Schicht an Schnee bedeckt den Boden und macht so das jagen schwerer. Beutetiere sind nur spärlich er sehen und das trotz den warmen Sonnenstrahlen. Ob sich der Schnee halten wird? Im Labor zieht ein kühler Wind durch die Gänge, denn der Außenbereich ist weiterhin offen. Nun haben die Experimente die Chance, mit frischem Schnee zu spielen. Vereinzelt sind sogar Flocken in der Nähe des Ausgangs zu erkennen! Auch seitens der Kanalisation ist zu erkennen, wie kalt es draußen ist.
Ort: Zellräume 001 Zelle Plot: Bekanntmachung von 001 Tod Plotführende/r: 200, 769, 278, 013, 061 ....
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gif by Indy
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Zuletzt von Eulenflug am Mi März 09, 2022 9:41 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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AmoEhrenhüterInformationenAnzahl der Beiträge : 1649 Pfotenspuren : 1061 Anmeldedatum : 11.07.19 Alter : 26
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52708 ] Sa Apr 23, 2022 9:21 pm
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Rhianwen013 - Vertraute | 91 Monde | Eisnebel | #rhi 003 Der kühle Blick hing auf 200 ohne Wertung. Es lag nur ein sanfter Schimmer des Verstehens in den bunten Augen der eisigen Vertrauten. Nicht viele kannten ihre Vergangenheit. Tatsächlich wusste keiner alles über 013. Aber das hatte auch nie eine Rolle gespielt. Selbst 001 dem sie sich am nächsten Gefühlt hatte, hatte nicht alles über sie gewusst. Und doch wusste Rhianwen genau wie sich 200 nun fühlte. Sie kannte den erdrückenden Schmerz den der Verlust der Liebe mit sich brachte. Wusste wie sehr das enge Band nicht einmal durch den Tod zerrissen werden konnte und die Lebenden mit sich in die Hölle reißen wollte. Rhianwen hatte sich damals davon mit reißen lassen. Eine Entscheidung, die sie ins Labor gebracht hatte. Etwas was sie nicht bereute. Schließlich hatte 001 ihr einen Ort zum Leben gegeben. Einen Ort der Geborgenheit und Wärme. Doch für 200 scheint dieser Ort zusammen zubrechen. Es machte nichts aus, dass die Gesprenkelte nicht wusste wie stark das Band des Liebespaares war. 200 zeigte es ihr mit jeder ihrer Zelle. Wut und Trauer drangen aus jeder Pore der Wächterin des Todes und legten sich wie eine dicke Wolke um sie. Man musste den Vertrauten des Todes nur einmal anschauen und machte sich direkt in sein seidenes Fell. Wenn 013 Angst vor 200 gehabt hätte, dann wäre sie wohl bei dem Anblick einfach gestorben. So Hasserfüllt schien die dunkle auf die Katzenmasse hinabzublicken. Doch sie hatte keine Angst. Schließlich war sie selbst stark genug und eine Vertraute von 001 gewesen. Warum also nahm sich diese Bitch die Freiheit heraus ein paar Wächter zu ernennen? Dachte sie wirklich sie würde den Willen von 001 fortsetzen. Wusste sie wirklich was 001 gewollt hatte? Bestimmt hätte er gewollt, dass man seinen Mörder direkt fasste und es zu keinem Familiendrama kam. Während Rhianwen deutlich wahrnahm wie alles um sie herum in tiefes Chaos stürzte und jeder für sich seine Intrigen schmiedete, blieb ihr Blick noch auf 200 liegen. Wortlos trat die Vertraute zu ihrer Kollegin neben den Leichnam ihres Anführers. Respektvoll ließ sie ihren Schweif auf ihn nieder und betrachtete das erstarrte Gesicht ihres Anführers. Die Augen des schwarzen Katers waren geschlossen und sein Kopf war zur Seite gekippt. Eine vertraute Illusion. Etwas wodurch sich Rhianwen nicht mehr täuschen ließ. Zu oft hatte sie so einen Anblick schon erdulden müssen. Ihr Verstand blieb ruhig. Nur das Herz schien sich nicht daran gewöhnen zu wollen. Heftig schlug es ihr in der Brust. Drohte zu zerreißen. Langsam wandte sich der Blick der veilchen-blauen Augen von dem Schatten des Anführers ab und suchten den Blick von eisblauen Kristallen. "Ich werde dir bei stehen. Auf das die Schreie der Gepeinigten niemals erlischen werden und noch Generationen lang das Labor lehren wird was Furcht ist", erwiderte die Vertraute. Doch was außerhalb dessen passieren sollte, würde sie für sich selbst Entscheiden. 001 war ihr Anführer gewesen. Nicht der Wächter des Todes. Diese Katze die sich nicht entscheiden konnte ob sie weiblich oder männlich war, war nicht ihr Anführer. Egal wie sehr sie sich in diesem Moment aufspielte. Selbst 769 zeigte deutlich seine Meinung, als er sich von ihnen Abwandte. Der Kater mit nur einem Flügel hatte sich für einen Moment bei ihnen Blicken lassen. Seine Erscheinung fing an zu flimmern und es fiel der Vertrauten schwer in dem Gesicht des Katers zu lesen. Doch die Welle des Hasses schlug auch zu ihr rüber. Mit einem leeren Blick beobachtete sie, wie der Kater sich abwandte ohne ein Wort zu sagen. Ein kurzes Lachen entrann der Brust der hellen Vertrauten. Ein Geräusch, dass sie nur selten von sich gab. So voller Gefühl. Voller Verachtung und Arroganz. "Hör auf dich so wichtig aufzuspielen, 200. Du bist nicht die Einzige die trauert. Ach...und ganz sicher kannst du dich nicht einfach so als Anführerin ernennen und ein paar Wächter zu deinem machen." Ein leichtes wissendes Lächeln umspielte ihre Lefzen, als sich ihr Blick wieder 200 zu wandte. "Du bist nicht die Anführerin. Du bist nur das Moos in 001 Nest." Vielleicht wusste die Vertraute - welche in diesen Moment nur ein einfaches Experiment für 013 war - nicht was Moos war. Aber das störte sie herzlich wenig. "Du hättest auf uns warten sollen, bevor du irgendwas in die Welt hinausposaunst." Schließlich war sie selbst und auch 769 auch noch da. 001 hatte auch sie - 013 - geliebt. Vielleicht nicht auf die selbe Art wie 200. Und doch hatte er sie zu seiner Vertrauten ernannt. Er hatte Vertrauen in sie, dass sie seinen Willen weiter führen würde. Auch sie hatte ein Recht auf diesen Thron. Einen Thron den sie nicht wollte. Aber der nicht falsch belegt werden durfte.
@Eulenflug - Charon200 Genauer Standort: in der Zelle von 001 Angesprochen: Charon Erwähnt: 001, Midir769, Jungen von 001 Steckbrief
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Mit all meinen Charakteren dürfen beleidigt, verarscht, geschlagen, getreten, geschubst, gehauen oder anderweitig wie verletzt werden, solange die zugefügten Verletzungen keine schweren, körperlichen Probleme oder schwere Psychischen Schaden aufweisen. Z.B. blaue Flecken, Prellungen, Schnitte sind okay. Tiefe Wunden, Knochenbrüche und ähnliches, so wie heftige Mobbing-Attacken müssen mit mir abgesprochen werden.
Meine Charas in FE:
status von fe-charakteren es kommt ein Krieger, der trug ein mächtiges Schwert er wird deine Statd zerstör'n O lei O lai O Lord
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52715 ] So Apr 24, 2022 12:34 pm
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150 „Re“
006 posts | word count: 1499 fähigkeit: schwarze materie | steckbrief Standort: nahe des versammlungsortes
150 glaubte nicht, dass die Geflügelte sich jemandem tatsächlich so leicht hingab, wie es die Wächter und Vertrauten zu tun pflegten; dass sie einem selbsternannten Führer (oder dem, was von ihm übrig geblieben war) nicht etwa nachhoppste wie ein naives Hoppelhäschen. Sie schien Hirn zu besitzen; einen eigenen Willen und eine damit verbundene Gewissheit darüber, dass man im Leben – nun – im Regelfall auf nur eine einzige Person wahrhaftig zählen konnte. Sich selbst. Hah! Es hätte sie doch ungemein enttäuscht, hätte sich der Schatten als 200‘ aufrichtiger Anhänger entpuppt. „Du liegst richtig, ich bin keine Anhängerin eines fehlgeleiteten Glaubens. Eines Anführers.“ Da waren die süßen Worte, nach denen die Nackte derart gelechzt hatte. Sie mochten zwei unterschiedliche Charaktere sein; zwei unterschiedliche Seelen, doch in einem schienen sie sich zu ähneln. Gleichgesinnte – eine leichtgläubige Hoffnung, welche in der Kälte des Labors nur selten zu keimen schien.
093 schien – für einen kurzen Augenblick – wieder hinein zu versinken in eine Welt, die der Dreiäugigen fremd war. Sie kam nicht umhin, so etwas wie Eifersucht zu empfinden. Oh, wie gerne hätte sie gesehen, was sich vor 093‘ geistigem Auge abspielte, während sie die Pfote in die Leere erhob! Interessiert zuckte sie mit dem kahlen Ohr, äußerte ihren Neid jedoch nicht. Sie dachte an ihre eigene Verbindung, die schwarze Materie, die in ihrem Herzen zu pochen schien, verankert, und glaubte, verstehen zu können, was sich da in dem schwarzen Köpfchen abspielte. „Denkst du wirklich, dass es mir um einen persönlichen Vorteil geht?“, antwortete 093 und grinste die Nackte dabei an wie man es bei einem Jungen tat, welches gerade gefragt hatte, warum der Himmel blau war. 150 erwiderte das Lächeln mit ruhigem Gewissen. Wenn sie falsch gelegen hatte, so würde sich der Schatten sicherlich erklären. Und so war es auch – ja! - 093 erzählte ihr von dem Spiel, welches die beiden Katzen miteinander trieben, und egal, wie harmlos jenes auch klingen mochte, 150 verstand, dass sich da mehr dahinter verbarg. Glich 200 einer Rivalin? Einem Gegner, ohne welchen man nicht zu leben vermochte? Die Nackte konnte der Beziehung zwischen dem Schatten und 001‘ Witwe nicht ganz auf den Grund gehen; einen solchen Part besaß sie in ihrem Leben nicht und sie war sich auch nicht sicher, ob sie jenes beneiden konnte. Doch tat sie ihr bestes, zu verstehen. Und irgendwie, auf eine seltsam verdrehte Weisen, verstand sie auch, weshalb 093 eine derartige Partie in ihr Leben ließ. „200 wird sich für deine Loyalität wohl kaum bedanken, ganz gleich, wie lange sie andauert“, erwiderte sie dennoch und zuckte die Schultern. „Du weißt ebenso gut wie ich, wie die Dinge hier im Labor laufen. Loyalität wird nur so lange geschätzt, nein, akzeptiert, bis ihnen der Nutzen ausgeht.“ 150 hatte es einst versucht; gute Miene zu bösem Spiel zu machen, doch hatte man sie kaum ernst genommen. Was sollten die tapferen Ritter des Königs denn auch schon mit einer jämmerlichen Kreatur wie der Nackten? Ihre Mundwinkel zuckten kurz, für den Bruchteil einer Sekunde verfinsterte sich ihre Miene. Oh, wenn sie nur wüssten. Doch der Schatten wich ihren Zügen, so schnell, wie er gekommen war. Gelassen schnippte sie mit der kahlen Schweifspitze. „Aber ich verstehe deine Beweggründe. Das Leben hier wäre doch so ungemein langweilig, wenn man nicht mit einem Hauch von Risiko durch die Flure wandert.“ Ein dümmliches Spiel – Ton, der sich verformen ließ. Ihre Geister waren nicht mehr als das.
Als 093 von ihrer Gefangenschaft berichtete, füllte – tatsächlich? - Mitleid ihre bleichen Augen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es wohl war, gebunden zu sein an eine Existenz, die nicht über den Zwischenraum von Leben und Tod hinausreichte; nichts zu sein als eine entfernte Erinnerung an etwas, das nie Wurzeln geschlagen hatte in der hiesigen Welt. Wortlos wandte sie den Blick ab um 093 die Wahrheit ihrer Gedanken nicht zu offenbaren; immerhin waren Augen ein Spiegelbild der eigenen Seele! 150 kümmerte sich selten aufrichtig um ihre Mitkatzen, doch der Gedanke, keinen Körper ihr Eigen nennen zu können, entlockte selbst ihr eine Trübheit, die sie nicht in Worte fassen konnte. Mit einem Mal war sie äußerst dankbar für den nackten Leib, in welchen sie hineingeboren worden war; ihr Zuhause. Augenblicklich schüttelte sich das dreiäugige Experiment jegliche Gedanken aus dem Schädel, welche mit jenem Kummer gleichzusetzen waren. 093 zeigte sich immerhin nicht deprimiert angesichts ihres eigenen Schicksals – weshalb sollte 150 also ihren eigenen Geist dafür verschwenden? Die Nackte schnaufte kurz durch, ehe auch schon ein neugieriges Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. Denn ja, Neugierde war es, welche sie überhaupt so weit gebracht hatte. Und im Endeffekt überwog sie jede noch so kleine Sorge. „Du kannst all die Fragen, die dir auf der Zunge brennen, ruhig stellen.“ Da war sie! Die Einladung, auf welche 150 sehnlichst gebrannt hatte. Nun musste sie sich nicht mehr mit der Sorge herumschlagen, 093 womöglich zu vergraulen. Sie hatte ihr die Erlaubnis gegeben; und die Nackte lechzte danach, mehr zu erfahren. Doch sie würde warten; ihr Blick sprang zurück zur Versammlung, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf 093 zurück lenkte. Sie würde die Fragen stellen, die in ihrer Brust pochten, bereit, ihre Luftröhre empor zu kriechen – aber nicht hier.
Oh? 150 schien wohl nicht die Einzige zu sein, die sich derart zu ihrer Verbindung zur Unterwelt begeisterte. Welch angenehme Abwechslung, das interessierte Leuchten nicht etwa in den Augen ihres eigenen Spiegelbildes zu entdecken! Die Nackte kam nicht umhin, zufrieden zu schnurren. „Erzähl mir mehr davon“, verlangte das andere Experiment und gewann sogleich 150‘ vollkommene Sympathie. Ja, wie leicht war sie um den Finger zu wickeln, wenn man nur das richtige Interesse zeigte! 093 hatte sich als würdig gezeigt. Noch ehe die Nackte ihrer Bitte nachgehen würde (denn ja, erzählen konnte sie viel, und lange – das Gespräch würde ihr also nicht davonlaufen!) beschloss sie kurzerhand, dem anderen Experiment eine Kostprobe ihrer Fähigkeit zu schenken. Während sie sich abwandte und – dank der schwarzen Materie – den Weg empor zu den Rohren emporklomm, verschwendete sie keine Sekunde mit der Frage, ob 093 ihr tatsächlich folgen würde. Jedes Mal dann, wenn die Verbindung zur Unterwelt in ihrer Stirn pochte; das dritte Auge aufleuchten ließ, vergaß sie für einen kurzen Moment jegliche Eindrücke ihrer Umgebung. Es gab nichts reineres, nichts intimeres als den Moment, wenn ihre Pfote die Schwärze berührte. So dachte die Nackte also auch nicht darüber nach, ob 093 nicht einfach ihre Schwingen benutzen könnte, um sich zu ihr empor zu gesellen. Doch tat es ihr der Schatten gleich; nutzte die blubbernden Tentakeln, um ihr zu folgen und sich schließlich neben ihr auf der Rohrleitung niederzulassen. Für 093 schien es ein deutlich aufwendigerer Umstand zu sein, sich in den Spalt zwischen Decke und Rohr zu zwängen. Die Nackte beobachtete sie ruhig, bis sich schließlich auf die Schultern der Geflügelten entspannten, ehe sie sanft lächelte. „Kannst du sie nutzen – die Fähigkeit der Körper, die du einnimmst?“, fragte sie ruhig. Frage Nummer Eins! „Was ich dafür tun würde, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie du deinen Alltag beschreitest. Zu wissen, wie es wohl ist, in fremden Körpern zu erwachen. Ich bin ehrlich mit dir, 093, ich kann dich nicht beneiden. Ich hätte an deiner Stelle wohl fürchterliche Angst, das kann ich zugeben – aber deine kleine Seelenwanderung erfüllt mich doch mit Neugierde.“ Und dabei stand sie zu jedem Wort, das ihre Lippen verließ. Sie glaubte, einen Punkt erreicht zu haben, an welchem sie wahrhaftig ehrlich sein konnte. Nicht, dass sie sich davor davor gefürchtet hätte, ihre Emotionen preiszugeben. Die Nackte machte sich nichts daraus, wenn sie zu lesen war wie ein offenes Buch. Das Leuchten ihres dritten Auges verklang, als sich die schwarze Masse zurück in den Boden verkroch und verschwand, als wäre nie etwas gewesen. Die beiden übrigen, lebendigen Seelenspiegel hingegen richteten sich auf die Versammlung unter ihnen. All diese Experimente, mit ihren eigenen Leben, ihren eigenen Wünschen.; verschmolzen in einer nichtssagenden Masse. „Ob sich 001 wohl so gefühlt hatte? Hoch erhoben, weit weg von seinen Untertanen?“, mutmaßte 150. Hätte man es nicht besser gewusst, hätte man meinen können, sie sprach mit sich selbst. „Welch Ironie, dass er nie dazu in der Lage war, sich tatsächlich in die Luft zu erheben. Hier oben wirkt jeder Leib klein, unbedeutend. Auch seiner.“ Die Nackte lächelte zufrieden, ehe sie die Thematik über den verstorbenen Führer auch schon hinter sich ließ. Zurück also zu den wichtigen Dingen in ihrem Leben - sie selbst. „Die Hölle, wie du sie nennst, sie ist ein Teil von mir. Sie ist das einzige, das mir seit meiner einsamen Geburt treu geblieben ist. Die Materie; sie gleicht Fühlern, die mir ein Gefühl dafür geben, was sich unter unseren Pfoten abspielt. In einer fernen Welt, in welche wir früher oder später einkehren werden. Viele haben Angst vor der Finsternis, doch ich begegne ihr mit Vertrauen; sie tröstet mich.“ Das Lächeln auf ihren Lippen wandelte sich, erhielt einen beinahe müden Ausdruck. Schließlich wandte 150 den Blick ab, weg von der gesichtslosen Versammlung unter ihr und zurück zu 093. Der Seelenwanderin. „Was tröstet dich nachts, 093? Sind es die Seelen, deren Leiber du genommen hast?“ In ihren Worten lag kein Vorwurf. Sie erhoffte sich lediglich, einen Einblick in 093‘ Gedankenwelt zu erhaschen. Oh, Aufrichtigkeit war etwas so schmerzhaft seltenes.
*
Angesprochen: 093/693 Erwähnt: 200 & anhänger; andere experimente
Almas helles Lachen hätte ihr einige verwirrte Blicke eingefangen, würde sie näher bei all den versammelten Katzen stehen. Dass man auf einer Trauerfeier keine Freude zeigte, war der Geflügelten nämlich gänzlich egal. Sie war sicherlich nicht die Einzige, die am heutigen Tag keine Träne vergießen würde, unabhängig davon, wie erwünscht dies war. Welchen Verlust sie hinzunehmen hatten. “Ob du es mir nun glauben möchtest oder nicht, 150, der Wächter des Todes hat mir bereits seinen Dank ausgesprochen“, belustigt betrachtete die Seelenwanderin die blassen Augen ihres Gegenübers, während in ihren Gedanken 200’s Worte nachklangen. "Ich danke dir..." In der Tat glaubte die Seelenwanderin an deren Echtheit, denn sie hatte eine Seite von 200 kennenlernen dürfen, die vielen anderen Experimenten verborgen blieb. Eine Facette einer starken Persönlichkeit, die es nicht nötig hatte, einen Schatten zu belügen. Ob 001 den kaltblütigen Jäger, der im Todesengel schlummerte, gekannt hatte? Diese Frage weckte tatsächlich Interesse in der unsterblichen Kätzin. Hatte er begriffen, was in 200 verborgen lag, oder sie nur als eine Schwachstelle wahrgenommen? Alma zuckte mit Schultern und Schnurrhaaren. Nun, fragen konnte sie den verehrten 001 danach nicht mehr. “Meine Loyalität ist nicht wie die eines Wächters oder Vertrauten. Sie sind jederzeit austauschbar“, Kühle und unterdrückter Hass schlich sich in ihre Stimme, “Ich habe 200 nie angeboten, eine Kriegerin im Dienste des Systems zu sein.“ Eine von Almas Augenbrauen schnellte in die Höhe. “Ich war nie eine Freundin von 001, seinen Werten und Idealen. Und 200 weiß das“, mittlerweile dachte sie nicht mehr darüber nach, wie viele Katzen sie für eine Aussage, wie diese zerfetzen würden, “Vielleicht ist es dir nicht möglich, diese Vereinbarung in Gänze zu begreifen, aber das macht nichts. Der Tod verbindet nun einmal mehr, als das Leben es je könnte.“ Die Kätzin strahlte eine Ruhe aus, wie nur selten. Verständnis war, was Alma in den bunten Seelenspiegeln des Todeswächters erkannte.
Es fiel Alma schwer, ihre Augen schließlich von all den Katzen unter ihr abzuwenden und stattdessen 150 wieder ihre – beinahe – volle Aufmerksamkeit zu schenken. “Die Gaben anderer bleiben mir verwehrt“, betrübt seufzte sie, “Wie so vieles, das meinem Leben eine gewisse Prise an Spannung verleihen würde.“ Das einzige, was Alma konnte, war zu erkennen, welche Fähigkeit eine Katze einst besessen hatte. Es fühlte sich natürlich an, wie ein zusätzlicher Sinn. Doch wieder einmal wurde ihr dadurch die ersehnte Frucht nur vor Augen gehalten. So nah, dass sie sich einbildete, deren Geruch wahrzunehmen, aber gleichzeitig nie in der Lage sein würde, gänzlich davon zu kosten. War irgendetwas an ihrem Schicksal frei von Ironie? Wenn Alma tatsächlich an die Götter des Labors glauben würde, wäre sie sicher, dass diese sich mit ihr einen Spaß erlaubt hatten. Aber die Zweibeiner waren keine überweltlichen Wesen, egal, wie gerne 001’s Anhänger sie so bezeichneten. Egal, wie gerne Alma sie spöttisch so nannte. Ob darüber hinaus etwas oder jemand existierte, vermochte selbst die Seelenwanderin nicht zu sagen. Sie war ein nichts im Angesicht all der Möglichkeiten. Und letztendlich war es keine Erleichterung, zu wissen, wer für ihren Fluch verantwortlich war. Götter. Zufall. Schicksal. Es könnte ihr nicht unwichtiger sein. “Ich kann dir zweifellos versichern, dass ich kein wünschenswertes Dasein führe. Mein Innerstes ist kalt und leer geworden im Laufe der Monde“, sie lächelte schwach, “Die Langeweile ist meine ewige Begleiterin, während mir Furcht schon beinahe fremd erscheint. Mit der Zeit habe ich meine Bestimmung angenommen und akzeptiert. Es bleibt mir ohnehin nichts Anderes übrig. Ich hatte nie eine Wahl.“ Einen Grund, ihre Gedanken zu verschweigen, sah Alma nun nicht mehr, denn 150 schien weniger eine Gefahr und mehr eine interessante Gesprächspartnerin zu sein. Außerdem war es immer aufs Neue unterhaltsam, die Reaktion einer Fremden auf ihr unglückliches Los mitzuerleben.
“Nun, der verstorbene Anführer hat sich sicherlich nicht jedem Laborbewohner nah gefühlt. Wohl den wenigsten, sonst hätte er früher erkannt, welche Gefahr von den unscheinbaren Experimenten ausgeht. Wer wohl sein Licht ausgepustet hat?“, Alma Augen wanderten fasziniert von einer Katze zur nächsten. Wer von ihnen hatte es gewagt, den leuchtenden Stern vom Himmel zu verbannen? Noch immer wusste sie nicht, ob Alma Bewunderung oder Neid dem Mörder gegenüber empfinden sollte. Oder Mitleid? Wenn 200 sich den Schuldigen schnappte, würde es nicht sonderlich gut für ihn aussehen. Vielleicht konnte sie diesem blutigen Schauspiel ja aus der Dunkelheit heraus beiwohnen. Den darauffolgenden Worten lauschte Alma wieder mit neu entbrannter Aufmerksamkeit. “Wenn ich könnte, würde ich selbst in die Hölle hinabsteigen. Ich kann nicht anders, als dich für deine Verbindung zu beneiden“, Bitterkeit legte sich wie ein Schatten über das Gesicht der Seelenwanderin, “Die Unterwelt weckt mein Interesse, 150, also erlaube mir diese Frage: Strahlt die Finsternis Wärme oder Kälte aus?“ Möglicherweise kam der Dreiäugigen Almas Frage nichtig verglichen all den anderen vor, die sie hätte stellen können. Doch die Seelenwanderin wollte in Erfahrung bringen, ob die Hölle lichterloh brannte oder einem Meer aus ewigem Eis glich. Oder keinem von beiden. Almas sehnte sich einfach nach Wissen über das ‘Leben‘, welches auf den Tod folgte.
Als die Seelenspiegel der Nackten auf Almas eigenen, milchigen Blick trafen, seufzte sie leise. Für einige Augenblicke schloss die alte Kätzin ihre Augen und öffnete sie mit einer ungeahnten Klarheit wieder. Jeder Knochen in ihrem dürren Körper schien ein Lied ihres Schmerzes zu singen. “Es gibt nichts, das mir noch Trost spendet, denn sogar der Tod verweigert mir seine kalte Umarmung“, selbst in Almas Ohren klang ihre Stimme fremd, “Ich hoffe in solchen Momenten darauf, dass mein Bewusstsein nicht klar genug ist, um mein Dasein zu begreifen.“ Endlose Traurigkeit und Müdigkeit machten sich in der Seelenwanderin breit, löschten den letzten Funken von Freude in ihrer Mine aus. Sie fühlte sich so wach, als hätte man eisiges Wasser über ihr ausgegossen. Alma dachte an 001, an 200, an 693. Oh, arme 693! Reue überkam die Kätzin, während sie ihre schwarzen Pfoten eingehend betrachtete. In Augenblicken wie diesen nahm sie sich vor, ihre Wanderung zu beenden und kein Leid mehr über andere zu bringen. Kein neues Spiel mehr zu beginnen. Im Stillen spie sie dieses Wort voll Abscheu aus, denn sie konnte kaum ertragen, zu welchem Monster sie geworden war. Wie der Weg einer stolzen Kriegerin in den Schatten enden konnte. Als sie nun in die Tiefe blickte, war der Gedanke, sich einfach fallen zu lassen, gar nicht mehr so fern. Selbsthass kochte hoch und begann alles in Alma zu verzehren, was vor wenigen Wimpernschlägen noch präsent gewesen war. Die Seelenwanderin stürzte in die unausweichliche Tiefe - zwar nicht physisch, aber doch psychisch. Die Flammen verzehrten jede Spur von Reue und Barmherzigkeit in der Geflügelten. Ließen nur Zorn und Leere zurück. Und den Wahnsinn. Ein Lächeln tanzte über ihre Lippen.
Die Umarmung zwischen 622 und 700 entschärfte die Situation wieder ein wenig. Es war ein gutes Zeichen, dass Haru jemanden hatte, der sich um ihn sorgte und durch diesen schweren Moment begleitete. Lotus war froh, dass diese Aufgabe nicht an ihm hängen geblieben war. Er wäre sich nicht sicher gewesen, ob er ihr gewachsen gewesen wäre. Ray flüsterte Haru noch etwas zu, das Lotus nicht zu zu hundert Prozent verstehen konnte. Irgendwas, dass er sein Licht nicht verlieren sollte. Dann empfahl er sich, zu Lotus Überraschung. Ohne Ray alleine neben den beiden anderen Katzen, die sich noch immer in der Umarmung befanden, fühlte sich Lotus etwas nackt, fehl am Platz. Daher nickte er 622, als dieser ihn kurz anblickte, kurz zu, bevor er sich ebenfalls aus dem Staub machte. Ray würde er wohl später noch aufsuchen müssen. Eigentlich hoffte er, dass Ray ihn aufsuchen würde, immerhin hatte dieser ihn gerade nicht wirklich elegant abmoderiert.
Die plötzliche Kälte in 278's Stimme ließ Levox erschaudern. "Teuer bezahlen?". Er verstand nicht, konnte sich nicht vorstellen, was genau das heißen sollte. Doch die Stimme der Staubkatze neben ihm war bestimmt, und was er aus den Gesprächsfetzen um ihn herum heraushören konnte, gab es noch andere Katzen die ähnlich dachten. Was wirst du machen? fragte Levox mit einer Spur Angst und einem Schimmer Bewunderung. Was wenn du die böse Katze findest und sie dir auch noch wehtut? Was, wenn es gar keine Katze ist, sondern was anderes? Ein Dachs vielleicht - oder ein Wolf? Levox Stimme überschlug sich. Mit weiten Augen blickte Levox auf 278. Er hatte keine Ahnung was das war, ein Dachs oder ein Wolf. Er erinnerte sich nur an die Geschichten seines Vaters, und in denen waren es furchtbare Wesen, die immer nachts jagten und am liebsten junge Katzen verspeisten. Doch wenn der Anführer des Labors, der anscheinend der größte, stärkste und gerissenste im Labor war - was sollte dann nur aus all den anderen Katzen werden?
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FledermausSchülerInformationenAnzahl der Beiträge : 73 Pfotenspuren : 95 Anmeldedatum : 19.03.22 Alter : 22
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52776 ] Fr Apr 29, 2022 2:38 pm
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Ray | 702
» Look at how a single candle can both defy and define the darkness. «
Vielleicht verhielt das junge Experiment sich gerade nur ein wenig respektlos. Vielleicht hätte er seine scharfen Antworten auch etwas mehr überdenken sollen - schließlich trat man hier fast jeden gleich auf die falsche Pfote. Jedoch fiel ihm das gerade überhaupt nicht in den Kopf. In seinem Hirn herrschte ein reines Gefühlschaos, welches der Kater nur mit Mühe unterdrücken konnte. Wie bereits erwähnt, würde er dieses aber ganz sicher nicht vor einem Vertrauten auskotzen. Was würde das nur seinem Ruf antun? Naja, kam eigentlich ganz darauf an wie sein Gegenüber reagieren würde. Aber da ging er lieber erst einmal kein Risiko ein. Noch immer hatte er seine 'Ich-Bin-Genervt-Mine' aufgesetzt. Seine Ohren waren allerdings aufmerksam auf den dunkleren Kater gerichtet. Was der Kater nun von ihm wollte, interessierte ihn dann doch ein wenig. Seine feurigen Augen lagen auf 769, während dieser weiter sprach. Wohin sein Weg nun führen sollte? Eigentlich hatte er sich schon immer erträumt, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Immer hatte er zu ihm heraufgesehen, ihn unterstützt und - da konnte er sich wohl glücklich schätzen - sogar von ihm die eine oder andere Sache gelernt. Er war, wenn er mal so egoistisch darüber nachdenken durfte, dafür gemacht. Jedoch stellte sich die Frage, ob seinen Platz einzunehmen momentan so einfach wäre. Nun ja, der Weg zum Thron dieses ja ach so schönen Königreiches lag nun frei und die einzige, die ihm vielleicht den Weg versperren würde, wäre wohl seine eigene Mutter. Und, naja, natürlich auch noch das ganze andere unwichtige Volk, das nicht damit zufrieden wäre. Damit würde ich wohl irgendwie fertig werden ... irgendwie. Midir's letzter Satz holte den braunen Kater wieder in die Realität zurück. "Ich war meinen Vater und seinen Entscheidungen schon zuvor treu und werde es auch weiterhin sein. Sein Wunsch wäre es sicher gewesen, deine genannte Hierarchie aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, dass sich jeder weiterhin daran hält.", er machte eine kleine Pause, "Ich werde dafür sorgen, dass seine Arbeit hier keinen Staub fängt und seine Wünsche geehrt werden. Dass 001 niemals in Vergessenheit gerät. Jedoch .. werde ich mir wohl den nötigen Respekt besorgen müssen.". Letzteres war eher laut überlegt. Ray schaute kurz weg und legte seinen Schwanz um die Pfoten. Stolz reckte er die Brust hervor, ehe er sich wieder Midir zuwendete. "Wem du folgen wirst, ist wohl dir überlassen. Jedoch rate ich dir, hierbei die richtige Entscheidung zu treffen.", endete er. Man konnte es als Drohung auffassen. Vielleicht aber auch als nett gemeinten Tipp. Auf jeden Fall sprach er hier hauptsächlich über seine Mutter und ihn. Den dunklen Kater als Gefolge zu gewinnen wäre sicher nicht schlecht. Gut, sogar. Somit spielte er seine Chancen auf Erfolg ein wenig höher, denn er wäre nicht alleine. Wie dem auch sei, dachte er und grinste, ich werde mit allen Mitteln versuchen das ganze hier unter meinen Pfoten aufrecht zu erhalten. Damit kann ich meinem Vater seine letzte Ehre gebühren.
DaenyÄltesterInformationenAnzahl der Beiträge : 1242 Pfotenspuren : 229 Anmeldedatum : 28.12.18 Alter : 23
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52783 ] Fr Apr 29, 2022 8:12 pm
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150 „Re“
007 posts | word count: 1148 fähigkeit: schwarze materie | steckbrief Standort: nahe des versammlungsortes
„Ich habe 200 nie angeboten, eine Kriegerin im Dienste des Systems zu sein.“ Ah, beruhigende Worte, die 150 lediglich bestätigten. Sie hatte Recht gehabt, was den Schatten anging (wie so oft; sie prahlte gerne mit ihrem Gespür für ihre Kameraden) doch gewiss bedeutete jenes nicht, dass sie sich auch tatsächlich in Sicherheit wiegen konnte. Ja, 001 war nicht der, oder sagen wir, das einzige, welchem man seine Loyalität versichern (schulden?) kann. Sei es nun ein eigenes Ego, Machtgelüste, gar der Tod – das Labor bot viele Schubladen, in welches man sein Gewissen stopfen konnte. 093‘ Hingabe für den Tod galt es, auszukundschaften – zu durchschauen, wie tief die Wurzeln wahrlich gingen. Die Nackte besaß eine eigene Faszination für die Welt jenseits, sie war dankbar; ein treuer Gefolge. Doch hielt sie an ihrem eigenen Leben fest; selbst ihre Loyalität würde sie nicht in den Tod zwingen. Doch wie es wohl war, als unsterblicher Geist durch die Hallen zu wandern? Ob es in Wahrheit wohl nicht etwa der Glaube an den Tod war, der 093 auf ihrem all ewigen Weg begleitete, sondern der Wunsch, ihn endlich kosten zu dürfen? (Sterblichkeit.)
150 sah auf die Katzen unter ihr hinab und malte sich deren Leben in ihrem eigenen kleinen Köpfchen aus. Egal, für welchen Weg sie sich entschieden hatten; egal, wer sie auch immer beschlossen hatten, zu sein, am Ende wurden all jene zahlreichen Körper von ein und denselben Pfoten zu 001‘ Zelle getragen. Es war schon durchaus lachhaft, wie sehr sich jeder einzelne von ihnen wand, sich verbog mit dem bitteren Verlangen, der Eintönigkeit des Alltags zu entkommen. Doch wo hatte sie es hingeführt? Dort, weit unter 150 milchigen Augen. Sie glänzten; und für den Bruchteil einer Sekunde verstand die Nackte. Ja, dort oben, weit weg von der gesichtslosen Masse, fern ab von 200 und der Leiche des Führers, fühlte sie sich aufrichtig glücklich. Ob einer der Versammelten wohl ihre Gedanken erspähen konnte? „Ich kann dir zweifellos versichern, dass ich kein wünschenswertes Dasein führe. Mein Innerstes ist kalt und leer geworden im Laufe der Mond“, gab der geflügelte Schatten da von sich und lenkte 150‘ Aufmerksamkeit zurück auf ihre eigene Gesprächspartnerin. Verständnisvolle Augen begegneten dem müden Lächeln ihres Gegenübers. „Du hast mein Mitgefühl“, erwiderte die Dreiäugige schließlich. Worte, die man im Labor nur selten zu hören bekommen wollte. Wie oft war 150 selbst an ihnen beinahe erstickt? Sie sah in dem, was 093 ihr da offenbarte – ihren Gefühlen, nichts verwerfliches; in der Düsterheit, die ihre Worte begleitete, keine Schwäche. Doch sie konnte nur hoffen, dass die Geflügelte jenes auch erkannte. Irgendwie, auf eine seltsam verkorkste Weise, stand sie auf ihrer Seite. (Sie verstand.) „Doch nicht nur aufgrund deines unsterblichen Schicksals. Schau dich um.“ Ihr kahles, großes Ohr zuckte in Richtung der versammelten Masse. „Wie kann ein Geist sich inmitten dieser grauen Leere schon glücklich schätzen?“ Kurzes Zögern, ehe 150 durchatmete und den Blick auf den Laborboden heftete, welcher ungemein weit entfernt schien. Ein Abgrund. „Ich weiß nicht, was du dieser Welt bereits alles entnehmen konntest, 093. Aber mein eigenes Leben bestand bisher aus nichts weiterem als dem hier. Den Gängen, den Zellen; ewiges, kaltes Grau. Und – versteh mich nicht falsch – ich genieße mein Dasein. Ich mache das Beste daraus. Doch reicht ein Leben für dieses Chaos. Mein nächstes möchte ich hier nicht verbringen. Nicht so.“ Ihre eigenen Worte brachten sie ins Grübeln. Selten sah man die Nackte derart ehrlich. Zwar gehörte sie nicht zu 001‘ Anhängern und den miserablen Gestalten, die das Labor und die Forscher anbeteten, doch zeigte sie sich für gewöhnlich nicht abgeneigt von ihrem Dasein in Gefangenschaft. Sie wusste, wie ihre Chancen außerhalb dieser stählernen Wände standen. Und dennoch; während sie sich in 093 und (ihren Fluch) ihre Fähigkeit hineinzuversetzen versuchte, kam sie nicht umhin, das erste Mal seit langem über Freiheit zu fantasieren. „Sag, 093, suchst du dir deine Körper bewusst aus?“, fragte sie schließlich weiter und musterte den Schatten mit einer Spur sehnsüchtigen Interesse. „Weshalb bist du jetzt hier, neben mir, und nicht dort draußen – da, wo der Wind deine Wangen küsst?“
Neid. 150 hatte nicht gedacht, jemals aufrichtig von einem anderen Experiment beneidet zu werden. Zu hören, was 093 über die schwarze Materie dachte, löste eine wohlige Wärme in ihrer Brust aus. („Ich kann nicht anders, als dich für deine Verbindung zu beneiden.“) „Es fällt mir tatsächlich schwer, sie zu beschreiben. Die Unterwelt“, gab sie schließlich zu, wenngleich das Interesse der Geflügelten ihr schmeichelte – sie anstachelte. Ihre rosigen Pfoten begannen zu prickeln und sie musste sich davon abhalten, ihre Klauen in freudiger Erregung auszufahren. „Kalt? Warm? Lass mich dir eines sagen; das, was sie eindeutig ausstrahlt, ist Trost. Sie berührt mein Herz. Eine ferne Finsternis, ein Ort der Vollkommenheit, fernab des sterblichen Schmutzes. In einer Sache muss ich auch dich beneiden, werter Schatten. Du bist der Unterwelt näher, als ich es jemals sein werde. In mir pulsiert die Verbindung zu ihr, sie zerrt an meinen Sinnen, doch verbleibe ich sterblich. Und irgendwann, wenn der letzte Atemzug meine Lungen verlassen wird, so wird sich auch die Finsternis von mir verabschieden.“ Jene Vorstellung – eine Tatsache, welche 150 bisher nicht laut auszusprechen vermocht hatte – brach ihr derart das Herz, dass sie für einen Moment den Blick abwenden musste. „Wenn der Tod mich heimsuchen kommt, werde ich allein sein.“
„Es gibt nichts, das mir noch Trost spendet“, erklärte 093, doch der Klang ihrer Stimme hatte sich verändert; als würde erst jetzt ein Funken Wahrheit durch die Fassette sickern, welche ein fremder Körper nun mal mit sich brachte. Ja, der Schatten sprach die Wahrheit, doch war jene Wahrheit derart lieblos, derart kalt, dass 150 nicht anders konnte, als zu frösteln. Zum ersten Mal fand sie in 093‘ pupillenlosen Augen etwas, das sie beim Namen nennen konnte. Endlose Traurigkeit. Es schien, als wäre etwas in der Geflügelten erwacht; etwas, das zuvor geschlummert und sie vor der Bitterkeit ihres eigenen Schicksals bewahrt hatte. Für einen kurzen Moment befürchtete die Nackte, 093 würde sich wortlos in die Tiefe stürzen. Doch – o weh! - würde das ihr Dasein nicht beenden. Ob sie sich in einen anderen Körper hineinschleichen würde? 150‘ Sinne waren geschärft; sollte 093 den Schritt wagen und sich in den Abgrund befördern, würde die Materie sie auffangen. Das war gewiss. Sie wollte sich noch ein wenig weiter mit dem Schatten unterhalten; in diesem Körper. Ob sie sich überhaupt an jenes Gespräch erinnern können würde, sollte sie die sterbliche Hülle tauschen? Und da schlich sich noch etwas unter den Schatten, der sich auf 093‘ Gesicht ausgebreitet hatte. Etwas, das 150 auf eine seltsame Art verängstigte und die Geflügelte drohte, zu verschlucken; der Nackten zu entreißen. Also räusperte sie sich laut. „093?“, flüsterte sie und beugte sich zu dem anderen Experiment. Wachsamer Augen versuchte sie, 093‘ Blick wieder aufzufangen. „Erzähl mir von dir, 093. Nicht von dem Körper, in dem du dich gerade befindest. Was macht dich aus? Was hat dir in deinem Leben Trost gespendet?“
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Angesprochen: 093/693 Erwähnt: 200 & anhänger; andere experimente
Ort: In der Nähe von 001’s Zelle Angesprochen: Levox/871 (@Maiorskills) Erwähnt: Levox/871, 001, Charon/200, Schnee/613 (@Icespark)
Die himmelblauen Seelenspiegel der Siamkätzin weiteten sich ein wenig vor Überraschung. Hatte sie 871 mit ihren Worten verängstigt? Für einen Moment huschte ihr Blick zu ihren Pfoten, um jegliche Gefühle darin zu verbergen. Es war sicherlich nicht Calliopes Intention gewesen, Furcht im Kater vor ihr auszulösen. Vermutlich war sie zu aufgewühlt vom Sturm in ihrem Inneren, um eine gute Gesprächspartnerin abzugeben. Besonders für ein Junges, das sicherlich Beistand und Hilfe in benötigte, wenn alles um ihn herum drohte zu zerfallen. Welche Unsicherheit das in 871 auslöste, vermochte die Siamkätzin gar nicht zu sagen. Doch die frisch ernannte Wächterin rang um Kontrolle über ihre eigenen Emotionen und war deswegen kaum in der Lage, ihre unwirschen Worte zu überdenken. Betreten tappte sie von einer Pfote auf die andere, bevor sie leise seufzte und zu 871 aufschaute. Die grünen Augen beruhigten Calliope erneut auf eine Art und Weise, die ihr neue Gelassenheit schenkte. Neue Kraft, um all das Leid zu ertragen. Sollte nicht eigentlich sie zu einem Fels in der Brandung werden?
Mitleid keimte in der Kätzin auf, als sie in die jungen Seelenspiegel blickte, denn der Kleine hatte sich wohl den unpassendsten Zeitpunkt ‘ausgesucht‘, um im Labor zu landen. Wieder schluckte Calliope schwer, versucht den Schmerz in ihrem Inneren zu bändigen. Sie erlaubte sich, für einen kurzen Moment, die Augen zu schließen, während sie sich bessere Worte zurechtlegte, um 871 ihr Vorgehen nicht in aller Härte zu präsentieren. “Ich möchte jeder treuen Katze Schutz gewähren, um sicher im Labor leben zu können“, natürlich standen Grausamkeiten an der Tagesordnung, aber solange man sich an die Regeln hielt, war ein Zusammenleben möglich, “Dafür muss derjenige, der 001 ermordet hat, bestraft werden.“ Es auszusprechen, fiel ihr schwerer als Calliope gedacht hätte. Dem Tod des Anführers wurde jedes Mal neue Realität verliehen. Je öfter diese Worte den Mund der Siamkätzin verließen, desto … normaler erschien ihr nämlich der Verlust von 001. Scharfe Krallen bohrten sich in das Herz der Wächterin, da dieser Umstand beim Gedanken daran schmerzte. Bereits jetzt begann die Präsenz des mächtigen schwarzen Katers zu verblassen. “Es liegt dann an 200, zu entscheiden, wie das gerechte Strafmaß ausfällt“, Calliopes Augen schweiften erneut zu der Geflügelten und dann weiter durch die Menge. Viele der Experimente waren der Siamkätzin bekannt. Oder sie wusste zumindest deren Nummern, ohne sich bisher ein genaueres Bild von der dazugehörigen Katze gemacht zu haben. Eine weiße Kätzin mit unterschiedlichen Augenfarben hielt sich in der Nähe auf. 613?, mutmaßte Calliope, war sich aber längst nicht sicher. Sie hatte noch keine Unterhaltung mit diesem Experiment geführt. Hatte es nie als wichtig genug dafür erachtet. Auch egal, tat sie die Beobachtung ab. “Aber wir werden alles daran setzen, dass Experimenten wie dir keine Gefahr droht. Der Mörder wird kein weiteres Opfer fordern.“ Ihr Beschützerinstinkt erwacht und spiegelte sich nur allzu deutlich in ihrer Stimmfarbe wider. “Sei vorsichtig, Kleiner, bis wir dieses Monster aufgespürt haben.“
Die Vertraute 013 stellte sich neben Experiment 200, welche dies nur wortlos hinnahm. Ob sie vielleicht später noch einmal 093 aufsuchen sollte? Erst als sie leise auflachte hob Charon den Blick und schenkte diesen der Eisigen Vertrauten. Ich soll aufhören mich so richtig auf zu spielen? Glaub mir kleines... Wenn ich mich aufspiele, bist du tot und du wünscht dir, dass ich dich ziehen lasse... Dein freches Maul stopf ich dir! Die kaltblauen Augen betrachteten die Katze, deren Fleckenmuster sie an eine andere Eiskatze erinnerte, voller Hohn und Spott. "Ach? Moos? Ist das so... Ich an deiner Stelle würde acht geben, was für Worte deinen zu großen Mund verlassen... Sonst bin ich die erste, die dir deine kalte schleimige Zunge rausreißt — die Katzen im Labor haben ein Recht darauf zu erfahren, das es einen Verräter unter uns gibt. Meines Wissens sind wir nicht nur in der Pflicht, den Katzen Regeln einzuprügeln, wir sollten das Labor schützen und somit auch die Katzen, die hier leben. " Anmutig legte sie den Kopf leicht schief und zwinkerte 013 zuckersüß zu " Aber wenn du schon so die Klappe so weit aufreißt, warum schwingst du nicht deinen unterkühlten Arsch darunter und fängst an zu suchen...?" Ihre Lippen zogen sich zu einem düsteren Grinsen hoch und entblößten scharfe spitze Zähne. "Und ich denke über Stellenwerte, müssen wir uns hier nicht unterhalten... ich gedenke nicht den Thron zu besteigen, das sollte keiner von uns dreien, falls dein Kleingeist dies also wirklich befürchtet, ich kenne meinen Platz... doch solltest du den deinen auch kennen, immerhin bin ich die Mutter seiner Jungen. Ich war mehr als nur Moos -" Sie neigte sich zu Kapitän Iglo hinüber und raunte leicht anzüglich schnurrend. "Wenn wir es jedoch genau nehmen und die Vergangenheit ehrlich betrachten liebste 013... Dein Stellenwert ist weit unter mir gelegen, lass dich also nicht zu dümmlichen Gedanken hinreißen... reiß dich am Riemen - selbst ein Eiswürfel wie du, geht mir hier nicht verloren. Ich beabsichtige nicht, dich oder 769 fallen zu lassen..." Ihre Krallen kratzten leicht über den Boden. Nur eine Dumme Katze zweifelte daran, das 200 ihren Platz nicht kennen würde. Sie war eine Vertraute - 200 hatte den stärksten Einfluss auf 001 gehabt - SIE hatte an seiner Seite gestanden. Niemand war ihm so nah gewesen wie sie. Ob 013 sich nun abwenden würde? Verdammt ich vermisse 096 - ich vermisse es, sie hinter mir zu wissen. Mit wem würde ich je wieder so reden können wie mit ihr? Ich zweifle an der Loyalität von 013... wenn sie jetzt schon solche Töne spukt - ist sie überhaupt loyal? War sie es je wirklich? Wie groß ist ihr Machthunger? Ich könnte nicht mal abschätzen, ob sie nicht etwas mit 001 tot zu tun hat. Wenn du glaubst, das du mich einfach beseitigen kannst, muss ich dich enttäuschen! Ich kämpfe für das, wofür 001 stand... ich werde nicht weichen - nicht einen Millimeter. Meine Loyalität ist stark - doch bin ich nicht nicht mehr nur einer einzigen Katze verpflichtet... sondern allen. Sie betrachtete die Kätzin düster. "Ich stehe also auch zu dir - Es sei denn, du handelst gegen die Prinzipien unseres Anführers... also sei gewarnt- Ich halte genauso wenig von Verrätern wie mein Anführer, der zu den Geistern aufstieg. Nüchtern betrachtet ist sein Tod ein schwerer Schlag, aber nichts was uns das Rückgrat endgültig kosten wird..." Ihr Blick glitt hinunter zu ihrem Anführer und sie legte die Ohren zurück.
Ihre mütterliche liebevolle Seite war überhaupt nicht mehr zusehen, stattdessen stand hier der vom Tod geküsste kalte Krieger, der stets hinter 001 über den König und dessen Schatten gewacht hatte. Der auf das Leben herabgesehen hatte, der neben 001 nur einen Herrn gehabt hatte - den Tod. Bis 001 Charon dreist gestohlen und auf die Wege des Lebens geführt hatte. Charon war sich dessen nicht bewusst, doch vieles was 001 ausmachte, hatte auch ein Stück weit auf die kriegerische Seite der Mutter abgefärbt. "So und jetzt unterlass es - die Dramaqueen steht dir nicht- wir haben beide zu kämpfen, da stimme ich dir zu... Ich möchte dir jedoch ungern vor allen anderen die Krallen über die Ohren ziehen müssen... auch wenn ich es tun würde." Die unterkühlte, starre kämpferische Haltung der jüngeren Vertrauten wich ein Stück und ihre Züge würden weicher. Dann öffnete sie einen Flügel und strich tröstend mit diesen kurz über den Rücken der Eiskatze. Ob sie sich wirklich auch getroffen fühlt? Ich wünschte ich wäre nicht alleine ... ich möchte den Schmerz mit meinen Tränen fortwaschen dürfen - aber ich muss stark sein - irgendwie... " 769 ist verschwunden nehme ich an? " Eigentlich brauchte sie keine Antwort, sie hat ihn schließlich selbst verschwinden sehen. Charon seufzte leise. "Ich werde nachher mit ihm reden... doch zuerst..." Sie betrachtete die Vertraute nachdenklich. Jeder Zweifel verschwand aus ihrer Stimme, als sie weiter sprach. "... ich möchte seinen Körper verbrennen... Die stinkende Kanalisation ist seiner nicht würdig... Experiment 622 sitzt da unten... ich möchte seinen Abschied, so wie er gelebt hatte... Mit seinem inneren Feuer, mit seiner glühenden Leidenschaft, seiner Wärme und seinem unberechenbaren kämpferischen Wesen" Sie betrachtete 013 fragend, nicht sicher was diese dazu sagen würde, doch würde es nicht viel an dem Willen der Jüngeren ändern - 001 verdiente mehr als eine Stinkende Jauchegrube.
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ShaharHeilerInformationenAnzahl der Beiträge : 1127 Pfotenspuren : 479 Anmeldedatum : 07.09.20 Alter : 20
Mitgefühl. Das Wort schmeckte bitter und doch lag in Alma Augen nichts als Leere. Erst nach der weiteren Erklärung ließ sie sich zu einem vagen Nicken hinreißen. Natürlich war ihr bewusst, dass man ihrem Schicksal nicht mit Neid begegnete, musste sich allerdings davor bewahren, im Selbstmitleid zu versinken. Deswegen akzeptierte sie derartige Bekundungen nur äußerst selten. “Du hast recht, 150, ein Käfig steht auch mir nicht“, ihre Augen leuchteten amüsiert, “Aber es wäre ein Jammer gewesen, hätte ich diesen Ort vor 001’s Fall verlassen. Und nun wäre es eine noch größere Schande, so früh wieder aus dem Spiel auszuscheiden. Mir bleibt die Ewigkeit, um die Welt dort draußen erneut aufzusuchen, die Zeit drängt nicht. Warum also jetzt gehen und die Wirren der Zukunft des Labors verpassen?“, Alma wollte das Buch zu Ende lesen und nicht bei der Hälfte zuschlagen. Fürs Erste würde sie bleiben und die kommenden Intrigen mit Eifer beobachten.
“Ich habe die Wahl“, ihr Lächeln war schwach, beinahe unkenntlich, “Aber, wenn die Alternative eine noch tristere Wirklichkeit als das Labor ist, dann vergisst man schnell, dass man warten könnte. Warten auf einen Körper, eine Hülle, die einem gefällt. Letztendlich spielt es doch ohnehin keine Rolle. Es ist nur eine neue Haut, die ich nach einer Weile wieder abstreife.“ Wie alles wohl abgelaufen wäre, hätte sie 001 Leichnam gewählt? Wenig überraschend wohl. 200 hätte sie Stück für Stück auseinandergenommen. Almas Mundwinkel zuckten leicht, denn es wäre sicherlich eine interessante Wendung gewesen. Der Möglichkeit trauerte sie allerdings wenig hinterher, weil sie mit den aktuellen Geschehnissen auch zufriedengestellt war. Sie selbst musste in der Geschichte des Labors nicht die Hauptrolle spielen. Es bereitete ihr genug Freude, hinter den Kulissen zu stehen und alles gespannt zu verfolgen. “Es wäre mir sicherlich möglich, nach draußen zu gelangen. Den Anschein von Freiheit zu verspüren, aber meine Hüllen sind schwach. Sie können mir nur eine begrenzte Anzahl an Monden dienen, bevor ich sie wieder dem Tod übergeben muss. Würde ich das Labor verlassen, müsste ich viel länger warten, bis jemand verstirbt“, Alma legte ihren Kopf schief, denn diesen einen Vorteil brachte das Leben in den Zellenräumen tatsächlich mit sich, “Ich ziehe es vor in einem Körper durch die Welt zu wandern. Zu sprechen. Wer weiß, wie lange mich die Außenwelt zum Zusehen verdammen würde.“ Alma lechzte im Augenblick nicht danach, es herauszufinden. Außerdem wusste sie nicht, ob sie zurückfinden würde. Zurück in ihr Gefängnis. “Aber sag mir, 150, wohin würden dich deine Pfoten tragen, wenn niemand dir Fesseln anlegen könnte?“
Trotz der Beschreibung der Unterwelt gierte Alma noch immer darauf, mehr zu erfahren. Wie sehr sie sich danach sehnte, ihre Pfoten in die Hölle zu setzen! Aber auch 150 konnte ihr darauf wohl nur einen Vorgeschmack geben. Schon jetzt wartete sie freudig auf den Moment, in dem die Nackte beschließen würde, dass es Zeit wäre, zur Versammlung zurückzukehren. Der Moment, in dem Alma wieder die dunklen Fühler einer fernen Welt zu Gesicht bekäme. Aufgeregt zitterte ihr dunkler Schweif. “Wie soll ich der Unterwelt nah sein, 150?“, Verwirrung breitete sich in ihr aus, weil sie den Zusammenhang nicht begreifen konnte. Die Finsternis würde sich verabschieden?, Alma schmunzelte leicht, Oder würde sie einen Tribut fordern und die Dreiäugige mit in die Unterwelt reißen? Für die Seelenwanderin war es so natürlich, dass Fähigkeiten ihren Preis hatten, dass es ihr beinahe harmlos vorkäme, würde sich die Unterwelt am Ende von 150’s Tagen leise verabschieden. Wäre es nicht ein gebührender Abschied, wenn die Erde aufbrach, um ihre sterbliche Prophetin mit Haut und (Schnurr)Haar zu verschlingen? “Eines Tages, wenn sich die Finsternis an deinem Sterbebett von dir verabschiedet, wirst du dem Licht begegnen“, etwas Tröstendes kam der Kätzin nicht in den Sinn, denn für Alma war dieses Licht nie warm gewesen. Es war ihr in der Zwischenwelt wie eine kalte Sonne vorgekommen, die eine dunkle Welt beleuchtete. “Deine Verbindung wird es nicht ersetzen können, aber es kann tröstlich sein. Wie der nächtliche Mond.“
Ihre weißen Selenspiegel wandten sich wieder den vielen kleinen Katzen unter sich zu. So klein. Wie Kätzchen. Almas irres Lächeln erlosch, als sich in der Asche eines längst vergangenen Feuers neue Funken bildeten. 150 schien sie beinahe gewaltsam aus einem ewigen Schlaf wachzurütteln. Einem Schlaf, der von einem nie enden wollenden Albtraum geplagt war. Ihrem Leben. Oftmals wünschte sie sich zurück in einen Bewusstseinszustand, der es ihr unmöglich machte, Reue zu empfinden für Taten, die so abscheulich waren wie 001 selbst. Doch nun kämpfte sie tatsächlich um die Kontrolle, auch wenn Alma wusste, dass sie letztendlich verlieren würde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Wahnsinn sie wieder übermannte. Doch für diesen kostbaren Augenblick wusste die alte Kätzin die Klarheit ihres Geistes zu schätzen. 150 half ihr, sich zu besinnen, die wabernde Dunkelheit in ihrem Verstand zurückzudrängen. Die Dankbarkeit einer verlorenen Seele, der man den rechten Weg gewiesen hatte, war es, die Alma dazu brachte, ihre Geschichte zu teilen. Die Geschichte einer gefallenen Königin. Sie wirkte verglichen mit den vorherigen Minuten verändert. Leer und erfüllt. Tot und lebendig zugleich. “150“, Sie neigte ihren Kopf leicht in die Richtung der haarlosen Katze, betrachtete sie aus milchigen Augen heraus, wenngleich sie sich wünschte, ihre Seelenspiegel würden immer noch das Blau des Himmels tragen. “Vor den Nummern, vor dem Labor und vor den Fähigkeiten, war Alma wie 001. Eine Königin, nur ohne dessen Grausamkeit. Sie führte ein Leben in der kalten Welt der Zweibeiner. Führte einen Kampf ums Überleben“, Ihre Augen blickten durch die Dreiäugige hindurch, während die Bilder wie lebhafte Illusionen vor ihren Augen tanzten, “Daraus schöpfte Alma Stärke, wurde zu einer Kriegerin für die Katzen, welche sie in ihrem Herzen trug. Doch diese heile Welt zersprang, der Traum einer Königin war zerstört, als sie sich hinter den Gitterstäben des Labors wiederfand.“ Ihr Blick glitt zu den Fenstern , die nun näher schienen als sonst, und von einer fernen Realität wisperten. “093 war eine Kriegerin für die Gerechtigkeit, die sie unter dem falschen König nie fand. Eine Katze, die es wert gewesen war, dass andere für sie einstanden“, sie ließ erneut ihren Schmuck aufglühen, hielt ihn abermals aufrecht, “Und eine Rebellin, bis sie vergaß, wofür sie kämpfte.“Traurigkeit und Sanftheit vermischten sich in Almas Stimmen als sie vom Anfang des Endes berichtete. Ihres Endes. “Wegen ihrer Taten wurde sie von den Anhängern des falschen Königs ermordet.“ Der Anfang ihres langen Falles in die Tiefe. Alma pausierte, ordnete Gedankengänge und Überlegungen. Der geisterhafte Schmuck auf ihrem Körper verblasste, wie eine ausgepustete Flamme. “Als 093’s Licht erloschen war, fand sie sich in einer Welt zwischen den Schatten wieder. Sie war eine verlorene Seele, die der Illusion anheimfiel, das Leben nach dem Tod erreicht zu haben. Die Dunkelheit und Einsamkeit beschleunigten das Zersplittern ihres Geistes, fraßen sich in ihr Herz“, und in diesem Moment fühlte Alma all den Schmerz aufs Neue. Als würde sie an einem Strick über dem Abgrund hängen, dazu verdammt, jeden Augenblick hinunterzustürzen. “Die Finsternis gebar einen Schatten, der auf eine endlose Wanderung geschickt wurde. Als 093 das nächste Mal atmete, wurde sie bei einer fremden Nummer gerufen, hatte Besitz eines zurückgelassenen Körpers ergriffen. Die Wanderin fand sich auf Neue in der grausamen Wirklichkeit wieder, der sie nie wieder entkommen würde.“ Alma schloss ihre Augen, hieß die Dunkelheit unter den gesenkten Lidern willkommen. Sie wünschte sich, ruhen zu können. “Der Wächter des Todes wählte sie eines Tages als Beute aus. Verfolgte, begleitete den Schatten als Jäger durch viele Leben. Machte die ewige Wanderin zu einer Spielerin“, nun war sie beinahe am Ende angekommen. Am Ende einer Geschichte, die sich nicht wie ihre eigene anfühlte. Denn wer war SIE in diesem Augenblick? Königin? Kriegerin? Schatten? Oder das, was übrig blieb, wenn alle anderen wichen? Langsam, sehr langsam, hob sie ihren Kopf. “Ich habe viele Rollen gespielt und kann dir doch nicht sagen, wer ich bin, 150. Nicht mehr“, ein erschöpftes Lächeln erblühte in ihrem Gesicht, “In diesem Moment bin ich wach. Aber die Dunkelheit wird mich wieder überkommen. Wie Schlaf.“ Es war erst schmerzhaft, wenn sie wieder zu sich kam und nicht, sobald sie überwältigt wurde. Wie gerne würde sie vom Himmel träumen, von Blumen und der Wärme der Sonne. Almas Augen ruhten auf der dreiäugigen Kätzin. Vielleicht würde 150 sich an Alma erinnern, wenn sie selbst es nicht konnte.
DaenyÄltesterInformationenAnzahl der Beiträge : 1242 Pfotenspuren : 229 Anmeldedatum : 28.12.18 Alter : 23
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52806 ] So Mai 01, 2022 1:13 pm
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150 „Re“
008 posts | word count: 1539 fähigkeit: schwarze materie | steckbrief Standort: nahe des versammlungsortes
„Du hast Recht.“ Gewiss. „Die Intrigen des Labors besitzen einen süßen Beigeschmack – ihnen zu entkommen erscheint beinahe unmöglich. Ich frage mich nur, ob wir uns gewollt zum Bleiben entschließen oder nicht anders können, als diesem Fiasko beizuwohnen. Eine Sucht, die es zu befriedigen gilt.“ Ihre Worte galten in erster Linie der Nackten selbst. Die Möglichkeit, ihrem stählernen Käfig zu entkommen, hatte sich ihr durchaus eröffnet – sei es durch den Tod oder durch jene mutigen Gesellen, die sich mit eigener Faust ihre Freiheit erkämpft hatten. Doch hatte ihr bisher die Entschlossenheit gefehlt, jenen Schritt zu wagen; ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen. Ja, der Alltag hatte doch etwas bequemes und 150 war derart festgefahren in diesen Komfort, das sie jeglichen Wunsch nach Freiheit in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins schob. Es stand ihr nicht zu. Hineingeboren in jene grauen Wände war sie zu einer Prophetin gemacht worden; die Finsternis begleitete sie auf diesem Wege, doch wer konnte ihr schon versprechen, dass sie ihr nicht aus den Pfoten glitt, sobald sie einen falschen Schritt tat? Ja, 093 hatte Recht. Und die Nackte redete sich ein, dass auch sie selbst einen wichtigen Part im Labor spielte, ein Part, welcher sie zum Bleiben überzeugte; die Beobachterin. Doch kam sie in jenen kurzen Herzschlägen nicht umhin, sich zu fragen, wie es wohl den Experimenten ergangen war, welche dem Käfig entkommen waren.
Warten. 150 betrachtete ihre Gesprächspartner mit ruhigen, nachdenklichen Augen und kam nicht umhin, zu bedauern, in welchen Dingen sich die beiden Experimente unterschieden. Ja, der Schatten besaß das Geschenk, einfach warten zu können – warten auf bessere Tage, bessere Möglichkeiten; ein besseres Leben? Die Nackte würde ihren eigenen Körper um nichts in der Welt hergeben, war ihr ihr eigenes Spiegelbild doch derart ans Herz gewachsen, doch wurde ihr da auch schmerzlichst bewusst, dass sie den Luxus des Wartens nicht besaß. Die Zeit spielte gegen sie, holte sie ein wie ein Raubtier, das – wenn der richtige Tag käme – ihre Beute erbarmungslos verschlingen würde. Was käme dann? 150 hoffte, dass sich die Finsternis ihr in ihrer Barmherzigkeit offenbaren würde; sie in jene Welt einladen würde, für welche die Nackte gerade nichts weiter war als eine Verbindung, ein Botschafter. Doch die Dinge waren ungewiss und wer wusste schon, ob mit dem Abkühlen ihres toten Leibs nicht auch ihr Dienst im Namen der Unterwelt erfüllt sein würde? Was, wenn die Finsternis weiterwandern würde, zu ihrem nächsten Propheten – und 150 dabei zurücklassen würde, ohne sie auch nur eines weiteren Blickes zu beachten? Jene Sorge grenzte beinahe schon an Verrat, weshalb sich die Nackte ihre trügerischen Gedanken aus dem Schädel schüttelte und sich wieder auf das konzentrierte, was gerade wirklich wichtig war: die Konversation mit dem Schatten. 093 erklärte ihr gerade die Beweggründe über ihr Bleiben im Labor und die Dreiäugige ermahnte sich, sich künftig während eines laufenden Gesprächs nicht derart in ihrer eigenen Gedankenwelt zu verlieren. „Kannst du nur die Hüllen einer Katze benutzen?“, fragte sie schließlich. Sie versuchte zu verstehen, weshalb das Wandern dort draußen sich für den Schatten als komplizierter gestalten würde, als zunächst vermutet. Immerhin konnte die Welt außerhalb des Labors nicht barmherziger sein als hier drinnen; gewiss begegnete man auch dort laufend dem Tod? Doch konnte sie nichts weiter als Vermutungen äußern. Das, was sich außerhalb ihres Käfigs abspielte, glich einem Schauspiel; etwas, das sie als Außenstehender nur aus nichtssagender Entfernung betrachten konnte. „Aber sag mir, 150, wohin würden dich deine Pfoten tragen, wenn niemand dir Fesseln anlegen könnte?“ Die Frage traf die Nackte unerwartet; womöglich deshalb, weil das Interesse für ihr eigenes Wunschdenken in der Regel von ihr selbst kam. Nachdenklich wandte 150 den Blick ab, um erneut die Versammlung unter ihren Pfoten zu betrachten. In 093‘ Frage lag ein gewisses Gewicht; sie schien bedeutsam und 150 wollte die richtigen Worte wählen, um sie zu beantworten. „Ich kenne nur dieses Leben; die Dinge außerhalb des Labors wurden mir nur durch Erzählungen weitergetragen. Kann ich also wirklich behaupten, ein Verlangen nach einem Ort zu haben, welchen ich nie mit eigenen Augen erblickt habe?“ Doch dann lächelte sie. Und in ihrem Lächeln lag eine unbeschreibliche Sehnsucht. Als sie fortfuhr, sah sie 093 aus vielversprechend leuchtenden Augen an: „Dort draußen soll es riesige Mengen an Wasser geben. Wüsten aus Salzwasser. Ich möchte meine Pfoten in ewiges Blau strecken, die Hitze der Abendsonne auf meinen Wangen spüren.“ Dann traf sie eine gewisse Traurigkeit; die Gewissheit, das das Meer nichts weiter bleiben würde als das, was es gerade für sie war – eine Erzählung. „Wenn dich deine Pfoten in die rechte Hülle tragen werden, 093, egal, wie viele Monde bis dahin vergehen – und wenn du dort stehen wirst, die Zehen in nassen Sand gegraben, dann bitte ich dich um eines; denk an mich. Denn vielleicht wird mich dein Gedanke allein etwas näher an jenen Ort bringen.“ Sie lächelte. Ein dümmlicher Wunsch angesichts der Tatsache, dass sich die beiden Experimente erst seit kurzer Zeit kannten. „Doch kommen wir zu dir zurück. Wenn die Geschichte des Labors abgeschlossen ist, wo wird dich dein Weg dann hinführen?“
093 gierte nach mehr, als das, was die Nackte ihr bieten konnte – jene Gefühle und Eingebungen der Unterwelt, welche sich 150 eröffneten und sie tagtäglich begleiteten. Doch selbst der Nackten blieb mehr verweigert. Selbst ihr war das Ausmaß der Unterwelt nicht bekannt. Sie schenkte dem Schatten daher ein entschuldigendes Lächeln. „Wie soll ich der Unterwelt nah sein, 150?“ Die Nackte schmunzelte. Es war schwer, ihren Neid zu begreifen, wenn man nicht selber an der unsichtbaren Leine hing, welche die Unterwelt um ihren Hals geschnürt hatte. Sie durfte sich in ihrer Präsenz baden, doch war es die Sterblichkeit, die sie davon abhielt, einen Schritt tiefer zu gehen. Die Sterblichkeit band sie an die Welt, in welcher sie sich gerade befand. „Du bist dem Tod einen Schritt näher als ich; als die meisten hier.“ Sie deutete mit der kahlen Pfote auf die Versammlung unter ihr. „Das bringt dich auch der Unterwelt näher. Es würde mich brennend interessieren, welche Dinge sich jemandem wie dir offenbaren würden, wärst du mit meiner Verbindung zur Finsternis gesegnet. Womöglich könntest du ihr vollständiges Potenzial auskosten.“ Weiter ging sie auf diese Möglichkeit nicht ein. Sie wollte nicht darüber nachdenken, dass sich die Finsternis womöglich für einen falschen Propheten entschieden hatte. “Du wirst dem Licht begegnen.“ Vielleicht. Vielleicht würde man sie auch mit ewiger Leere strafen. Sie ließ sich ihre Sorge allerdings nicht anmerken und schenkte 093 stattdessen ein dankbares Nicken.
Und da war es. Jener Moment, auf welchen 150 derart begierig gewartet hatte. „150“, begann der Schatten und die Nackte konnte nicht anders, als sich weiter vorzubeugen, die Ohren beinahe schmerzhaft gespannt. Die Wahrheit. 093 erzählte von ihrem ersten Leben, ihrer Stärke, ihrem Dasein einer ehrenvollen Kriegerin; ihrem Körper. Sie weihte die Nackte ein in ihren Absturz, den Schmerz, die Verbitterung; das ewige Spiel mit 200.. 150 horchte jedem ihrer Worte ehrfürchtig, wie ein kleines Kätzchen, welchem man Geschichten über Helden vergangener Tage erzählte. Sie schwieg, wagte es nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben, während der Schatten sich in seiner Vergangenheit verlor, verlorenen Schmuck an ihrem Körper aufleuchten ließ. Doch eines blieb der Nackten während jener Erzählung besonders hängen; beinahe schmerzhaft hatte es sich ihr ins Gewissen gebrannt, verboten, und auf irgendeine Weise doch hoffnungsvoll. Ein Name, der den Schatten zu mehr machte als einer einfachen Nummer. Alma. Keiner der Experimente hatte 150 bisher eingeweiht in die Geheimnisse außerhalb des Labors; in vergangene Identitäten, vergangene Leben. 093‘ Namen zu hören weckte etwas in der Nackten, eine ferne Erinnerung. Und ihr wurde bewusst, wahrlich bewusst, was das Labor der einstigen Kriegerin genommen hatte. Was sie jedem stahl, der das Unglück fand, dort, im ewigen Grau eingesperrt zu werden. Ihr Blick wanderte zurück hinab, zu 001‘ Leiche und dem jämmerlichen Anblick, den der einstige Führer da bot; ein Symbol des Labors. 150 fasste einen Entschluss. Da, in jenem Moment, erwachte sie. „Wir sind mehr, als unsere Hüllen“, begann sie schließlich, nachdem 093 geendet hatte. Mit neu entbrannter Entschlossenheit sah sie den Schatten an. „Mein Leib, er unterscheidet sich nicht von deinem. Ein sterblicher Käfig; doch ist es nicht das, was uns ausmacht. Wir sind mehr. Alma wurde damals nicht getötet, man hat ihr nur ihre Hülle genommen. Verstehst du nicht? Sie ist immer noch hier. Du bist immer noch Alma. Egal, in welchem Körper du wandelst. Selbst die Dunkelheit wird dir das nicht nehmen können.“ 150‘ Herz donnerte laut gegen ihren Brustkorb, spornte sie in der Aufregung an, welche ihren Körper erfasste. (Sie war erwacht.) „Wir sind mehr als unsere Hüllen“, wiederholte sie eindringlich, „Und -“ Sie zögerte. Doch weshalb? Dort oben gab es niemanden, der sie aufhalten konnte. 001 war gefallen und seine Anhänger erwartete nichts weiter, als das selbe Schicksal. War das der Vorgeschmack auf Freiheit? „- wir sind mehr als einfache Nummern. Ich möchte dich nicht länger 093 nennen.“ Da, die Worte hatten ihren Mund verlassen. Ihre Wangen brannten, die Aufregung schien ihren Körper, ihren Geist aufzuheizen. Die Geflügelte hatte ihr die Augen geöffnet. Die ferne Erinnerung fand in jenen Sekunden an Stärke wieder. Klar und deutlich hallte sie in ihrem Kopf wider. „Alma“, sprach sie, in ihren Augen spiegelte sich Vorsicht wider. Würde man es ihr gestatten, die Kriegerin beim Namen zu nennen? „Mein richtiger Name ist Re.“
*
Angesprochen: 093/693 Erwähnt: 001; 200 & anhänger; andere experimente
“Vielleicht ist es eine Sucht. Oder doch Furcht?“, Almas Blick wanderte in die Tiefe, “Ist es nicht einfacher, von der großen Freiheit zu träumen, anstatt diese tatsächlich anzustreben?“ Ein abfälliges Lächeln huschte über ihre Lippen. “001 war für viele ein guter Lehrer. Der gefallene Anführer hat gezeigt, wie unkompliziert das Leben sein kann, wenn man das selbstständige Denken aufgibt.“ Es blieb abzuwarten, wer nun wieder damit anfangen würden. Oder auf 200 und die anderen Vertrauten setzten, um nicht aus ihrem eingetrichterten Alltag gerissen zu werden. Wie einfach es wäre, sich auf dem Strom treiben zu lassen, anstatt selbst zu schwimmen. Oh, wie einfach. Aber Alma war der Überzeugung, dass auch die Dreiäugige nie eine Mitläuferin sein würde. Das eigene Schicksal in fremde Pfoten zu legen, brachte niemals etwas Gutes hervor. Die Seelenwanderin hatte ihre Zukunft schon immer selbst in die Hand genommen. Zumindest, als es noch Wünsche in der alten Kätzin gab, welche die hungrige Leere in ihrem Inneren füllten. Romantische Liebe war der Seelenwanderin in all den Monden fremd geblieben. Abstrakt und fern. Sie hatte dieses Gefühl nie begreifen, empfinden können. Denn auch ihr Herz sollte wohl ganz ihr Eigentum bleiben. Es hatte lange gedauert, bis sie begriffen hatte, dass es auch keine Gerechtigkeit in der Welt gab. Keine höhere Macht, die einem verdiente Belohnungen überreichte. Man musste das, was man wollte, an sich reißen. Mit aller Macht. Eines konnte sie 001 nicht absprechen; er hatte das Prinzip des Stärkeren begriffen. Nein, Dummheit würde sie dem gefallenen Herrscher nicht zudichten. Was ihn vom Thron gestoßen hatte, war alleine sein verblendetes Gemüt gewesen. Ein Königreich aufzubauen war das eine, aber es vor dem Fall zu bewahren, etwas völlig anderes. Eine Herausforderung, an der viele scheiterten. Ein weiterer Beweis dafür, dass 001 nur einer unter tausendenden Gescheiterten war. Er war zwar am oberen Ende der Nahrungskette gelandet, doch diese Tatsache konnte ihn letztendlich nicht vom Sturz retten. Je höher man hinaufstieg, desto tiefer konnte man fallen, wenn man sich über die Situation nicht im Klaren war. Und Alma war nicht der Meinung, dass 001 nach unten geblickt hatte. Gesehen hatte, wie weit er gekommen war, und was er dafür geopfert hatte. Nein, seinen Kopf hatte er hoch in die Luft gereckt, hin zu seinen falschen Göttern. Irgendwann hatte er unweigerlich stolpern müssen. Hatte seine Geschichte nicht zwangsläufig dieses Ende genommen? Kein König konnte die Ewigkeit regieren. Keiner konnte sich vor dem Fall bewahren. Und auch Alma war gestürzt. Oh, wie weit sie gefallen war. Wie lang ihr Sturz andauerte. Ob sie jemals am Boden aufschlagen würde?
Nur die Hüllen von Katzen ... Die Geflügelte blinzelte voll Unverständnis. Es kam ihr absurd vor, zu versuchen, einen Körper anzunehmen, der ihr nicht im Geringsten ähnelte. Wenn sie nun ihre Pfoten musterte, waren sie zwar rabenschwarz und mickrig, aber es waren doch vier funktionierende Pfoten. Alma streckte ihren Verstand nach den Schwingen aus, die sich noch immer seltsam fremd anfühlten. Ein Körperteil, nach dem sie nie gefragt hatte. Das sie nicht nötig hatte. Trotzdem war Raven ein Gefäß, das sie daran erinnerte, wer sie war und immer bleiben würde. Eine Katze. “Jedes Mal, wenn ich eine neue Gestalt annehme, ist sie ungewohnt. Manchmal sind Geräusche lauter, meine Sprünge weiter. Manchmal sind die Krallen stumpf“, sie streckte ihre Pfote nach vorne, fuhr die Krallen langsam aus, “Selbst wenn die ersten Schritte schwach und unbeholfen sind, so erinnere ich mich, wie es ist zu laufen. Zu sprechen, mit einer unbekannten Stimme. Zu kämpfen, denn ich vergesse die Kriegerin in mir nicht.“ Almas Augen sprangen zu den künstlichen Sonnen des Labors. Selbst als farbige Flecken in ihrem Blickfeld tanzten, wandte sie sich nicht vom Licht ab. “Die Schwingen des Raben erlauben es mir nicht zu fliegen. Warum sollten die Beine eines Zweibeiners mir das Gehen ermöglichen?“, sie neigte ihren Kopf, während sie über all die Möglichkeiten nachdachte, die ein vollkommen anderer Körper mit sich bringen könnte. Aber Alma wollte sich nichts weiter, als ihre eigene Gestalt – die Erinnerung daran – am Leben zu erhalten. Ein Schauder lief über ihren Rücken. Wie das leise Flüstern der Kälte, welche sie nicht mehr wahrnehmen konnte. Ob 150 verstehen konnte, dass Alma nie vom Fliegen geträumt hatte? Sich nie gewünscht hatte, durch die Augen von 001’s Göttern auf ihre Welt herunterzublicken? “Außerdem ist die Welt, die das Leben vom Tod abgrenzt, wie ein dunkler Sternenhimmel. Und ich wurde nicht dazu geboren, durch die Finsternis zu navigieren.“Ob es dem Wächter des Todes anders erging?“Es ist eine Düsternis, welche selbst die schärften Augen nicht durchdringen können. Wenn ich meine Pfoten auf einen neuen Pfad setze, ist er endgültig. Dann werde ich nie wieder zurückfinden. Und ich habe dem Todesengel ein bindendes Versprechen gegeben. Bis ich es eingelöst habe, werde ich hier verweilen.“ Vielleicht war das Labor nur eine einzelne Station auf Almas Wanderung. Im Laufe der Zeit würde ihr Leben hinter Gittern wohl zu einem Schatten verblassen. Noch war das Grau aber ihre Realität.
“Kann ich also wirklich behaupten, ein Verlangen nach einem Ort zu haben, welchen ich nie mit eigenen Augen erblickt habe?“ Selten nahm Almas Gesichtsausdruck einen sanften Zug an, doch 150 entlockte ihn der Seelenwanderin. Als sie ihren Mund öffnete, klang ihr Stimme beinahe weich. “Kann eine unsterbliche Seele nach dem endgültigen Tod verlangen?“ Lange hatte diese eine quälende, schmerzende, wiederkehrende Frage Alma begleitet. Und doch hatte sie ihre Antwort, ihre Wahrheit gefunden. Der Ausdruck in den Seelenspiegel der Dreiäugigen zogen Alma in den Bann. Sie musste für einen kurzen Moment die Lider senken, um der starken Empfindung darin zu entfliehen. 150 brachte die alte Kätzin dazu, schwer zu schlucken. Sich zu erinnern. An das Gefühl, sich nach mehr zu sehnen. Nach Erfüllung zu streben. Almas Antrieb war allerdings schon längst kein brennender Wunsch mehr. Ihr Herz war erfüllt von der Abwesenheit von Träumen. Von einem Nichts, das alles andere verschlungen hatte. “Das Meer also … Ist es die dunkle Tiefe oder doch die endlose Weite, welche dich anzieht, 150?“Das Bekannte oder doch die Fremde? Beim Wunsch der Kätzin neigte Alma andächtig ihren Kopf, bevor sie wieder in die blassen Seelenspiegel der Nackten schaute. Versprechen waren etwas, das der Seelenwanderin eine Richtung in der Endlosigkeit wies. “Wenn meine Pfoten mich zum fernen Blau tragen, werde ich den Wellen ein Lied von dir singen, 150.“ Alma würde dem säuselnden Rauschen des Ozeans antworten. Ihm die Geschichte einer Prophetin der Unterwelt zuwispern. Und der Auserwählten der Hölle damit einen Hauch von Unsterblichkeit schenken.
“Es spielt keine Rolle, wohin mich meine Pfoten tragen. Wenn eine Erzählung abgeschlossen ist, wird an einem anderen Ort, eine neue beginnen. Ich werde diesem Kreislauf noch lange beiwohnen“, eine seltsame Gewissheit erfüllte Almas Worte, “Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde mein Pfad mich wieder zum Anfang führen. Auf die grauen Straßen eines grausamen Zweibeinerorts, den ich dennoch mondelang mein Zuhause genannt habe.“ In Gedanken verspottete sie sich selbst für ihre lächerlichen Worte. Was wollte sie dort vorfinden? Gebeine von alten Bekannten? Sie zuckte mit einem Ohr, wollte etwas hinzufügen, als ein schmerzhaftes Ziehen in ihrem Schädel sie ablenkte. Vor ihren Augen verschwamm die Welt für den Bruchteil einer Sekunde. Alma holte tief Luft, ihre magere Brust bebte. Fokus. Fokus. Fokus. Traurigkeit ergriff die alte Kätzin, nagte an ihrem Inneren. Wie lange hatte sie noch Zeit, bevor ihre Klarheit ausgelöscht werden würde?
Alma. Das Herz der Seelenwanderin machte einen freudigen, verwirrten, berührten Sprung, als sie ihren Namen vernahm. Ob 150 verstand, dass sie viele, unzählig viele Monde, nicht mehr so genannt worden war? Bis zu diesem Wimpernschlag war Alma nicht einmal bewusst gewesen, was sie verloren hatte. Nicht, bis die Dreiäugige es ihr zurückgab. In ihrem ersten Leben hatte die Kätzin ihren Namen gehütet wie einen kostbaren Schatz. Sie hatte ihn nicht versteckt, ihn mit Stolz getragen. Denn selbst die unrechtmäßigen Regeln und 001 hätten nie in der Lage sein dürfen, ihn ihr zu entreißen. Nein, nur das Schwinden ihrer Klarheit hatte ihren Namen verblassen lassen. Ihren Namen. Ihren Namen. Alma. Ein bleiches Feuer entbrannte in der alten Kätzin, ließ kalten Zorn erwachen. Es war ihre eigene Schuld, dass sie ihn verloren hatte. Ihm nicht mehr würdig war. Es war nicht nur Selbsthass, der sie dieses Mal übermannte, sondern Traurigkeit. Jeder Verlust, jede Enttäuschung, jede Niederlage; alles traf sie mit unbarmherziger Härte. Wie gerne sie gerade vergessen würde. Wie auf Knopfdruck in einen umnachteten Geisteszustand wechseln. Aber es blieb ihr verwehrt; eine Strafe für ihr Erwachen. Obwohl die Seelenwanderin ihre Situation begriff, war sie nicht fähig, etwas zu verändern. Ihr Verständnis erlaubte ihr noch lange nicht zu handeln. Alma war ein Vogel, der verlernt hatte, zu fliegen. Sie glaubte, zu stürzen, bis in 150’s Unterwelt und weiter. Weiter. Weiter. Sie wollte schreien, aber kein Laut verließ ihre Lippen. Almas Schmerz verklang still in der Leere. Die Seelenwanderin war dazu verdammt, niemals gehört zu werden. Alma blickte auf, in 150 lebendige Augen, die ihr eine Welt versprachen, in der sie wieder eine stolze Kriegerin sein konnte. Wieder Alma sein konnte. Und dann schüttelte sie ihren Kopf. “Nein, dieser Name wird nie wieder der meine sein“, der Ausdruck ihrer Seelenspiegel war dem Tod näher als sie selbst und aus ihrer Stimme sprach eine traurige Endgültigkeit, “Ich bin zu einem Schatten geworden. Einem Echo. Einer Erinnerung. Niemals werde ich ihr, Alma, wieder gerecht werden. Es ist ihr Andenken, das ich wahren werde. Sie ist keine verbitterte Seele; Alma ist eine Königin.“Hatte es je Worte gegeben, die ihr so schwer und doch leicht über die Lippen gekommen waren? In diesem Augenblick gab es für Alma nur sie selbst und ihr Gegenüber, als hätte sich ein Schleier über die restliche Welt gelegt. Die entfernten Stimmen verklangen und waren in ihren Ohren nichts weiter als ein gleichmäßiges, einschläferndes Rauschen. Es dauerte eine Weile, bis Alma es wagte, die schwere Stille zu durchbrechen. “Ich danke dir, Re“, Almas Stimme nahm erneut eine wärmere Färbung an, als sie zur Nackten blickte. Zur Katze, die bereit gewesen wäre, ihr etwas zu geben. Anstatt zu nehmen. “Aber ich werde diesen Namen nicht erneut tragen.“ Manche Dinge verlor man auf der Wanderung. Es gab einen Punkt, von dem aus es kein Zurück mehr gab. Das Feuer in Almas Inneren erlosch, als würde sie in den Tiefen eines klaren Ozeans versinken, der den Himmel reflektierte. In einem Blau, das Almas Seelenspiegeln so sehr ähnelte. Schweigend blickte Alma in die blassen Iriden der Dreiäugigen. Ich werde den Wellen ein Lied von dir singen, Re.
Nachdem die weiße Kätzin Levox auf ihrem Rücken das Labor gezeigt hatte, war sie noch ein wenig herumspaziert. Spaziert war wohl das falsche Wort, da sie eher auf der Suche nach irgendwelchen Gängen war. Nach Wegen, die sie übersehen hatte. Weil sie versteckt oder an ungewöhnlichen Orten waren. Irgendein Weg, der nach draußen führte, ohne dass die Wächter es mitbekamen. Eigentlich war es sinnlos. So oft, wie sie überall schon entlang getigert war, gab es hier nichts mehr, was sie nicht kannte. Und trotzdem gab sie es nicht auf. Sie würde irgendwann - und selbst wenn es noch 30 Monde dauerte - zurück zum Clan kehren. Und dort würden Chayton und Blüte auf sie warten.
Vertieft in ihre Gedanken näherte sich Schnee 001s Zelle, als sie einen kleinen Kater entdeckte. Es war Levox, der mit 278 redete. Soweit sie wusste, war das eine Wächterin! Leicht nervös peitschte ihr schweif von links nach rechts. Hoffentlich verplapperte der Kleine nichts! Das würde sowohl für ihn, als auch für sie selbst nicht gut enden. Sicherheitshalber näherte sie sich also mit etwas schnellerem Schritt den beiden. "278, 871.", grüßte die Kätzin, als sie angekommen war. "Guten Tag, ich hoffe ich störe nicht." Respektvoll neigte sie leicht ihren Kopf und kümmerte sich dann um einen freundlichen Gesichtsausdruck.
278's Worte klangen beruhigend, doch Levox war nicht überzeugt. Das Rätsel blieb beim Warum. Warum hatte jemand den Kater und Anführer getötet, der doch bei allen so beliebt gewesen zu sein schien? Was rechtfertigte ein solches Vorgehen? Levox dachte an den Kater, den er heute morgen gesehen hatte: Überall am Körper frische Wunden, tiefe darunter, und ein Vorderbein gebrochen. Ob er demselben Monster begegnet war? Und wenn nicht, dann gab es offensichtlich mehrere Monster im Labor, und die älteren Katzen konnten nicht einmal das erste finden. Ob er der Siamkatze davon erzählen sollte? Wirklich sicher fühlte er sich auf jeden Fall kaum mehr. Etwas paranoid blickte er hinter sich, um sich zu vergewissern, dass ihn nicht gleich jemand anspringen würde. Doch zu seiner Erleichterung war dort nur Schnee, die mit freundlichen, aber besorgtem Blick auf sie zugelaufen kam und begrüßte. Die Angst wich aus Levox' Körper, als er an ihr vorbeistriff und seines an das beinahe ebenso weiße Fell der Kätzin schmiegte und damit den restlichen Staub, der noch an seinem Kopffell hing, gleichmäßig über ihre Seite verteilte.
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Zuletzt von Maiorskills am Di Mai 03, 2022 7:59 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet (Grund : Erwähnt vergessen)
TaeEhemalige AnführerinInformationenAnzahl der Beiträge : 5429 Pfotenspuren : 2071 Anmeldedatum : 15.07.18 Alter : 24
Never Forgotten Charaktere:
Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52833 ] Di Mai 03, 2022 11:20 pm
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"but i can’t feel a thing. the emptiness is heavier than you think."
- Midir -
Exp. 769 † Midir † Vertrauter † Teilchenmanipulator † Supporter Aufmerksam hatte 702 den Worten des Vertrauten gelauscht und platzte zu seiner Überraschung nicht mit neunmalklugen Ausrufen dazwischen. Durch seinen Monolog wirkte der Sohn des Anführers wie von einem tiefen Schlaf erwacht. Mit gespitzten Ohren hatte er sich ihm zugewandt obgleich nach wie vor Schwermut sein Herz beherrschte. Nicht jeden Tag verlor man ein Experiment, das einem Gott ebenbürtig schien. Egoistisch musste er sich fragen, wer von dem Verlust mehr betroffen war. Sein Sohn oder jener Kater, der ihn aufrichtig und bedingungslos geliebt hatte? Welch grausame Unterstellung er ihm selben Atemzug doch tätigte und dennoch würden sie nie auf einer Ebene zusammen stehen. Ihre Liebe wahr unterschiedlich. "Eine gute Entscheidung. Die Hierarchie soll nicht zusammen mit unserem Anführer fallen. Sein Erbe muss bestehen bleiben." 702 war wohl das am wenigsten verweichlichte Kind des 001s. Seine Geschwister waren jedoch verloren. Die eine zu neugierig, um sie ernst zu nehmen und die andere zu schwach, um sich selbst zu verteidigen. Wie sollte das Volk auch nur einen von ihnen ernst nehmen. Aber der Kater hatte zumindest eine Chance, ganz egal wie schmal der Grat doch war. Midir gab sich in diesem Moment taktisch loyal und aufgeschlossen, wusste aber selbst nicht, wie er seine Gefühle einordnen sollte. Er wusste nur, dass er sich in der Mitte eines Hurricanes befand. "Löblich... Was ist mit deiner Mutter?" Wird er vor ihr kuschen oder möchte er die Wünsche seines Vaters wirklich durchsetzen? Wie stand es um 200 selbst? Wurde sie nun weich, weil sie mehrere Kinder gebar und ihren Ehemann verlor? Midir konnte und wollte dieser Situation nicht trauen. Leise lachte der Kater auf als der kleine Scheißer ihm doch wirklich drohen wollte. Sollte er es drauf anlegen, konnte er seinen Schädel zu Staub zermalmen. Royales Blut hin oder her, nun gab es nichts mehr, was ihn aufhalten könnte. Nicht nach all den Spritzen, nicht nach all dem Training. Trotzdem schwor er 001 Treue, was wohl auch für seine Kinder galt. Unangenehm. "Das klingt schon mehr nach ihm."
Zusammenfassung für Demenzkranke (me)- cant be loyal to 200 because she failed to defend 001 - told 093 he was loyal to himself - wants to keep 001 and the system alive by becoming the king - wants to talk to 200 about her plan now
Ort: In der Nähe von 001’s Zelle Angesprochen: Levox/871 (@Maiorskills), Schnee/613 (@Icespark) Erwähnt: Levox/871, 001, Schnee/613
Calliope blickte zu 871 hinunter, versuchte verzweifelt Worte zu finden, die dem kleinen Kater helfen konnten. Und das, obwohl eigentlich sie diejenige war, die unablässig um ihre Fassung rang. 001 Tod hatte die Schatten um sie herum länger und die Last auf ihren Schultern schwerer gemacht. Trotzdem war die Wächterin darum bemüht, dem Jüngeren den Anschein von Sicherheit zu vermitteln. Nun, er würde vielleicht nicht zum stärksten Krieger heranwachsen, aber Calliope war sich im Klaren darüber, dass das System mehr Chancen hatte, zu bestehen, wenn es Katzen schützte. Katzen, die würdig waren und die nötige Stärke mitbrachten, um im Labor zu bestehen. Die Siamkätzin war selbst nicht mit überdurchschnittlicher Stärke geboren worden, aber ihr Leben hatte eine Kriegerin aus ihr gemacht. Sie hatte einen langen Pfad beschritten, seitdem sie das Dasein als verhätscheltes Hauskätzchen hinter sich gelassen hatte. Ob ihre Zweibeiner in all den Monden überhaupt zurechtgekommen waren, ganz ohne sie? Calliope bezweifelte es ja. “Wir müssen jetzt alle stark bleiben, Kleiner“, sie versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln, welches ihr sicherlich nur gelang, weil sie ihre Gesichtszüge gut beherrschte. Und sie … ja, sie musste nicht nur stark bleiben, sie musste ein Vorbild sein.
Calliope reckte ihr Kinn ein wenig mehr in die Höhe und ließ ihre Augen einmal mehr wachsam umherschweifen. Die schneeweiße Kätzin, welche ihr bereits zuvor ins Auge gefallen war, näherte sich mit schnellen Pfotenschritten. Calliopes schokoladenbraunes Ohr zuckte nachdenklich. Hatte sie die Kätzin mit den verschiedenfarbigen Augen etwa einen Wimpernschlag zu lange angestarrt? Fühlte sie sich deshalb aufgefordert, mit ihr – ihnen - zu sprechen? Denn eigentlich hatte Calliope ihr nicht viele Blicke gewürdigt. Daran, dass die Weiße nur daran interessiert war, 871 zu treffen, verschwendete Calliope keinen Gedanken. Sie straffte leicht ihre Schultern, stählte sich für die wohl folgende Unterhaltung. Die schneeweiße Kätzin hatte sich in den Augen der frisch ernannten Wächterin noch keine Anerkennung verdient und wurde von Calliope deswegen äußerst skeptisch betrachtet. Noch wusste sie nicht, wie das jüngere Experiment zu der aktuellen Situation, 001 und dem System stand. Ob sie es herausfinden würde? Prüfend kniff Calliope ihre himmelblauen Augen bei 613’s Begrüßung zusammen. Wollte sie sich so schnell nach Calliopes Ernennung bereits einschleimen? Erst, als sie bemerkte, wie 871 sich in der Gegenwart der anderen Kätzin entspannte, begann auch Calliope deren Anwesenheit langsam zu dulden. “613“, ihren Worten fehlte es an gespielter Höflichkeit. Sie waren erfüllt von Gleichgültigkeit, weil Calliope begann, ihre Maske aus Kälte und Abweisung wieder aufzusetzen. 871 hatte eine überraschende Güte in der Siamkätzin wachgerufen, die nur noch schwach aufglomm, wenn ihre Augen zum jungen Kater schweiften.
“Ich hoffe, ich störe nicht." Oh, beinahe hätte Calliope geschmunzelt … “Das kommt ganz darauf an, was dich zu uns führt“, sie hielt noch ein wenig an sich, um nicht zu viel Kälte in ihre Stimme zu legen. Bisher hatte sich 613 immerhin freundlich verhalten, was aber noch längst nicht die wahren Absichten der Weißen verriet. Natürlich war das Gefühl, nun ein Gesicht des Systems, eine Wächterin zu sein, neu für Calliope. Deswegen begann sie erst zu realisieren, dass man ihr von jetzt an zunehmend mit verlogenen Worten und gespielten Emotionen begegnen würde. Viele Katzen waren nur daran gelegen, ihren eigenen Pelz zu retten und würden dafür alles tun. Calliope musterte 613 erneut und bemühte sich tatsächlich um ein freundliches Lächeln. “Schaffst du es gut, mit den Neuigkeiten umzugehen, 613?“
Als die Kätzin sah, wie sich Levox über ihr Kommen freute, durchströmte ein wunderschönes Gefühl ihren Körper. Zwar war ihre Seite jetzt mit etwas Staub beschmutzt, aber trotzdem entwich ihr ein kurzes Schnurren. Allerdings unterdrückte sie es schnell wieder. Sie war hier nicht nur alleine mit dem Jungen, es war auch 278 - eine Wächterin - anwesend. Die sie noch dazu mit einem sehr skeptischen Blick betrachtete. Sie wirkte wirklich alles andere als begeistert, dass Schnee nun hier bei ihnen war. Aber was soll's..., dachte sie. Immerhin geht es Levox jetzt besser.
Um auf die indirekte Frage, was sie zu ihnen führe, zu antworten, musste die Kätzin kurz nachdenken. Schließlich konnte sie schlecht sagen 'Ich wollte nach 871 schauen und darauf achten, dass er keine Namen nennt und dass ihm keine falschen Dinge und Beschwichtigungen über die Grausamkeiten des Labor erzählt werden. Schließlich bist du eine Wächterin und ich will nicht, dass mein gerade spontan adoptierter kleiner Freund von dir verdorben wird.' Nach einem kurzen Zögern - sie wusste nicht, ob es zu lange gewesen war, oder ob es noch vertretbar war - antwortete sie aber schließlich: "Ich wollte nach 871 sehen und dir zu deinem Amt als Wächterin gratulieren. Bisher bin ich dir noch nicht wirklich über den Weg gelaufen und deshalb wollte ich diese Chance jetzt nutzen." Die sonnige Freundlichkeit war keineswegs aus Schnees Stimme verschwunden. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass man viel öfter Erfolg hatte, wenn man auf den Gegenüber einen sehr motivierten und fröhlichen Eindruck machte. Vielleicht war 278 ja auch freundlicher, als sie dachte, und man musste es erst herauskitzeln.
Auf ihre weitere Frage wusste Schnee die Antwort allerdings deutlich schneller. Sie wusste, was man hören wollte. Und auch das war das, was sie allen erzählte. "Es geht.", antwortete sie also. Jegliches Strahlen ließ sie aus ihrem Gesicht verschwinden. Auch ihren Kopf ließ sie scheinbar niedergeschlagen leicht hängen. "001 war ein großartiger und starker Anführer... Es ist ein unglaublicher Verlust, dass er jetzt nicht mehr unter uns weilt. Und ich bezweifle, dass jemand sein Amt gut übernehmen kann." Kurz machte sie eine Pause. Wie sehr es sie anekelte, diese Worte zu sprechen. Aber ihren brodelnden Hass auf das System versuchte sie so gut es ging zu verstecken. "Aber ich habe in meinem bisher relativ kurzem Leben schon viele Katzen verloren. Daraus habe ich gelernt, dass es nicht hilft, sich festzuklammern und hinterher zu trauern. Daher denke ich, dass wir auch das Positive sehen sollten. Vielleicht bringt es auch ein wenig frischen Wind in das Labor. Wenn auch mit einem bitteren Nachgeschmack." Wie gerne hätte sie gesagt: 'Ja, ich komme super mit den Neuigkeiten klar, mir ging es seit Monden nicht mehr so gut! Endlich besteht eine Hoffnung auf Änderung des Systems! Endlich besteht Hoffnung darauf, diesen kalten Ort, voller Brutalität und ohne jegliche Liebe, zu einem schöneren Ort zu machen!' Aber das konnte sie nicht. Sie wäre sofort umgebracht worden. Vielleicht wäre das ja auch besser. Sie lebte hier schließlich nur noch so vor sich hin, auf der Suche, nach den einzigen Katzen, die sie liebte. Die aber gewiss nie wieder auftauchen würden. Feige versteckte sie sich hier hinter einem Schutzwall aus Lügen, anstatt stolz zu der Wahrheit zu stehen. Sie würde so gerne. Doch sie konnte es einfach nicht. Sie war eine Katze, die Frieden suchte und möglichst Konfrontationen aus dem Weg ging. Leider. Es würde reichen, dass sie 278 ihren Namen nannte, und die Wächterin könnte ihr ein Ende setzen. Vermutlich würde sie dann aber eher enden wie Ban. Voller verdrehter Knochen und tiefer Wunden. Voller Blut und Schmerz. Das war doch kein würdiges Ende.
Schnee!, schalt sie sich selbst. Hatte sie gerade ernsthaft über ihr Ende nachgedacht? Das konnte sie nicht tun. Sie musste das Licht im Blick behalten, die Hoffnung nicht verlieren. Irgendwann würde sie es schaffen, musste sie es schaffen, an einem schönen Ort zu leben. Egal ob ihr es gelang, zurück zum Clan zu kehren, oder das Labor zu einem besseren Ort zu machen. "Wurde der Mörder von 001 eigentlich schon herausgefunden?", fragte sie dann neugierig. Einerseits interessierte sie es wirklich, wer diese wundervolle Tat getan hatte. Andererseits wollte sie die Konversation weiterführen und ihre Gedanken mit anderen Dingen als Grausamkeit und Tod füllen. Wobei die Ermordung von 001 ja eigentlich auch Grausamkeit und Tod war. Hier im Labor gab es einfach keine anderen Themen. Innerlich seufzte sie und wartete dann auf die Antwort.
Lotus schlenderte über den Platz. Das Gefühlschaos, das sich noch vor Sekunden direkt vor seinen Augen abgespielt hatte, schien ihn nicht nachhaltig berührt zu haben. Er war selbst überrascht darüber; üblicherweise war er sehr schlecht darin, Emotionen zu zeigen, aber das bedeutete nicht, dass sie ihn ziemlich mitnehmen konnten. Vielleicht war es die Tatsache, dass Ray ihn stehen lassen hatte, die seine die Empathie für dessen Situation dämpfte. Die Versammlung hatte mittlerweise schon längst begonnen, sich aufzulösen, war in einen Zustand übergegangen, wo die übrig gebliebenen Katzen in kleinen Gruppen standen und sich unterhielten. Dort hinten zum Beispiel saß Lotus frühere Mentorin und unterhielt sich mit einer Katze, von der Lotus das Gefühl hatte, sie hätte es sich zur Aufgabe gemacht, anderen das Leben zu erschweren. Nicht das Lotus viel mit dem alten Kater zu tun gehabt hätte; er hatte nicht das Gefühl, dass ihm viel entgangen sei. Eigentlich hätte Lotus gern ein Gespräch mit 110 geführt, die Versuchung, zu den beiden hinzugehen, war da, doch Lotus entschied nach kurzem Nachdenken, dass er nicht jede Möglichkeit, sich das Leben zu erschweren, mitnehmen musste. 110 würde er später auch noch erreichen können. Weiter rechts spielte sich gerade ein ganz anderer interessanter Encounter ab. 278, die frisch ernannte Wächterin, redete mit beruhigenden Worten auf einen ziemlich jungen Kater ein, der so aussah, als wäre er gerade in einen Haufen trockene Erde gefallen - vermutlich der, der neben ihm stand. Ein Schmunzeln schlich sich in Lotus Gesicht. Lotus hielt in der Tat recht viel von der Kätzin, obwohl er sie nur oberflächlich kannte. Sie war zwar loyal und auch ambitioniert, doch sie hatte ihr eigenes Hirn. Das konnte man ja nicht von allen Anhängern erwarten. Und sie hatte es irgendwie geschafft, 066 Schülerin gewesen zu sein, ohne größere mentale Schäden zu erleiden. Beides sprach für einen starken Geist und verdiente Lotus Respekt. Etwas überrascht war Lotus in Anbetracht der Zuneigung, die 278 dem Jungen entgegenbrachte. Er hätte als Reaktion darauf, dass das Junge mit Schwung in ihrer Seite gelandet war, eher etwas erwartet im Stil von 'Mit der Pfote eins übers Gesicht gezogen und gut ists.' Vor allem angesichts 001's Tod konnte er sich vorstellen, dass in 278 auch die Emotionen brodelten. Das Junge selbst hatte Lotus bis dato nicht gesehen. Musste wohl ein Neuzugang sein. Besonders stark sah der kleine nicht aus, doch in Kürze würde er wohl auch ein Alter erreicht haben, das für einen Schüler geeignet war. Wohin ihn der Weg wohl führen würde? Noch verblüffter war Lotus dann, als 613 angerannt kam und das Junge prompt 278 stehen ließ, um sich der schneeweiße Katze zuzuwenden. Auch 278 schien nicht ganz mit dieser Wendung gerechnet zu haben und brauchte einen Moment, bis sie die Fassung wieder erlangte, das übliche kalte und stolze Gesicht aufsetzte und ein sachliches Gespräch mit 613 begann. 613 schien ja etwas reserviert zu sein, was ihre Antwort auf 278 Frage, was sie zu ihr führte, anging. Zumindest fand Lotus, dass sie etwas übertrieben höflich wirkte. Dann etwas übertrieben traurig, als es um 001's Tod ging. Und da, da war es: "Vielleicht bringt es auch ein wenig frischen Wind ins Labor.". Jetzt wurde es interessant. Ach Lotus, jetzt stehst du schon so lange da, mitten auf dem Platz, nicht weit weg von den beiden und starrst sie intensiv an, bemerkt haben sie dich ohnehin schon, jetzt kannst du auch gleich hingehen und dich beteiligen... "Wurde der Mörder von 001 eigentlich schon herausgefunden?""Wohl kaum.", platzte Lotus etwas unhandlich ins Gespräch, während er noch die letzten Meter auf die beiden zuschritt. "Da würde 200 mit Sicherheit ein Riesentamtam drum machen, den Schuldigen entsprechend zu bestrafen, und ich sage dir, da muss schon ein Wunder geschehen, wenn der- oder diejenige mit dem Leben davonkäme." Lotus neigte den Kopf zum Gruß. "278. 613." 'Ich hoffe, ich störe nicht' hätte er fast noch hinzugefügt, aber irgendwie erschien ihm das unpassend und irgendwo war es ihm auch ein wenig egal.
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DaenyÄltesterInformationenAnzahl der Beiträge : 1242 Pfotenspuren : 229 Anmeldedatum : 28.12.18 Alter : 23
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Re: 2 [001 Tot- Auf 001 Zelle] Hauptszene Labor
[ 52865 ] Sa Mai 07, 2022 12:25 pm
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„Re“ 150
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„Ist es nicht einfacher, von der großen Freiheit zu träumen, anstatt diese tatsächlich anzustreben?“ 150 lächelte. Sie und der Schatten befanden sich auf einer Wellenlinie; die Worte, die den Mund ihres Gegenübers verließen, entlockten der Nackten nichts weiter als Zustimmung. Zugleich empfand sie jedoch einen Hauch von Schuld. Versank nicht auch 150 in Wunschdenken; in Träumen über einer Welt, in der die Dinge leichter waren? Sie wog sich in Sicherheit, denn ihre Gedanken gehörten allein ihr; es gab keine Konsequenzen für die Bilder, die sich vor ihrem geistigen Auge eröffneten. 150 redete sich ein, dass sie allein aus einem Grund nie den Versuch gewagt hatte, die Erfüllung ihrer Träumerei anzustreben: Gewissheit. Gewissheit darüber, dass die Welt dort draußen ebenso kalt und grausam war wie jene im Labor. (Und doch schien sie so unbeschreiblich schön.) Der Winter außerhalb des Grau’s war erbarmungslos, tödlich. Andere vermochten, ihn zu überleben, Jahr für Jahr, doch war 150 ein Freak; eine Missgeburt, erschaffen durch das Gift der Spritzen. Ihre nackte Haut würde vereisen, von ihrem Leib abblättern wie getrocknetes Laub. Sie würde sterben, ohne das Meer jemals mit eigenen Augen erblicken zu können. Doch es war nicht nur das. Tatsache war, dass die Nackte nichts weiter war als ein Feigling; sie ging keine Risiken ein, jedenfalls nicht jene, welche tatsächlich etwas in ihrer kleinen Welt verändern würden. Das Maul aufzumachen, süße Worte des Verrats zu flüstern, war das eine – eine ihrer felllosen Pfoten hinaus aus ihrem Käfig zu setzen, das andere. In 093‘ Anwesenheit fühlte sich die Nackte mit einem Mal unbedeutend. Doch schenkte sie ihrer Gesprächspartnerin nichts weiter als ein zustimmendes Nicken.
150 hatte sich schon oft gefragt, wie es wohl war, als etwas anderes als eine sterbliche Katze durch die Flure zu wandern. Manchmal, wenn sie sich in den Außenbereich schlich und die Vögel am Himmelszelt beobachtete, empfand sie Sehnsucht. In jenen Momenten wünschte sie sich, im nächsten Leben in einen anderen Körper gesteckt zu werden; die Welt von oben sehen zu dürfen. Das Interesse darüber, ob 093 wohl in der Lage wäre, sich ihre Hüllen ganz ohne Einschränkung aussuchen zu dürfen, war brennend gewesen. Doch mit der Erklärung, die der Schatten ihr lieferte, verstand, weshalb jener nie als etwas anderes durch die Gänge schritt, als als Katze. Das Konzept hinter 093‘ Dasein war größer, komplexer, als dass es 150 tatsächlich vollständig begreifen konnte, doch ja – der Schatten trug die Seele einer Katze in ihrer sterblichen Hülle. Egal, welche Form sie annehmen würde, ihre Seele würde unangetastet bleiben. Sie verstand. Wenn 150 in ihrem nächsten Leben die Form einer Krähe annehmen würde, dann würde sie auch die freie Seele eines Vogels in sich tragen. Ob 093 jemals in den Genuss kommen würde, wiedergeboren zu werden? „...und ich habe dem Todesengel ein bindendes Versprechen gegeben. Bis ich es eingelöst habe, werde ich hier verweilen“, erklärte 093. Für einige Herzschläge legte sich Schweigen über die beiden Experimente. Lediglich die unverständlichen Laute und Gesprächsfetzen der Versammlung unter ihnen füllte die Stille zwischen ihnen. Nachdenklich musterte 150 ihre Gesprächspartnerin, ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Wie gerne hätte sie dem Schatten ein Stück Hoffnung zurückgegeben. Sie spürte etwas in ihrem Herzen aufflammen, doch konnte sie nicht deuten, was es war. Es ähnelte dem Prickeln, welches ihren Körper damals – viele Monde zuvor – ergriffen hatte, als sie das erste Mal Kontakt mit der Hölle aufgenommen hatte. Nervös zuckte die Nackte mit dem Ohr. Da war es wieder, die Verständnislosigkeit. Doch wer wusste schon – womöglich verbarg sich hinter ihrer Reaktion keine größere Bedeutung; ja, womöglich fand sie sich lediglich in Ehrfurcht wieder angesichts der Erkenntnis, was ihre Gesprächspartnerin in ihrem (endlosen?) Leben bereits über sich ergehen hatte lassen müssen. (In 093‘ Anwesenheit fühlte sich die Nackte mit einem Mal unbedeutend.) „Nun“, brach sie schließlich das Schweigen, „Ich bin froh, dass du hier verweilst. Das Gespräch, das ich heute mit dir führen darf – es scheint mir in gewisser Hinsicht die Augen zu öffnen.“
Aufrichtige Sehnsucht ergriff die Nackte nur selten. Sie hatte sich mit ihrem Dasein auf gewisse Weise abgefunden; das Leben schien leichter, wenn man sich eingestand, dass es Dinge gab, welche sich einem in seinem jetzigen Dasein nie eröffnen würden. Und doch gelang es dem Schatten, 150 in eine regelrechte Wehmut zu stürzen. Nie zuvor hatte sie jemanden in ihren kleinen Wunsch eingeweiht, das Meer erblicken zu dürfen; die salzige Brise auf der Zunge zu schmecken. Sie wusste, dass sie sterben würde, noch ehe es ihr gelingen sollte – dass das Labor der einzige Ort war, den sie ihr Zuhause und ihr Grab nennen würde. Ob die Schwingen ihres nächsten Lebens Erbarmen zeigen und sie zu fernen Gewässern tragen würden? Doch, oh, gewiss würden auch ihre Wunsche mit ihrem Ableben vergehen, so wie es ihre Erinnerungen täten. Sie würde das nächste Leben antreten, ohne vollständig sie selbst zu sein. Wie oft war ihre Seele bisher bereits gestorben, ohne, dass sie die Bilder der Vergangenheit erhalten geblieben waren? (Wer war sie wirklich? Eine einfache Nummer?) Den Schmerz, der sie in jenem Moment zu überwältigen drohte, schien sie jedoch nicht allein zu tragen. („Kann eine unsterbliche Seele nach dem endgültigen Tod verlangen?“) Die beiden Experimente waren so verschieden, und doch teilten sie etwas, das 150 nicht ganz in Worte fassen konnte. Es war tröstend. „Ist es die dunkle Tiefe oder doch die endlose Weite, welche dich anzieht, 150?“ „Die Weite, vermute ich“, erwiderte die Nackte schwach und wandte den Blick ab. Sie schämte sich für die Emotionen, die sie gerade zu verschlucken schienen. „Die Erkenntnis, dass es immer etwas außerhalb meiner Reichweite geben wird. Ungewissheit.“ Das dritte Auge hatte zu leuchten begonnen, ohne, dass es dem Experiment tatsächlich bewusst war. Da, an jenem Tag, verlor sie zum ersten Mal seit Monden die Kontrolle über die Finsternis. Erst, als kleine, schwarze Tropfen auf das Rohr unter ihren Pfoten tropfte, bemerkte sie es. Überrascht hob sie den Kopf, erblickte die blubbernde Masse, welche sich an der grauen Decke über ihrem Schädel ausgeweitet hatte. Aus ihr heraus bildete sich die Materie, streckte sich nach der Prophetin der Unterwelt, als wolle sie das Experiment trösten. Für einige Herzschläge ließ die Nackte zu, dass sich die Finsternis außerhalb ihrer Kontrolle manifestierte – und erst, als sie kurz davor war, ihre Wange zu streichen, verfestigte 150 die Verbindung zu ihr, fing sie ein. In unbeschreiblicher Schwärze schillernd verweilte die Materie dort, unmittelbar vor ihrem Gesicht. „Wenn meine Pfoten mich zum fernen Blau tragen, werde ich den Wellen ein Lied von dir singen, 150.“ 093‘ Worte trösteten sie mehr, als die Berührung der Finsternis es in jenem Augenblick gekonnt hätten. Nahezu überwältigt wandte sie den Kopf, sah 093 aus glänzenden Augen an. „Ich danke dir, 093.“
„Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde mein Pfad mich wieder zum Anfang führen. Auf die grauen Straßen eines grausamen Zweibeinerorts, den ich dennoch für mondelang mein Zuhause genannt habe.“ Nie hatte die Nackte sich danach gesehnt, die Städte der Zweibeiner zu erforschen. Doch da, als der Schatten in fernen Erinnerungen zu schwelgen schien, fragte sie sich zum ersten Mal, wie das Leben dort wohl war. Nachdenklich legte sie den Kopf schief, ihr drittes Auge weiterhin leuchtend; die Materie über ihrem Schädel schwebend, als wollte die Unterwelt ihrem Gespräch beiwohnen. „Wie gerne würde ich einen Einblick in deine Erinnerungen bekommen.“
Wiederauferstehung. Das war es, auf das 150 hoffte, als 093‘ Name ihre Lippen verließ. Die Kriegerin schien schmerzlichst verloren, doch sehnte sich die Nackte danach, sie das sehen zu lassen, was sich ihren drei Augen gerade eröffnet hatte. Alma hatte ihren Geist geöffnet, auch ihr etwas zurückgegeben. Re starrte ihre Gesprächspartnerin an, brennend und das Leuchten ihres dritten Auges umspielte ihre gespannten Züge, während sie auf eine Antwort wartete. Egal, in welcher Hülle sich die Seelenwanderin auch befand, Alma war dort. Re konnte es mit eigenen Augen sehen; sie mit eigenen Augen sehen! Umso enttäuschender war die Antwort, die man ihr gab. „Nein, dieser Name wird nie wieder der meine sein.“ Alma’s Worte waren regelrecht ein Fausthieb ins Gesicht. Verständnislos runzelte die Nackte die Stirn, machte einen Schritt zurück, als müsse sie sich fangen. „...Sie ist keine verbitterte Seele; Alma ist eine Königin.“ Die Versammlung, die Bilder vor ihren Augen und jegliche anderen Sinneseindrücke schienen zu verschwimmen, als wollte man Re in ein Becken aus Nichts schmeißen. Das einzige, das sich ihr klar und verständlich zeigte, war Alma’s Anblick; 693‘ Körper. Selbst die Materie schien sie für einige Herzschläge zu vergessen. In ihrer eigenen Verwirrung begann auch die Finsternis, unruhig zu werden. Wie konnte man seine eigene Existenz derart abweisen? Wenn Alma nicht zu ihrem Dasein stand, was war sie dann; was blieb übrig von der Seele, die der einstigen Königin gehört hatte? Re starrte die Geflügelte an, in ihren Zügen spiegelte sich Schmerz wider, den sie selber nicht verstand. Schließlich wandte sie den Blick ab; sie ertrug es nicht, dem Schatten länger in die pupillenlosen Augen zu sehen. Wenn Alma ihre Existenz derart wegwarf, war die Seele, die ihr da gegenübersaß nicht mehr als die Hüllen, die sie bewohnte. „Ich danke dir, Re.“ Die Nackte schloss die Augen, während der Schatten sprach; ihre Dankbarkeit aussprach für etwas, das nicht existierte. „Aber ich werde diesen Namen nicht erneut tragen.“
Vermochte es Alma’s Seele tatsächlich, zu sterben und doch weiterzuwandern? Re verstand nicht; und jene Verständnislosigkeit machte ihr Angst. Alma hatte ihr die Augen geöffnet und doch im selben Atemzug die Tür versperrt; Re glaubte, durch die Begegnung mit dem Schatten etwas gefunden zu haben – aber was, wenn auch jener Teil ihrer Selbst bereits erloschen war? „Nein“, sprach sie schließlich, ihre Stimme getunkt in kalte Ruhe. Zum ersten Mal während ihrer Begegnung mit der Geflügelten widersprach sie ihr. „Ich glaube dir nicht.“ Sie öffnete die Augen und fand Trost darin, weiterhin in violettem Licht zu baden. So sehr sie das dritte Auge verabscheute; die Hässlichkeit, die es mit sich brachte, so zeigte sie ihr am deutlichsten, das die Verbindung zur Finsternis bestand; dass sie lebte. Re betrachtete die Schwärze über ihrem Kopf, die Materie, die sich nun ebenfalls zu beruhigt haben schien. Sah man die Finsternis aus der Nähe, so begriff man, dass die Dunkelheit nicht beklemmend war. Sie pulsierte, bewegte sich; schillerte in den zahlreichen vergangenen Leben, die die Unterwelt durchquerten. „Wirf einen Blick hinein“, bot sie Alma schließlich an und ließ die Materie wandern; sie nach der Geflügelten ausstrecken. „Ich begreife die Verbitterung, die du in deinem Geist spürst. Das tue ich, wirklich.“ Bekümmert sah sie die einstige Kriegerin im Körper eines Raben an. Wenn sie nur sehen könnte, was sie sah. „Alma hat mir heute etwas gezeigt, mir die Augen geöffnet. Das wäre nicht möglich gewesen, wäre sie nicht tatsächlich hier.“ Würde der Schatten verstehen, was sie meinte; aufrichtig meinte? In ihren Worten schwang nahezu Verzweiflung mit. Wenn jemand wie Alma sich verlor, tatsächlich verschwinden konnte, was bedeutete das dann für ihre eigene Seele? Wenn Alma nicht länger hier war, was bedeutete das dann für ihren eigenen Namen, den sie an jenem kalten Tag wiedergefunden hatte – durch fremde Hilfe? Die Art und Weise, wie die Geflügelte ihre Existenz als nichts weiter als eine Erinnerung abstempelte, erschütterte Re’s Glauben. „Du bist die Einzige, die Alma aus dieser Welt verbannen kann. Doch ich spüre sie, hier, neben mir. Ich sehe sie, wenn ich in deine Augen blicke.“ Re’s Stimme brach. Zuvor, als sie das erste Mal in die milchigen Tiefen des Schattens geblickt hatte, hatte sie sich nicht erklären können, was sich dort noch in ihnen verbarg. Nun begriff sie. „Wirf nicht das letzte Stück von dem weg, das dich davon abhält, zu nichts weiter zu werden als einer namenlosen Leere im Körper eines Fremden.“
*
Angesprochen: alma Erwähnt: 001; andere experimente
Die Weite also … Alma betrachtete die Dreiäugige mit einem sanften Lächeln auf den dunklen Lippen. Wie viele hatte der endlose Horizont wohl schon angezogen? Die alte Kätzin gedachte unbekannten Seelen, deren Pfad sie in die Fremde trug. Die nach Gewissheit und Erfüllung in der Weite strebten und einem fernen Ruf folgten. Wie Motten, die vom grellen Licht angezogen wurden. Verdammt, sich letztendlich die neugierigen Schwingen zu verbrennen. War ihnen nicht bewusst, dass sobald sie dem Namenlosen einen Namen verliehen, es nicht mehr das war, wonach sie strebten? Dass sie sich auf einer zum Scheitern verurteilten Suche befanden? Erst als die Geflügelte darüber sinnierte, stieß sie auf eine Antwort. Oder lebten sie einfach lieber mit einem aussichtslosen Antrieb, anstatt ohne? Re‘s Augen verrieten deren widersprüchliche Emotionen, als sie sprach. Und Alma glaubte, dass auch die Nackte wusste, wie fern der Wunsch nach der ewigen Weite war. Die Seelenwanderin begriff jenes tiefgreifende Gefühl nur allzu zu gut. Diese Traurigkeit war etwas, das die Geflügelte besser verstand, als sie in Worte fassen konnte. Sie war eine Nuance von Almas Welt, die alles ein wenig dunkler, ein wenig überwältigender machte. Die selbst das hellste Sommersonnenlicht zu trüben vermochte. “Das Unbekannte mag erdrückend wirken, wenn wir außer Acht lassen, dass es uns beschenkt“, Alma suchte fieberhaft nach tröstenden Worten, “Ich glaube, dass Katzen Orte brauchen, von denen sie in der Finsternis träumen können. Orte, die leuchten wie das Licht der Zwischenwelt.“ Nun hatte sie das Gefühl, nicht mehr von sich selbst zu sprechen, sondern von all ihren sterblichen Artgenossen. Denn sie sehnte sich nach keinem Flecken Erde der Welt. Nicht nach dem ewigen Eis oder der glühenden Wüste. Nur nach einer letzten eisigen Umarmung. “Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es ist, alles zu kennen“, ihre Augen wanderten nachdenklich in die Ferne. Ob dieses Schicksal sie eines Tages ereilen würde? Alma blinzelte, während sie diesem schweren Gedanken nachhing. Konnte man alles, wahrlich alles gesehen haben?
Ihre Augen huschten zum dritten Augen der Dreiäugigen, das langsam begann aufzuglühen. Als wäre es wieder aus einer toten Starre zum Leben erwacht. Rief die Prophetin die Dunkelheit in diesem Augenblick um Beistand an? Alma folgte Re‘s überraschten Blick zur Decke, zu der schwarzen Masse, die ihre Fühler abermals in eine atmende Welt ausstreckte. Erstickten die dunklen Tentakel in der Tiefe und sehnte sich danach, frische Luft zu kosten? Und erneut riss die Materie die Seelenwanderin in den Bann, auch wenn sie dieses Mal nicht an ein Spiel dachte. Sie sehnte sich nicht danach, die Schwätze zu kosten oder zu berühren, sondern bewunderte einfach deren andersartige Schönheit. Beim Dank der anderen Kätzin neigte Alma nur kurz ihren Kopf, schloss die Augen für einen Moment. Sie sah seichte Wellen über ihre sandigen Pfoten schwappen, welche nun nicht mehr schwarz, sondern weiß waren. Und obwohl das Meer vor ihr immer aufs Neue zum Strand drängte und von einer endlosen Weite erzählte, konnte Alma ihr Spiegelbild im Wasser sehen, als wäre es ein See an einem windstillen Tag. Auch, wenn sie in dieser Illusion gerne verharren würde, riss sie sich los vom gedachten Ozean. Noch war der Augenblick in weiter Ferne. Und sie hatte Angst, dass sie sich und ihre Klarheit in Träumereien verlor, sollte sie die Wirklichkeit zu lange ausblenden. Wahrscheinlich war es eben diese Angst, welche ihr bald das Genick brechen würde – vielleicht nicht unbedingt wörtlich, aber doch im übertragenen Sinne. Denn Alma machte sich nichts vor und wusste, dass sie den Wirren ihres trügerischen Verstandes früher oder später erliegen würde. Es war erschreckend, einschüchternd, ungeheuerlich zu wissen, dass der eigene Kopf sie schon im nächsten Wimpernschlag belügen konnte. So oft hatte er ihr schon Grausamkeit, Hohn und Unbarmherzigkeit eingeflößt. Sie zu jemandem gemacht, der sie nie hatte sein wollen.
Sie hatte darauf gehofft, dass Re es verstand. Dass die Dreiäugige begriff, was Alma nicht aussprechen hatte wollen, aber der Gesichtsausdruck der Nackten schien ihr zu widersprechen. Da war kein Verständnis mehr in den blassen Augen, sondern blanker Schmerz. Als hätte die Geflügelte unausgesprochene Ideale verraten. Oder das unsichtbare Band zerrissen, das wie eine Verbindung zwischen ihnen gewesen war. Re‘s Seelenspiegel schienen die Seelenwanderin anzuschreien, so schrill und laut, dass die vier Schwingen auf ihrem Rücken zu zittern begannen. Verzweifelt suchte sie nach der ersehnten Bestätigung, dass sie das Richtige tat, den besten Pfad beschritt. Den einzigen, der ihr noch geblieben war. Aber ihre Gesprächspartnerin schien jegliche Zustimmung zu verweigern. Almas Atem stockte, während ihr Herz flatterte, als wäre es ein gefangener Vogel – war es das nicht auch? Sie wich dem eindringlichen Blick der Nackten aus, kauerte sich mehr als ohnehin schon auf dem Rohr zusammen und presste ihren Körper gegen den unnachgiebigen Untergrund. “Nein. Ich glaube dir nicht.“ Ihre Gedanken explodierten in reinem, ungefilterten Schmerz, während Almas Sichtfeld langsam aber sicher verschwamm. Die Last auf ihren Schultern erdrückte sie, ließ die Welt verschwinden und nur unendliches Leid zurück. Jedes einzelne Glied ihres Körpers schien zu schreien. Die Pein war so groß, dass Alma ihr Gesicht auf ihre Beine presste, im stillen Flehen, es möge aufhören. Die andere Pfote presste sie auf ihre Ohren, als wollte sie jeden Laut ausblenden. Als würde sie noch etwas hören, außer das gellende Klingeln des Schmerzes. Aufhören. Aufhören. Aufhören.“Aufhören“, das Wort war kaum mehr als das Wispern eines Windhauchs inmitten des tosenden Sturms. Das Zittern wich nur langsam aus ihrem Körper, ließ eine hungrige Leere im Herzen der Kätzin zurück. Und einen weiteren stummen Schrei auf ihren geschlossenen Lippen.
“Wirf einen Blick hinein.“ Almas Augen waren müde, als sie den Kopf wieder hob, um der Dreiäugigen zuzuhören. Nur zögerlich und erschöpft kam sie Re‘s Angebot nach, blinzelte in die Schwärze der Hölle, aus der ihr zwei lebendige Monde entgegen starrten. Alma griff nach der Dunkelheit, wie die Dunkelheit auch nach Alma griff. Erleichterung durchflutete die Seelenwanderin, als sie ihr verzerrtes Spiegelbild berühren, es auslöschen konnte. Sie wollte Ravens Erscheinung nicht auf der schillernden Oberfläche der schwarzen Masse sehen. Einen Körper, den sie gestohlen hatte. Die Fühler der Unterwelt schenkten ihr trotzdem eine seltsame Art von Ruhe. Als würde selbst die Hölle Mitleid für ihre verbitterte Seele empfinden und ihr Trost spenden wollen. Und dann vernahm die Worte – “Ich begreife die Verbitterung, die du in deinem Geist spürst. Das tue ich, wirklich.“ – nach denen Alma sich sehnte und die es vermochten, ihren Schmerz zu lindern. Und doch lag Verzweiflung, so viel Verzweiflung in der Stimme der Prophetin. “Re“, Almas Stimme gewann an Stärke und ihr Tonfall sprach von Zuneigung. Es bedeutete ihr die Welt, dass die Dreiäugige probierte, etwas zu retten, das längst verloren war. Aber alleine der Versuch berührte die alte Kätzin und ließ einen Funken in der Leere in ihrem Inneren aufglühen. War es Hoffnung? “In diesem flüchtigen Augenblick bin ich hier bei dir. Ich sehe mit neugewonnener Schärfe, die du mir geschenkt hast. Und es wäre nicht falsch, mich Alma zu nennen.“, ein Lächeln umspielte ihre Lippen, voll von Freude und Melancholie, “Aber dieser Zustand wird nicht von Dauer sein.“ Sie betrachtete die andere Kätzin fast schon liebevoll, als würde sie mit ihrem eigenen Jungen sprechen, dem sie die Grausamkeit der Welt offenbaren musste. Alma verlor sich im lilanen Licht von Re‘s drittem Seelenspiegel. Dem Auge der Unterwelt. Ob die Hölle ihr lauschte? “Stell es dir wie einen tiefen Schlaf vor, geplagt von schrecklichen Albträumen“, sie machte eine kurze Pause, legte sich die nächsten Worte sorgsam zurecht. Wie sollte sie es erklären? Wie?“Manchmal weckt mich eine besondere Seele, rüttelt mich aus diesem umnachteten Zustand, und dann begreife ich, dass es keine Träume sind, die ich im Schlaf erblicke. Es ist die Realität.“ Sie atmete tief ein, blickte auf ihre Pfoten, die so viel Unrechtes getan hatten. Als sie den Blick wieder hob, waren ihre Seelenspiegel zwei trauernde Monde. “Und die Wirklichkeit ist jedes Mal wieder grausam zu mir. Denn nicht nur mein Körper ist auf ewig verloren, nein, auch mein Geist ist in tausend Scherben zersprungen. Wenn sie sich für ein paar kostbare Momente zusammensetzen, begreife ich. Ich begreife, Re.“ Almas Stimme brach unter der Last all der Erinnerungen. Sie verfiel in ein Schweigen, weil ihre Stimme ihr nicht mehr gehorchen wollte. Kein Ton verließ mehr ihren Mund, als sie in das tröstende Leuchten von Re‘s Augen blickte, bis sie es nicht mehr ertrug. Sie senkte ihre Lider, ruhte sich in der Schwärze aus. “Und jedes Mal, wenn ich erwache, bin ich dazu verdammt, in das gefühllose Antlitz dieser Welt zu schauen. Ich habe keine Kontrolle, Re. Es ist eine Krankheit, die ich nicht bekämpfen oder besiegen kann, weil sie meiner Seele anhaftet. Deshalb wünsche ich mir Erlösung von diesem Dasein.“ Die Seelenwandern schluckte schwer, bevor sie entschied, dass die Nackte jede Wahrheit verdient hatte, die Alma bieten konnte. “Deshalb wünsche ich mir manchmal, einzuschlafen“, es fiel ihr unendlich schwer, diese Tatsache einzugestehen. Doch Alma hatte sich schon längst selbst verraten und es laut auszusprechen änderte nichts daran. Und sie war so müde. Müde, gegen sich selbst zu kämpfen. Müde, für sich selbst zu kämpfen.
“Alma wird immer ein Teil von mir sein. Ein Geist der Vergangenheit, eine Erinnerung in der Gegenwart. Und eines zukünftigen Tages, wird sie verblassen zu nichts weiter als einem Schatten“, die Seelenwanderin wusste, dass die Worte nicht Re‘s Erwartungen entsprachen und zögerte dennoch nicht, sie zu verkünden, “Ich weiß, dass ich irgendwann nicht mehr erwachen werde. Und auch, wenn es mich mit Traurigkeit erfüllt, gibt es keine Möglichkeit, dieses Los abzuwenden.“ Es war vergebens, einen Ausweg zu suchen, denn ihre Gabe, ihr Fluch, ihre Bestimmung war endgültig. “Mein Schicksal ist von Ironie geprägt“, sie lächelte matt, “Ich verschwinde in der Ewigkeit und doch ist es nicht der Tod, der mich ereilen wird. Es ist schlimmer, fürchterlicher, unvorstellbarer. Es ist die vollständige Auslöschung in den Wirren meines eigenen Geistes. Für mich gibt es keine Wiederauferstehung, kein ewiges Leben. Und an einem Namen festzuhalten erschwert meinen Weg.“ Alma hatte diese Gedanken, diese Tatsachen noch nie einer anderen Katze anvertraut. Zu wissen, dass man eines Tages verschwinden und doch weiter auf der Erde wandern würde, war eine schwere Bürde. Und Alma war nicht bereit, sie zu tragen. Niemand würde jemals bereit dazu sein. Die Seelenwanderin ließ ihren Kopf hängen, wollte nicht dem Ausdruck in den Augen der Prophetin begegnen. Das Letzte, was sie nun in den blassen Tiefen erblicken wollte, war die Erkenntnis, dass Alma nicht gerettet werden konnte. Und es bereits akzeptiert hatte.
Der Bewegungsdrang machte sich erneut in der Katze bemerkbar. Sie hatte sich nach ihrem letzten Spaziergang in einer Ecke zusammengerollt und sich ein wenig ausgeruht. In der Zwischenzeit hat sie von anderen Katzen im Labor erfahren was passiert war. Passend zum Ableben von 001 war es draußen eisigkalt. Weiße Flocken tanzten wild durcheinander vom Himmel herab und der kühle Wind machte sich langsam mit seinen kleinen Luftzügen auf ihren langen Beinen bemerkbar. Miwaja atmete genervt aus. Wenn es eins gab was die weißgraue Katze nicht mochte, dann war es die Kälte. Im Laufe der Zeit hat die Katze verstanden, dass es einfach an ihrer Besonderheit lag, dass sie Kälte weniger wegstecken konnte als die anderen. Das machte ihr aber nichts aus. Die weißgraue schüttelte ihren Kopf und erhob sich auf die Pfoten. Wenn mir eins gegen die Kälte helfen könnte, dann wäre es die Wärme durch Bewegung.. Mit diesen Gedanken setzte sie sich in Bewegung. Wie so oft strich sie ziellos durch ihr Gebiet. Anderen Katzen, die ihr über den weg liefen nickte sie kurz zu oder erhob ihren Schweif. Nach mehreren Metern kehrte sie zu den Zellenräumen ein, um dort nach der Lage zu schauen.
Nachdem sich der kleine Kater sauber und trocken geleckt hatte drehte er sich nochmals um in die Richtung des Außenbereichs und runzelte nur skeptisch die Stirn. "Was würde ich jetzt nur für ein warmes sonniges Plätzchen hergeben." brabbelte der gefleckte Kater vor sich her und schüttelte mit wenig Verständnis für die Katzen, die den Schnee mochten, den Kopf. Von diesem komischen Zeug wollte er so gerne seiner Schwester erzählen, doch diese fand er seit Tagen nicht mehr. Ein unbeschreiblicher Schmerz durchstach sein Herz. Er konnte sich dieses Verhalten nicht erklären. Weder der Geruch noch ihr Fell war irgendwo zu riechen beziehungsweise zu sehen. Areo seufzte kurz. Mit keinem Ziel vor Augen, aber dennoch motiviert, setzte er sich in Bewegung. Er wollte Gesellschaft. Von wem war ihm dabei im ersten Moment einfach egal. der braune Kater war, ist und wird niemals ein Fan von Einsamkeit bleiben. Warum konnte er sich bisher jedoch nicht erklären, denn er ist bereits im Alter von wenigen Monaten das erste Mal von der Zelle seiner Mutter ausgebrochen, um eine Erkundungstour zu machen. Ich sollte aber erstmal zurück zu den Zellenräumen. Vielleicht finde ich dort jemanden. beschloss das blattartige Experiment. Mit einem zielstrebigen Blick und gespitzten Ohren machte sich Areo auf den Weg zu den Zellenräumen. Dort angekommen sah er unteranderem eine weißgraue Katze, die sich wohl auch die Beine vertreten hatte - oder gerade auf dem Weg dafür war. Er legte den Kopf etwas schief und beäufte sie. Ihr schien es wohl unangenehm kalt zu sein. Unangenehmer als ihm. hm ok. akzeptierte er und ging weiter.
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Schwester: Icespark Ma: Waldjunges
ShaharHeilerInformationenAnzahl der Beiträge : 1127 Pfotenspuren : 479 Anmeldedatum : 07.09.20 Alter : 20
Ort: In der Nähe von 001’s Zelle Angesprochen: Schnee/613 (@Icespark), Lotus/705 (@Maiorskills) Erwähnt: Schnee/613, 001, Levox/871, Charon/200, Lotus/705, Midir/769
Calliopes prüfender Blick ruhte weiter auf 613, die ein paar Wimpernschläge zu lange nachdachte, um eine Antwort auf die Frage der Siamkätzin zu finden. Abwartend zuckte die Wächterin mit dem Schweif. Ungehorsam, Dummheit, Leichtsinn? “Danke, 613“, Calliope konnte zwar nicht sagen, wie ernst es der weißen Kätzin mit der Gratulation war, wusste aber dennoch diese kleine Geste der Aufmerksamkeit zu schätzen. Es entlockte ihr sogar den Anflug eines Lächelns, bevor die Traurigkeit sich wieder wie ein Schatten über ihr Gesicht legte. “Mein neuer Rang ist das Ergebnis meines langen Strebens nach Stärke. Früher habe ich mir gewünscht, an 001’s Seite für das Labor zu kämpfen. Heute ist es eine schwere Bürde, die mir auferlegt wurde, weil ich stark genug bin, um sie zu tragen.“ Vor dem heutigen Tage wäre der Rang für Calliope das größte Geschenk gewesen, dass man ihr zuteilwerden lassen konnte. Sie hätte an Einfluss in einem stabilen System gewonnen und jedem wäre klar gewesen, wofür sie einstand. Doch nun blickte sie in eine ungewisse Zukunft und auf ihren Schultern ruhte eine unbeschreibliche Last. Ihr Augen wanderten für einen Moment zu 871. Calliope war in der Lage, die nötige Stärke aufzubringen, um gewährleisten zu können, dass Katzen wie der kleine Kater ihren Platz im Labor finden konnten.
613’s Trauer wusste augenscheinlich zu überzeugen, doch Calliope glaubte der anderen Kätzin nicht. Was sollte die andere Kätzin mit 001 verbunden haben? Nicht einmal ihr selbst war es möglich, im Augenblick Tränen für ihren verlorenen Anführer zu vergießen. 001 hatte ein Loch in ihre Brust gerissen und der Siamkätzin ihr Vorbild genommen. Aber die Wächterin hatte die Führungsweise von 001 verstanden. Das Gesetz des Stärkeren. Deswegen war Calliopes Trauer zwar überwältigend, aber gleichzeitig dumpf und leise. Der Schmerz wütete in ihrem Inneren, aber sie ließ ihn nicht heraus. Fing ihn ein, wie ein widerspenstiges Beutetier. Sie würde sich keine Blöße mehr geben und nur Stärke zeigen. Weinen konnte sie nachts, im Mantel der Dunkelheit und Kälte. Sie rümpfte leicht die Nase, wollte sich gar nicht erst den Gedanken an Schwäche erlauben. Jetzt musste sie zeigen, dass 001’s System nicht mit seinem Anführer gefallen war, dass noch Feuer in den Verteidigern der Ordnung brannte. “Du hast recht, 613, niemand wird 001 je ersetzen können und doch muss eine Katze in seine Fußstapfen treten“, Calliope blickte zu 200 auf, in welche sie nun ihr Vertrauen setzte; setzen musste. “Das ist allerdings das Einzige, bei dem du richtig liegst“, die freundliche Neutralität wich langsam aus ihrer Stimme, ihre Augen verengten sich zunehmend, während sie die nächsten Worte aussprach, “001 war ein mächtiger Krieger, der an der Spitze stand …“ … im Gegensatz zu den Katzen, die du wohl verloren hast, Kleines. “… und deswegen werden wir ihn niemals vergessen. Wir werden weiter in 001‘s Namen kämpfen und ihm die gebührende Ehre erweisen“, Calliopes Worte konnten durchaus als unausgesprochene Warnung verstanden werden. Vor 871’s Augen würde sie 613 sicherlich nicht die Krallen über die Nase ziehen – die Wächterin war immerhin Herr ihrer Emotionen -, aber bereits jetzt war der Siamkätzin klar, dass das Experiment mit den verschiedenfarbigen Augen nicht zu einer Freundin oder Verbündeten werden würde. Nein, Calliope hielt 613 aufgrund ihrer Aussagen für schwach, unwürdig. Wer nicht die nötige Kraft hatte, würde nie verstehen, was es bedeutete in 001’s System zu leben. Welche Vorteile und Möglichkeiten es mit sich brachte. “Frischer Wind …“, sie übernahm 613’s Formulierung, legte allerdings unterschwelligen Zynismus hinein, “Ja, der frische Wind wird jedes Experiment prüfen. Auf Loyalität und Stärke.“ Dieses Mal war die Drohung allzu einfach herauszuhören, denn Calliope behielt in Erinnerung, wer Zweifel hegte, wer das Potenzial hatte, Ungehorsam zu entwickeln. Oder es bereits tat. Sie wickelte ihren Schweif um die Pfoten und versuchte sich an einem gleichgültigen Lächeln. “001’s Tod ist ein schwerer Schicksalsschlag, aber die Ordnung wird deswegen nicht zerfallen. Katzen wie ich werden alles daran setzen, dass die Regeln auch in Zukunft Bestand haben.“ Katzen wie ich. Nicht Katzen wie wir. Calliope grenzte sich deutlich von 613 ab.
Gerade, als sie ihren Mund öffnen wollte, um über den Mörder zu sprachen, platze 705 ohne Vorwarnung ins Gespräch. Calliope hatte die beobachtenden Augen des Katers bemerkt, war nun aber doch ein wenig überrascht, dass er so unverschämt ins Gespräch mit einstieg. “705“, die Siamkätzin presste ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, “Schön zu sehen, dass dir die Suche nach dem Mörder so am Herzen liegt.“ Sie hatte nicht damit gerechnet, den Kater nochmal derart wohlauf zu sehen, nachdem 769 mit ihm gespielt hatte. Dass er dieses Zusammentreffen überlebt hatte, weckte sogar einen Funken Respekt in der Wächterin. Einen Funken, den sie schnell wieder erstickte, denn wer sich einmal gegen die Regeln aufgelehnt hatte, würde es vielleicht wieder tun. “Natürlich haben wir den Schuldigen noch nicht gefunden. Die Suche beginnt gerade erst“, Calliope lächelte kalt, “Aber da ihr beide nun schon hier seid: Gibt es etwas, das ich wissen sollte?“ Abwartend betrachtete Calliope ihre Gesprächspartner. Sie formulierte ihre Frage bewusst eindringlich und ließ sie nicht auf etwas Spezielles abzielen. Vielleicht fühlte sich eines der Experimente ja ertappt, schuldig. Nicht unbedingt am Mord selbst, aber selbst die kleinste Information wäre ein großer Gewinn für Calliope. Sie hatte zwar den ersten Sprung geschafft, war zur Wächterin geworden, aber gerade jetzt bestand noch Spielraum nach oben. Im Laufe der Zeit musste sie sich einfach nur beweisen.
Die Begeisterung der frisch ernannten Wächterin über Lotus' Einfall ins Gespräch hielt sich sichtlich in Grenzen. So etwas ähnliches wie die Erwiderung der Siamkatze hatte er auch erwartet. Doch auch wenn möglicherweise das Misstrauen in Lotus' Loyalität bestand, das 278 mit ihrem provokanten Unterton andeutete, hatte sie in diesem Moment in der Tat recht mit der Aussage, dass Lotus die Suche nach dem Mörder am Herzen lag. "Mich jucken die Pfoten.", entgegnete Lotus. "Mich jucken die Pfoten wie schon lange nicht mehr. Unter uns läuft ein Mörder herum und wir kennen ihn nicht. Spürt ihr diese Spannung?" Lotus hob eine Pfote und machte eine unbestimmte Bewegung durch die Luft. "Ich frage dich, werte 278, hättest du einen Kampf mit 001 gewagt? Ich wäre in einem Duell gegen den so lange Zeit zweifellos stärksten Kater im Labor hoffnungslos untergegangen. Nicht umsonst war er der Anführer." Lotus' Stimme war angespannt, und er bemühte sich, nicht zu laut durchs Labor zu rufen. Immerhin wollte er sich noch aussuchen können, mit wem er seine Gedanken teilte. "Doch nun läuft unter uns eine Katze herum, die noch stärker ist, die 001 nicht nur besiegen, sondern sogar töten konnte, und dabei nicht einmal Aufsehen erregt hat." Lotus' eindringlicher Blick wanderte von 278 zu 613 und wieder zurück. Wir fragen uns jetzt: Wer im Labor wagt es, sich gegen den Anführer aufzulehnen und diesen zu töten? Doch tatsächlich sollten wir uns fragen: Wer im Labor ist überhaupt stark genug, sich gegen den Anführer aufzulehnen und diesen zu töten? Ein herausforderndes Funkeln blitzte über Lotus' Augen. "Diesmal suchen wir nicht nach einem unbedeutenden Kätzchen, das die Regeln nicht kennt und dem wir mit ein-zwei Krallenhieben lehren können, wie man sich zu benehmen hat. So lieb es uns wäre. Diesmal müssen wir unter den Starken suchen, unter denen, von denen wir glauben, sie stehen auf unserer Seite. Es könnte eine unangenehme Suche werden. Auf der einen Seite wissen wir nicht, wem wir trauen können, und auf der anderen ist Einigkeit und Koordination der einzige Weg, das System zu erhalten. Jene Katze hat nicht nur 001 getötet; sie schwächt das gesamte System, sät Misstrauen und Zwietracht, zerstört Freundschaften und fördert Hass und Isolation. Doch wenn wir dem Mörder alleine gegenübertreten, werden wir ihn besiegen können? Werden wir im Duell den besiegen, der unseren Anführer im Duell besiegt hat? Werden wir uns schützen können, vor dem Chaos, das uns erwarten könnte? Unsere Jungen? Lotus hielt einen Moment inne und ließ erneut den Blick über die anderen wandern. Vor wenigen Tagen hätte Lotus wohl kaum einen solches Engagement für die allgemeine Sache gezeigt. Seit seinem Fall hatte er versucht, 001 in keiner Weise gegen den Strich zu laufen. Für ihn war der Zweck seines Lebens ein wenig verloren gegangen. Doch nun hatte ihn das Chaos erfasst. Jetzt, wo der erste Schock, die erste Trauer abgeklungen war. Er lebte wieder im Hier und Jetzt, in der Herausforderung, die die Zukunft für das Labor bereithielt. Die Katzen des Labors hatten sich isoliert, die meisten, gerade die führenden, waren nicht bereit gewesen, zu anderen Katzen Vertrauen aufzubauen. Jede Bindung, jede Loyalität, die nicht dem System galt, stellte eine Schwäche dar. Auch Lotus hatte sich isoliert. Doch nun würde eine Zeit kommen, in der es eine Schwäche war, alleine zu bleiben. 001 hatte dies schon lange vorher erkannt, doch in dem Moment, wo er sich für einen Augenblick isoliert hatte von seiner Familie, war er geschlagen worden, war die Schwäche gnadenlos ausgenutzt worden. Lotus fragte sich, welche der stolzen Katzen unter den Wächtern und Vertrauten wohl klug genug sein würden, diese Erkenntnis zu teilen. Welche über ihren Stolz hinausblicken können würden und den Wert von Freundschaft und Vertrauen erkennen würden. Würde 278 unter ihnen sein? "Es ist diese Ungewissheit, diese Spannung, die meine Pfoten jucken lässt." Der Enthusiasmus, der in Lotus' Stimme mitschwang, war nach wie vor unverkennbar. "Jetzt ist die Zeit, wo wir etwas bewirken können. Wo wir zeigen können, wer wir wirklich sind und was uns das Labor wirklich bedeutet. Was uns die Gemeinschaft bedeutet, die Freundschaft und die Treue. Was uns 001 bedeutet. Denn wir können sein Vermächtnis nur ehren, wenn wir auf die beste Weise erhalten, was er geschaffen hat."
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IcesparkHeilerInformationenAnzahl der Beiträge : 637 Pfotenspuren : 858 Anmeldedatum : 30.04.20 Alter : 17
Schnee wusste nicht, was sie auf Calliopes Antwort erwidern sollte. Alles, was ihren Kopf füllt, war die Frage, warum man sich wünschte, an 001's Seite zu kämpfen. Was einen dazu brachte, hinter diesem System stehen zu wollen. War es einzig und allein Macht, nach der alle gierten? Konnte man nur glücklich sein, wenn es jemanden gab, auf den man herabblicken konnte? Oder gab es etwas anderes, was einem versprochen wurde? Etwas, was so unglaublich war, das es diese zerstörerische Gewalt im Labor komplett in den Schatten stellte? Für die junge Kätzin war das einfach nicht verständlich. Zur Antwort nickte sie schließlich einfach nur respektvoll. Sie durfte nichts Falsches sagen.
Vielleicht würde sie es schaffen, sich mit Calliope anzufreunden, sich zumindest mit ihr gut zu stellen. Das würde ich sicher helfen. Mit einer Wächterin auf ihrer Seite könnte sie vielleicht etwas bewegen. Auch wenn sie es vermutlich irgendwie anders verpacken musste. Denn ihr schien es nicht, als würden die 001 loyalen Katzen so gerne eine Veränderung haben. Bestätigt wurde das auch von Calliopes nächstem Satz. Sie stimmte ihr zu. Als sie dann ihrem Blick folgte, wusste sie auch, wer scheinbar die nächste Anführerin werden sollte. Naheliegend. Aber nicht wirklich gut. Es würde sicher nichts ändern. Leicht erschrocken weiteten sich ihre Augen, als ihr Gegenüber meinte, dass sie ihr bei dem Rest nicht zustimme. Schnee hatte sich ein wenig in Sicherheit gewogen, als die Kätzin ihr zuerst zugestimmt hatte. Aber sie hatte vergessen das es so etwas wie Sicherheit im Labor nicht gab. Sie hätte einfach den Mund halten sollen. Einfach sagen sollen, wie toll 001 war und dass sie schon sehr betroffen sei. Jetzt war ihr Plan kurz nachdem er entstanden war direkt schon gescheitert. Sie hatte sogar das starke Gefühl, dass sie nicht nur nicht zu Freunden werden würden, sondern dass sie jetzt auch noch auf der Beobachtungsliste stand. Calliopes Zeichen waren klar. Was sie gesagt hatte, hatte ihr scheinbar nicht gefallen. "Nein ich meinte niemals, dass man 001 vergessen solle! Er kann gar nicht vergessen werden, so stark und bewundernswert wie er in unseren Köpfen festgesetzt ist! Zumindest ich werde weiterhin zu ihm aufsehen.", versuchte Schnee die Lage wieder ein bisschen zu bessern. Sie hätte kotzen können. Zu 001 aufsehen war wie zu Folter und Mord aufsehen. "Seit ich mit meinem Bruder ins Labor gekommen bin, habe ich versucht, zur Wächterin zu werden. Ich wollte unbedingt so stark sein wie 001. Ich hab es nur bisher nie geschafft..." Wieder scheinbar betrübt senkte sie ihren Blick. Aber was laberte sie bloß für ein Zeug!? Die Wächterin würde sie nur noch mehr für eine verdächtige Katze halten! Die ganze Zeit hatte sie es im Labor geschafft, unauffällig zu sein. Jeden davon zu überzeugen, dass sie einfach eine neutrale unproblematische Katze war. Trotz der tausenden Fehler, die ihr unterlaufen waren. Und kaum wollte sie einmal ein Junges vor einer Wächterin beschützen, stellte sie sich dar wie einen kompletten Verräter! "Ich bin mir sicher, dass die Ordnung nicht zerfallen wird. Wir haben starke Katzen. Und auch ich werde alles dafür tun, dass niemand auf die dumme Idee kommt, diesen kleinen Niederschlag auszunutzen."
Plötzlich platzte auch noch eine weitere Katze ins Gespräch. Eine Katze, die ihr sofort unsympathisch war. Aber auch Calliope schon den Kater nicht sonderlich wertzuschätzen. Doch was verband besser als alles andere? Genau, ein gemeinsamer Feind. Sie musste sich nur auf die Seite der Wächterin stellen und auch gegen den Kater sein, dann würde Calliope hoffentlich vergessen, was sie dummes gesagt hatte. Doch tatsächlich machte das, was er sagte, unglaublich viel Sinn. Gebannt hörte sie ihm zu. Dieser Kater konnte eindeutig sehr gut reden. Sein Enthusiasmus riss sie komplett mit. "Du hast Recht.", setzte sie an. "Doch was war die Intention dieser Katze? War es aus purem Blutdurst oder war es um eine offene Rechnung zu begleichen? War es der Wunsch nach mehr Macht oder wollte diese Katze etwas bestimmtes bezwecken?" Nachdenklich blickte sie Lotus an. "Und woher wissen wir, wer stark ist? Was ist, wenn diese Katze jahrelang ihre Stärke verdeckt gehalten hat? Hier im Labor ist Stärke nicht abhängig von Muskelkraft. Die Fähigkeiten sind vielfältig und gefährlich. Selbst ein Junges mit einer gewaltigen Fähigkeit hätte 001 aus Versehen töten können." Schnell fügte sie noch hinzu: "Wobei ich das jedoch stark bezweifle." Abwartend schlug sie mit dem Schwanz. Was die beiden Katzen wohl dazu dachten?
Ort: In der Nähe von 001’s Zelle Angesprochen: Schnee/613 (@Icespark), Lotus/705 (@Maiorskills) Erwähnt: Schnee/613, 001, Lotus/705, Levox/871, Sellerie/111, Dorian/509, Rhianwen/013, Midir/769, Diabolo/066, Salem/110
613 und eine Wächterin? “Um diesen Traum zu erreichen, musst du stärker werden, Kleines“, Calliope lächelte mild, beinahe belustigt über die jüngere Kätzin, welcher sie nicht zutraue, je einen Rang zu erreichen. Um die Aufmerksamkeit der führenden Experimente zu verdienen, brauchte es schon mehr, als leere Worte. Nur Taten zeigten, auf wessen Seite man stand. Ob 613 das zu bieten hatte? Die Siamkätzin bezweifelte es jedenfalls. “Wir alle haben lange zu 001 aufgesehen … wohin wird sich dein Blick von nun an richten?“ Die Frage war nichts als ein weiterer Test, um die Gesinnung der weißen Kätzin besser zu verstehen. “Und auch ich werde alles dafür tun, dass niemand auf die dumme Idee kommt, diesen kleinen Niederschlag auszunutzen.“ Jetzt wurde die Unterhaltung doch tatsächlich spannend! Ein Schmunzeln huschte über Calliopes Lippen, während sie der Jüngeren leicht zunickte. An diese Aussage würde sich die Wächterin erinnern. Und 613 tat besser daran, dasselbe zu tun.
“Spürt ihr diese Spannung?“ Calliope spürte die Spannung, die Anspannung tatsächlich. Sie hing in der Luft, erzeugte eine schwere Stimmung, die ein Gewitter ankündigte. Sie steckte in all ihren Muskeln, all ihren Knochen und nahm ihr jegliche Ruhe. Und sie tanzte über die Gesichter so vieler Experimente. Ob sie einen Kampf mit ihrem Anführer gewagt hätte? “705“, sie strafte ihn mit einem kalten Blick aus zusammengekniffenen Augen, “Ich hätte niemals einen Kampf mit 001 ausgetragen, weil ich hinter ihm stand. Stehe. Niemals wäre ich ein Stein im Weg des Anführers gewesen. Hätte daran gedacht, ihn herauszufordern.“ Ihre Stimme versteckte ihre Verärgerung nur oberflächlich. Was wollte der Kater erreichen, indem er sie derart infrage stellte, ja - in Calliopes Augen - sogar beleidigte? Genervt zuckte sie mit einem Ohr, als könnte sie den Getigerten so verscheuchen. Schön wär’s … Sie atmete tief ein, um ihm ruhig lauschen zu können, als der Kater das nächste Mal den Mund aufmachte. Und um ihn nicht anzufauchen, er sollte seinen Mund halten, anstatt ihr das Ohr mit seinen Ansichten abzukauen. “Und du denkst, ich wüsste nicht, dass ich nach einer starken Katze suche?“, sie schnaubte abfällig, “Es gibt Experimente, die sicherlich niemals in Frage kämen, eine solch grauenvolle Tat ausgeführt zu haben.“ Ihr Augen zuckten unweigerlich zu 613, was ihr ein flüchtiges, kaltes Grinsen entlockte. Diese kleine Geste der Verachtung war ihr ohne nachzudenken entkommen; ihre Mundwinkel zuckten nach unten. Calliope musste kontrolliert handeln, durfte sich nicht von Emotionen überwältigen lassen. “Wir wissen nicht einmal, nach wie vielen Katzen wir suchen“, Calliopes Stimme war nachdenklich, denn sie hatte keinerlei Informationen. Wussten nicht, ob es sich um eine spontane Tat oder mondelange Verschwörung handelte. “Aber eines ist sicher, bei diesem Versteckspiel gibt es mehr Jäger, als Beutetiere.“ Calliopes Miene verhärtete sich zunehmend, während sie 705 einen weiteren prüfenden Blick zuwarf. “Ich nehme an, du hegst keine Absicht, die Wächter, Vertrauten, mich anzuzweifeln. Natürlich sind wir in der Lage, die Jüngsten zu beschützen und den Sturm am Horizont zu bändigen“, sie bedachte 871 mit einem sanfteren Aufflammen ihrer Augen. Der kleine Kater hatte es verdient, in der Sicherheit des Systems aufzuwachsen.
Calliope wägte die Worte der weißen Kätzin ab, ihr Schweif zuckte kurz. War es nicht letztendlich bedeutungslos, welche Gründe zu 001’s Tod geführt hatten? Das einzige, was jetzt noch zählte war, den Mörder zu fassen und zur Strecke zu bringen. Wenn er winselnd eine Verteidigung vorbrachte, würde ihm ohnehin niemand zuhören. "Und woher wissen wir, wer stark ist?“ Ah, 613 wusste also doch, die richtigen Fragen zu stellen. Dieses Mal musste Calliope der Kätzin zugestehen, dass ihre Überlegungen nicht völlig hinfällig waren. Es gab bestimmt Experimente, welche ihre Stärke zu verbergen wussten, selbst vor Calliopes immer wachsamen Augen. Doch es hatte keinen Sinn, nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen, jedes einzelne Experiment abzuklappern und zu befragen. Es würde lange, unendlich lange dauern und wäre möglicherweise nicht einmal zielführend. Die Wächterin musste Struktur in die Jagd hineinbringen. Taktisch vorgehen und dabei ihre eigenen Stärken ausnutzen. Und die Stärken anderer.
Bevor sie überhaupt damit begann, wahllos Experimente zu verhören, sollte sie eine engere Auswahl an Verdächtigen treffen. Warum nicht bereits jetzt damit beginnen? Sie blickte nachdenklich in orange Seelenspiegel. 705 schien unmöglich in der Lage zu sein, jemandem wie 001 das Wasser zu reichen. Nein, Calliope suchte nach einem starken Krieger oder einem hinterlistigen Assassinen. Und es gab definitiv viele Kandidaten, denen sie diese Eigenschaften nicht zuschrieb. Katzen wie 111, die nur dann eine Gefahr darstellte, wenn man dumm genug war, sich von schierer Größe überrollen zu lassen. Katzen wie 871, die zu jung und neu im Labor waren, um eine Bedrohung zu sein. Katzen wie 613, die zu viel Angst davor hatten, jemandem von Rang und Nummer auch nur schief von der Seite anzuschauen. Katzen wie 509, die Calliope in all den Monden nicht ein einziges Mal hatte kämpfen sehen. Nein, sie musste bei den Experimenten ansetzen, die durch ihr Können glänzten. Hervorstachen. Ob der Verrat aus den eigenen Reihen gekommen war? Nachdenklich legte sie ihren Kopf schief. Mit 013 teilte Calliope grundlegende Ansichten, hatte keinen Grund deren Treue zu hinterfragen. 769 hingegen war der Kätzin eher ein Rätsel, denn er wäre sicherlich stark genug, es selbst mit 001 aufzunehmen, schien aber gleichzeitig daran gelegen, dessen Regeln mit all seiner Kraft und Härte durchzusetzen. 200 zu verdächtigen schien der Siamkätzin zu abwegig. Ein Mord am Geliebten, um dessen Platz einzunehmen? Sie zuckte mit ihrem Ohr, tat dieses Szenario als hinfällig ab. Die Trauer des Todesengels erschien ihr zu echt. Außerdem glaubte - hoffte – Calliope nicht, dass ein Vertrauter ihrem Anführer in den Rücken gefallen war, denn dann müsste sie an 001’s eigenen Entscheidungen zweifeln. Und sie wollte den dunklen Kater selbst nach seinem Tod nicht hinterfragen. Ein weiterer Grund, der dafür sprach, die Vertrauten fürs Erste nicht in den Kreis der Verdächtigen wandern zu lassen, war, dass es Zwietracht in der Führung des Labors signalisieren würde. Sie mussten geschlossen nach dem Mörder suchen und sich nicht gegenseitig zerfleischen. Das wäre der allergrößte Fehler in dieser Situation. Wer wäre ansonsten fähig gewesen, sich mit dem Anführer zu messen? Als sie ihre Augen umherwandern ließ, blieb ihr Blick schließlich an Diabolo heften, der mit einer alten Kätzin sprach. Diabolo, einem der stärksten Kämpfer, der ihr bekannt war. Nein. Diabolo, der letzte, von dem Calliope wusste, dass er 001 lebend gesehen hatte. Nein. Als wäre selbst der Gedanke alleine ein Verrat an ihrem Mentor, kochte heiße Scham in der Siamkätzin hoch. Betont gelassenen musterte sie weitere Experiment eindringlich. Doch die Unruhe in ihrer Brust blieb hartnäckig bestehen.
Bei 705’s letzten Worten horchte die Siamkätzin wieder interessierter auf. War der Kater mit beachtlichem Schauspieltalent gesegnet oder hatte die Lektion, die ihm 769 erteilt hatte, tatsächlich Früchte getragen? Die himmelblauen Augen der Wächterin funkelten, als eine Idee in ihrem Inneren aufkeimte. “Sag mir, 705, deute ich deinen Tatendrang richtig? Möchtest du dich beweisen und die Fehler deiner Vergangenheit begraben?“, das Labor würde nicht vergessen, zumindest nicht, solange Calliope durch die Flure wanderte, aber es gab Handlungen, die Regelbrüche aufwiegen konnten. Ein schmales Lächeln breitete sich auf den Lippen der Kätzin aus. “Wenn nur wir Wächter und Vertrauten nach dem Schuldigen fahnden, wird sich die Suche wohl in die Länge ziehen“, ein Plan formte sich, der selbst Calliope vielversprechend erschien, “Also mache ich dir ein Angebot.“ Kurz zuckten die Augen der Siamkätzin zu 613 hinüber. “Ein Angebot, das ebenso für dich gilt, Kleines.“ Sie senkte ihre Stimme ein wenig, vermied dadurch, dass unerwünschte Ohren ihren Worten lauschten. “Mein Gesicht ist nun das des Systems, wenn ich durch die Gänge wandere, werde ich nur noch das zu hören bekommen, was allgemein erwünscht ist“, ihre Stimme nahm einen schneidenden Zug an, als sie ihre Augen über die beiden angesprochenen Katzen wandern ließ. Ein stiller Vorwurf. “Ihr jedoch könnt euch ungestört umhören und Informationen sammeln.“ Für einige Wimpernschläge schwieg Calliope, bevor sie fortfuhr. “613, 705, wenn ihr Gerüchten, wertvolle Informationen aufschnappt, tragt sie an mich heran“, ihr Lächeln wurde wärmer, “Ich bin eine Katze, die Verbündete zu schätzen weiß. Ich biete euch einen Gefallen im Gegenzug an - Schutz, wenn ihr euch danach sehnt. Solange ihr euch im Rahmen der Regeln bewegt, versteht sich.“ Wenn sie auf der Jagd nach dem Mörder eines brauchte, dann beobachtende Augen an Orten, wo der Täter es nicht vermuten würde. Und sie musste schnellstmöglich Hinweise sammeln. Sie ließ den beiden jüngeren Experimenten Zeit, die Worte auf sich wirken zu lassen, bevor sie das Kinn leicht anhob. “Nun fragt ihr euch vielleicht, warum ihr mit Informationen nicht zu 013, 200 oder 769 gehen solltet?“, sie zog die Augenbrauen hoch, “Das ist selbstverständlich euch überlassen, aber ich bin eine Kätzin, die sich an ihre Versprechen hält. Es zeugt von Intelligenz, die richtigen Verbündeten auszuwählen.“ Und in diesem Fall war Calliope genau die richtige.